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  • Dr. Cornelia Konrad

Deutsches Tierärzteblatt: Keine Plattform für Jägerlatein!

Leserbrief der Tierärztin Dr. Cornelia Konrad zu einer Kurzmeldung "Jagdverband fordert Bekenntnis der Politik zur Fallenjagd" im Deutschen Tierärzteblatt 2/2019.

„Der Deutsche Jagdverband (DJV) fordert ein klares Bekenntnis von Politik und Naturschutzlobby zur Fallenjagd, um die Vorgaben der EU für invasive Arten zu erfüllen. … Ohne die Fallenjagd sei die von EU-Seite geforderte effektive Reduzierung der Waschbärenbestände nicht möglich.“

Unabhängig von der Absurdität dieser Forderung – warum bietet das Presseorgan der Deutschen Tierärzteschaft dem DJV überhaupt eine Plattform für dessen Agitation? Weil die ganzjährige Fallenjagd (die in vielen Bundesländern noch immer mit Totschlagfallen erlaubt ist) tierschutzgerecht ist? Weil den Diffamierungskampagnen des DJV Glauben geschenkt wird, dass Waschbär, Nutria und Co. „effektiv reduziert“ werden müssen?

Die EU-VO 1143/14, auf die sich der DJV bezieht, verlangt in Art. 19 (Managementmaßnahmen) keine „effektive Reduzierung“ sondern Kontrolle der inkriminierten Arten. Dieses Management obliegt aber ausschließlich den Naturschutzbehörden der einzelnen Bundesländer und nicht der Jagdbehörde - geschweige denn dem Club der Freizeitjäger!

Jäger lügen - Jägerlatein - Wildtierschutz

Dabei ist die EU-VO 1143/14 ein Paradebeispiel europäischer Lobbypolitik: Klimawandel? Verlust von Lebensräumen? Pestizideinsatz? Überdüngung? Nicht Waschbär, Nutria, Nilgans, Streifenhörnchen oder andere gelistete Arten sind die Verursacher des Artensterbens – sie sind im wahrsten Sinne des Wortes die Bauernopfer einer fehlgeleiteten Agrar- und Umweltpolitik und sollen dank der Lobbyarbeit von Monsanto/Bayer und der Agrarindustrie von den eigentlichen Problemen und eigentlichen Verursachern ablenken.

Zu den eifrigsten Befürwortern der EU-VO 1143/14 zählt auch die Jäger-Lobby, die die Chance nutzt, um eine ganzjährige Bejagung der Beutegreifer (auch in befriedeten Bezirken und in Schutzgebieten) durchzusetzen und um die Fallenjagd wieder salonfähig zu machen.

Im Gegensatz zu der qualitativ und quantitativ eher anspruchslosen Ausbildung von Privatpersonen für die Jägerprüfung in Jagdschulen und Jagdvereinen (100 Stunden à 45 Minuten inkl. Schießübungen, Ausbildung und Prüfung durch Jäger, Mindestanforderung: Keine, außer Mindestalter von 15 Jahren) – in gewohnter Selbstüberschätzung als „grünes Abitur“ bezeichnet – kommen Tierärzte in den Genuss einer umfassenden naturwissenschaftlichen Ausbildung.

Wir sollten daher eher in der Lage sein, die Komplexität der Materie zu verstehen und nicht einfach nachplappern (und veröffentlichen) was der DJV gebetsmühlenartig – aber trotzdem falsch – verbreitet. Ansonsten gilt immer noch die Maxime: Lesen bildet und Recherche hilft! Die EU-VO 1143/14, die Umsetzung in nationales (Naturschutz-) Recht und die Managementmaßnahmen sind für jede(n) zugänglich.

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