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  • Lovis Kauertz

Schwarze Schafe oder schwarze Herde? Jagdvergehen in Deutschland

Schon Ende Januar beginnt die Zeit, in der Füchse erste Jungtiere zur Welt bringen. Die so genannte Brut- und Setzzeit erreicht in den Frühlingsmonaten ihren Höhepunkt. Rehe setzen ihre Kitze meist ab Ende Mai und Feldhasen zwischen März und Oktober. Wildschweine, deren Sozialgefüge durch die Jagd meist zerstört sind, bringen ganzjährig Frischlinge zur Welt.

Die Drahtgitterfalle ist ein für adulte Tiere nicht erlaubter Fallentyp - das Tier kann sich beim Ausbruchversuch verletzen. Viele Fallen werden auch während der Aufzuchtzeit von Jungtieren illegal aufgestellt oder gar zum Fang von Greifvögeln eingesetzt.

Eigentlich ist es eine Straftat, die für die Aufzucht von Jungtieren erforderlichen Elterntiere zu töten … aber genau das passiert tausendfach in Deutschland – und wird bisher so gut wie nicht geahndet. Im Januar und Februar finden in vielen der etwa 60.000 Jagdreviere so genannte Fuchswochen statt. Dabei werden revierübergreifend intensive Ansitzjagden organisiert, mit dem Ziel möglichst viele Füchse zu erlegen. Das fällt zu dieser Zeit besonders leicht, weil die Tiere aufgrund der jetzt noch stattfindenden Paarungszeit unvorsichtig sind und außerdem der Vollmond den meist schneebedeckten Boden erhellt. Bei diesen Events werden massenweise Fuchsrüden, mit Sicherheit auch Fuchsfähen, die bereits Welpen versorgen, erschossen. Es ist allgemein bekannt, dass auch die männlichen Füchse für die Aufzucht der Jungen erforderlich sind. Sie sind meist der Haupternährer der Familie.

Bisher ist es schwierig bis unmöglich, zu diesem Sachverhalt gerichtsfeste Beweise zu liefern. Es reicht nicht aus, Staatsanwälte und Gerichte davon zu überzeugen, dass schon aufgrund der schieren Menge der erschossenen Tiere auch Elterntiere erwischt werden. Für das einzelne Tier muss nachgewiesen werden, dass es sich um ein Elterntier handelt. Bisher gelingt das nur in Einzelfällen.

Wird die Fuchsfähe erschossen, verhungert der ganze Wurf. Aber auch in Fällen, in denen der Fuchsrüde getötet wird, verschlechtern sich die Überlebenschancen rapide - er ist der Hauptversorger der jungen Familie. Bild: Timo Litters

Wildtierschutz Deutschland und weitere Tier- und Naturschutzorganisationen berichten im Frühjahr immer wieder von zahlreichen Jagdvergehen, auch im Rahmen der Fallenjagd. „Wir vermuten, dass es in Deutschland jedes Jahr zu wenigstens 80.000 Jagdvergehen kommt. Dazu müssen nur zwei Prozent der über 380.000 Jäger jeweils zehn Tiere während der Eltern- oder der Schonzeiten töten oder anderweitig nicht weidgerecht erlegen,“ erläutert Lovis Kauertz von Wildtierschutz Deutschland e.V. „Das ist eine vorsichtige, nicht übertriebene Schätzung. Untersuchungen belegen, dass allein bei Drückjagden tausende von Rehen, Hirschen und Wildschweinen nicht „weidgerecht“, also ordnungswidrig oder strafbar getötet werden. Gerichtsfeste Beweise sind auch hier im Einzelfall kaum zu erbringen.“

Jagdvergehen im Rahmen des allgemeinen Jagdbetriebs werden offenbar auch vom Gesetzgeber geduldet – ansonsten würde dieser entsprechende Schonzeiten ausweisen. So beginnt die Jagdzeit für den im Bestand gefährdeten Feldhasen bereits im Oktober, wenn viele Häsinnen noch ihren Nachwuchs versorgen. Wildschweine haben seit der Panikmache um die Afrikanische Schweinepest überhaupt keine Schonzeiten mehr, in den meisten Bundesländern haben auch Fuchs und Waschbär keine Möglichkeit ihren Nachwuchs unbeschadet von der Nachstellung durch Jäger aufzuziehen.

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