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Biber (Eurasischer Biber) Castor fiber     

Bilder: Leopold Kanzler, fotopirsch.at | Verena Popp-Hackner, wienerwildnis.at | Dr. Martin Steverding  ||  Text: Dr.  Martin Steverding

3 Baumfäller Biber Olaf Liesche.JPG

Der Biber ist mit bis zu 30 kg Gewicht das größte europäische Nagetier

 

Er ist von gedrungener massiger Gestalt mit kurzen Beinen. Sein breiter und platter, unbehaarter Schwanz wird auch als Kelle bezeichnet. Biber sind hervorragend an das Leben am und im Wasser angepasst, sie können sehr gut schwimmen und tauchen. An Land sind sie eher unbeholfen, weshalb sie sich nur selten weiter als 20 bis 30 m vom Wasser entfernen.

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Der Lebensraum des Bibers sind Binnengewässer ...

von kleinen Bächen bis hin zu größeren Flüssen und Seen. Wichtig für sein Vorkommen sind Gehölze, insbesondere Weichhölzer wie Weiden oder Pappeln in direkter Ufernähe als Winternahrung. Biber sind in der Lage, ihre Lebensräume zu gestalten: Ist ein Gewässer zu klein oder nicht tief genug, um den Weg zwischen Wohnbau und Nahrungsplätzen schwimmend zurückzulegen oder einen unter Wasser liegenden Baueingang zu graben, können Biber Staudämme anlegen.

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Biber bauen ihre Baue oder Burgen immer direkt am Wasser, der Eingang liegt stets unter dem Wasserspiegel. Bei ausreichend hohen Uferböschungen graben sie meistens einen reinen Erdbau. An sehr flachen Ufern errichten sie eine oberirdische Burg aus Knüppeln und Ästen – aber auch hier mit einem unter Wasser liegenden Eingang. Am häufigsten ist eine Mischform, ein sogenannter Mittelbau aus einem Erdbau und einer oberirdischen Erweiterung aus Knüppeln und Ästen.

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Die Nahrung des Bibers ist rein pflanzlich ...

im Winter bildet junge Rinde verschiedener Gehölze die Hauptnahrung. Um an diese zu gelangen, werden Sträucher und Bäume mit den harten und scharfen Nagezähnen gefällt. Darüber hinaus kann der Biber auch für den Bau von Dämmen und Burgen Bäume fällen. Ansonsten ernähren Biber sich von verschiedenen Kräutern und sie fressen gern Obst und unterschiedliche Feldfrüchte, bevorzugt Zuckerrüben oder Mais.

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Biber leben in Familiengruppen ...

die Jungtiere wandern meist nach zwei Jahren ab. Die Paarungszeit beginnt im Januar, die meistens ein bis vier Jungen werden überwiegend im April und Mai geboren. Im Alter von etwa vier bis sechs Wochen unternehmen die Jungen bereits erste Ausflüge in Begleitung der Eltern oder der Geschwister aus dem Vorjahr.

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Biber sind streng geschützt

Durch Jagd aufgrund des Pelzes, des Fleisches und des Bibergeils, einem Drüsensekret, dem verschiedene Heilwirkungen nachgesagt wurden, gelangte der Biber europaweit an den Rand der Ausrottung. Heute erholen sich seine Bestände durch Schutzmaßnahmen und gezielte Wiederansiedlungen deutlich und es leben in Deutschland wieder rund 40.000 Biber, davon allein etwa die Hälfte in Bayern. Biber sind durch die Berner Konvention und die Richtlinie 92/43/EWG (Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie der EU) streng geschützt. Ausnahmen sind nur nach strengen Prüfkriterien möglich, z. B. bei einem überwiegenden öffentlichen Interesse wie der Gefährdung der öffentlichen Sicherheit.

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Biber sind Lebensraumgestalter

Durch das Fällen von Bäumen und insbesondere durch den Bau von Staudämmen können Biber ihre Lebensräume gestalten. Kleine Bäche oder Gräben können zu Seen oder Teichen aufgestaut werden. Biber schaffen dadurch sehr wertvolle Lebensräume für Amphibien, Libellen, Wasservögel und sehr viele weitere Arten und sorgen für verfügbares Wasser in Trockenperioden. Dämme bauen Biber aber nur dort, wo ihre Wohngewässer zu klein oder nicht tief genug sind, wobei Biber eine Mindest-Wassertiefe von etwa 70 bis 80 cm benötigen.

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Nutzungskonflikte mit den Menschen

Durch Baumfällungen und Dammbau kommt es zu Nutzungskonflikten mit den Menschen. Der Umgang damit ist in den Bundesländern sehr unterschiedlich. Bayern geht den rigorosen, ethisch und artenschutzrechtlich höchst fragwürdigen Weg: Jährlich werden dort mehr als 2.000 Biber getötet. In Nordrhein-Westfalen dagegen ist ein solcher Umgang nicht vorgesehen. Die Biber-Praxisfibel aus Niederösterreich  [1] zeigt viele Möglichkeiten und Wege auf, mit dem Biber zu leben und auf Tötungen zu verzichten.

Woran erkennt man den Biber - was sind seine wesentlichen Merkmale?

Im Gras stehender Biber
  • Der Biber ist das größte europäische Nagetier und wird bis zu 30 kg schwer

  • Gut erkennt man den Biber an seinem platten, breiten Schwanz („Kelle“)

  • Biber leben am und im Wasser, sind sehr gute Schwimmer, an Land aber eher unbeholfen

  • Biber leben in Erdbauen oder Burgen, deren Eingänge unter Wasser liegen

  • Biber ernähren sich rein pflanzlich, im Herbst und Winter fressen sie überwiegend junge Baumrinde

  • Der Biber fällt Bäume zur Ernährung (Rinde) sowie zum Bau von Burgen und Dämmen

  • Biber sind Habitatbildner: Sie gestalten durch das Fällen von Bäumen und durch die Anlage von Dämmen Lebensräume

  • Nach dem Biber fast ausgerottet wurden, breiten sie sich z. T. unterstützt durch Aussetzungen, wieder aus

  • Konflikte zwischen Bibervorkommen und Landnutzung entstehen durch Staudämme, Baumfällungen und das Anlegen von Bauen in Uferböschungen

  • Menschen müssen das Zusammenleben mit dem Biber neu erlernen

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Der Biber ist das größte Nagetier Europas, mit bis zu 30 kg Körpergewicht ist er wesentlich schwerer als ein Reh. Er hat eine massige gedrungene Gestalt mit dickem Kopf und sehr kurzen Beinen. Sein charakteristischer Schwanz ist breit und platt, er wird deshalb auch als „Kelle“ bezeichnet.

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Biber sind an das Leben am und im Wasser bestens angepasst. Sie sind ausgezeichnete Schwimmer und im Wasser in ihrem Element. An Land bewegen sich die schweren Tiere eher behäbig, sie vermeiden dort längere Wege  und entfernen sich nie zu weit vom Wasser. Die großen Hinterfüße besitzen Schwimmhäute, mit den viel kleineren Vorderfüßen können Biber geschickt greifen. Der Schwanz dient als Schwimmhilfe und Fettdepot. Das extrem dichte Fell schützt vor der Kälte des Wassers.

Die roten Nagezähne sind äußerst hart und scharf und wachsen lebenslang. Biber sind imstande, damit Bäume zu fällen. Die Farbe der Nagezähne rührt von Eisenverbindungen, die in ihre Vorderseite eingelagert sind und zu größerer Härte führen. Da diese Verbindungen an der Hinterseite der Zähne nicht vorhanden sind, nutzt diese sich schneller ab und die Zähne werden somit natürlicherweise ständig geschärft.

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Bei säugenden Weibchen sind deutlich an der Unterseite die Zitzen erkennbar, ansonsten lassen sich die Geschlechter äußerlich nicht unterscheiden.

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Biber kann man mit der aus Südamerika stammenden, inzwischen in Deutschland weit verbreiteten und meist viel häufigeren Nutria (Biberratte) Myocastor coypus verwechseln. Nutrias sind zwar wesentlich kleiner als erwachsene Biber, aber mit jungen bzw. halbwüchsigen Bibern gibt es Überschneidungen bei der Größe. Zudem ist insbesondere bei schwimmenden Tieren die Größe schwer einzuschätzen. Biber und Nutria lassen sich wie folgt unterscheiden:

Unterschied Biber Nutria.JPG
Biber im Abendlicht

Der Lebensraum des Bibers ist das Wasser

Biber leben an bzw. in Binnengewässern aller Art, sowohl an Fließgewässern vom kleinen Bach bis zum großen Fluss als auch an Teichen und Seen. Zu kleine Bäche und Gräben vergrößert er aktiv durch den Bau von Dämmen. Wichtig für sein Vorkommen ist vor allem genügend Winternahrung in Form von ufernahen Weiden, Pappeln und anderen Gehölzen mit nahrhafter Rinde. Um an die junge Rinde und junge Triebspitzen zu gelangen, werden die Bäume durch den Biber gefällt. Da Biber sich nur ungern weit abseits der Gewässer aufhalten, sollte die Nahrung in höchstens 20 bis 30 m Entfernung zum Ufer verfügbar sein.

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Biber tolerieren die Nähe von Menschen, wenn das Umfeld des Baus bzw. der Burg störungsarm ist. Bei geeigneter Uferstruktur und genügend Nahrung in Form von Weichhölzern können Biber auch an Gewässern innerhalb von Siedlungen und Städten leben. Bekannt sind unter anderem die Biber in der lettischen Hauptstadt Riga.

Die Wohnstätte des Bibers ist eine Burg

Biber bauen eine Burg, einen Erdbau oder einen sogenannten Mittelbau. Ist das Ufer des Gewässers ausreichend steil und hoch, gräbt der Biber einen reinen Erdbau. Da der Eingang unter Wasser liegt, ist dieser von außen meistens kaum erkennbar.

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Ist das Ufer sehr flach, baut der Biber eine oberirdisch liegende Knüppelburg, die eine stattliche Höhe von deutlich über zwei Metern erreichen kann. Auch bei der oberirdischen Burg gräbt der Biber einen unter dem Wasserspiegel liegenden Eingang.

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Die häufigste Form der Biberbehausung ist der sogenannte Mittelbau, eine Mischform aus Erdbau und Burg. Im unteren Teil hat der Mittelbau den Charakter eines Erdbaus, der sich oberhalb der Erdoberfläche als Knüppelburg fortsetzt. Eingebauter Schlamm dichtet den Mittelbau bzw. die Burg ab, so dass die Biberbehausung über eine gute Wärmeisolation verfügt.

Fällt der Baueingang trocken oder ist das Wohngewässer zu klein bzw. der Wasserstand nicht ausreichend tief, können Biber ihre berühmten Dämme bauen und so das Wasser aufstauen. Die Dämme bestehen aus Stammteilen, Ästen, Zweigen, krautigen Pflanzen und Erde bzw. Schlamm. Dämme werden gebaut, wenn die Wassertiefe etwa 70 bis 80 cm unterschreitet oder wenn die Biber ihre Wege zwischen dem Bau bzw. der Burg und den Nahrungsplätzen nicht mehr schwimmend zurücklegen können.

Biberburg bei Xanten

Die Dämme können beachtliche Größen und Höhen erreichen und lassen neue Lebensräume entstehen. Insbesondere in gebirgigen Landschaften sind die Stauteiche des Bibers oft die einzigen natürlichen Stillgewässer und wertvolle Lebensräume für viele andere Arten.

Wohndämme dienen der Sicherung des Baus bzw. der Burg und gewährleisten, dass der Eingang stets unter der Wasseroberfläche liegt. „Erntedämme“ werden dagegen angelegt, um schwimmend zu wichtigen Nahrungsquellen gelangen zu können, z. B. in Feldgräben, um Äcker mit nahrhaften Feldfrüchten auf dem Wasserweg zu erreichen [1].

Biber sind Veganer

Biber sind reine Pflanzenfresser, ihre Hauptnahrung ist im Winter die frische junge Rinde von Gehölzen, insbesondere von Weichhölzern wie Weiden und Pappeln. Ein Biber benötigt etwa 700 bis 900 g Rinde täglich [1]. Biber können nicht klettern, an zu hoch hängende Äste und Zweige gelangen sie durch Fällung. Bevorzugt werden Bäume mit Stammdurchmessern von bis zu 10 cm, sie können aber auch deutlich größere Bäume fällen [1]. Fressplätze des Bibers sind oft an den Ansammlungen entrindeter Stöcke zu erkennen. Im Frühjahr und Sommer fressen Biber mehr Gräser und Kräuter, sie verschmähen auch Obst und Gemüse und verschiedene Feldfrüchte nicht. Besonders beliebt beim Biber sind Zuckerrüben und Mais, aber auch Raps, Sonnenblumen und Soja fressen Biber gern [1].

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Vor Beginn des Winters legen Biber am Gewässergrund in der Nähe ihrer Burg bzw. ihres Baus Vorräte von frischen Zweigen an, die so verkeilt werden, dass sie nicht abdriften („Nahrungsfloß“). Wenn das Wohngewässer zufriert, tauchen die Biber direkt zum Vorrat und ziehen die Zweige zum Entrinden in ihre Burg bzw. ihren Bau, deren Eingang sich unter Wasser bzw. unter dem Eis befindet. Die Biber sind dann kaum an der Oberfläche zu sehen, weshalb häufig geglaubt wird, dass sie Winterschlaf hielten.

Fortpflanzung und Jahreszyklus

Biber halten keinen Winterschlaf, sondern sind ganzjährig aktiv. Die Paarungszeit beginnt im Januar. Die meistens ein bis vier Jungen werden nach einer Tragzeit von 105 bis 109 Tagen überwiegend Ende April / Anfang Mai geboren. Sie sind bei der Geburt bereits weit entwickelt mit voller Behaarung und offenen Augen. Sie werden zwei bis zweieinhalb Monate lang gesäugt, beginnen aber bereits im Alter von acht Tagen, feste pflanzliche Nahrung aufzunehmen.

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Nach etwa vier bis sechs Wochen unternehmen die Jungbiber erste Ausflüge in Begleitung der Eltern oder der Geschwister aus den Vorjahren. Insbesondere im Sommer wenn die Nächte kurz sind, kann man Biber gelegentlich früh morgens oder am Abend bei Tageslicht beobachten, ansonsten sind sie weitgehend nachtaktiv.

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Im Sommer, wenn sie sich überwiegend von Kräutern ernähren, hinterlassen Biber relativ wenige Spuren. Zum Ende der Vegetationsperiode sind dann wieder regelmäßiger Fällungen und Nagespuren zu finden, insbesondere für die Anlage des Nahrungsvorrates („Nahrungsfloß“).

Biber halten sich ganzjährig in ihrem Revier auf. Bei Hochwasser können sie aber zum Rückzug an Orte gezwungen sein, die außerhalb ihres normalen Reviers liegen.

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Biber sind soziale Tiere, die meistens in Familiengruppen leben. Die Paare sind monogam und leiben lebenslang zusammen. Die Jungtiere verbleiben regelmäßig bis zur Geschlechtsreife, die sie mit zwei bis drei Jahren erlangen, im Familienverband.

Fuchs und Biber sind soziale Tiere

Wieviele Biber gibt es in Deutschland und wo leben sie?

Ursprünglich war der Biber in weiten Teilen Europas verbreitet. Zwischen der Polarregion und dem Mittelmeerraum lebten bis zu 100 Mio. Exemplare [3]. Durch direkte Verfolgung und Verschlechterung der Lebensräume wurde er aber verdrängt und kam nur noch in wenigen Rückzugsräumen vor, z. B. an der mittleren Elbe (Deutschland), der unteren Rhone (Frankreich), im südlichen Norwegen und an Beresina und Dnepr (Belarus).

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Durch Schutzmaßnahmen und durch gezielte Aussetzungen ist der Biber heute wieder deutlich weiter verbreitet und hat große Teile seines ursprünglichen Areals wiederbesiedelt. Die Ausbreitung ist noch in vollem Gange, vor allem die Besiedlung der Oberläufe und der kleineren Nebenflüsse ist in vielen Gebieten noch nicht erfolgt.

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Heute lebt in Deutschland ein Bestand von etwa 40.000 Bibern. Allein etwa die Hälfe davon lebt in Bayern, wo der Biber in weiten Teilen des Landes verbreitet ist. Ein weiterer Schwerpunkt sind die ostdeutschen Länder, dort insbesondere die Elberegion. Die größten bislang noch nicht wiederbesiedelten Gebiete befinden sich im Westen und Norden Deutschlands [2].

Schutz und Gefährdung des Bibers

Der Biber ist durch die Berner Konvention und durch die Auflistung in den Anhängen II und IV der Richtlinie 92/43/EWG (Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie der EU) streng geschützt. National ist der strenge Artenschutz im § 44 BNatSchG umgesetzt, der es verbietet, Individuen der streng geschützten Arten zu verletzen oder zu töten, ihre Populationen erheblich zu stören oder die Fortpflanzungs- und Ruhestätten zu beschädigen oder zu zerstören. Ausnahmen sind nur nach strengen Prüfkriterien möglich, z. B. bei einem überwiegenden öffentlichen Interesse wie der Gefährdung der öffentlichen Sicherheit.

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In Bayern allerdings wird jährlich eine hohe Anzahl von Bibern im Rahmen des „Bibermanagements“ getötet, nach einem Artikel in der Schwäbischen (schwaebische.de) vom 05.02.2024 wurden allein im Jahr 2022 in Bayern mehr als 2.300 Biber erlegt, was etwa 10 Prozent des landesweiten Bestandes ausmacht. In Baden-Württemberg werden die Stimmen lauter, dem Bayerischen Weg beim Bibermanagement zu folgen.

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In Nordrhein-Westfalen ist das LANUV (Landesamt für Umwelt, Natur und Verbraucherschutz) mit der Erstellung eines Biber-Managementplans befasst. Darin sollen Konzepte für Vertragsnaturschutz und für die Sicherung von Flächen, sowie finanzielle Regelungen für Schadensfälle enthalten sein. Eine gesetzliche Verordnung zu Fang, Umsiedlung oder Tötung wie in Bayern ist bisher nicht beabsichtigt.

Ökologische Bedeutung des Bibers

Wie keine andere Tierart Europas gestaltet der Biber seinen Lebensraum. Berühmt ist er insbesondere für den Bau von Dämmen, durch die er einen kleinen Bach in eine Teich- und Seenlandschaft verwandeln kann. Dämme bauen Biber aber nur dort, wo ihr Wohngewässer zu klein oder zu flach ist, um sicher in die Burg oder den Bau einzutauchen oder um die Wege zu den besten Nahrungsplätzen auf dem sicheren Wasserweg zurückzulegen.

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Durch die Anlage von Dämmen schafft der Biber neue Lebensräume und sorgt in Trockenperioden für verfügbares Wasser. Die meisten heimischen Amphibienarten sind auf stehende Gewässer angewiesen und kommen heute überwiegend in künstlichen von Menschen geschaffenen Teichen und Tümpeln vor. Insbesondere im Hügel- und Bergland gibt es ohne Stauteiche des Bibers vielerorts keine natürlichen Stillgewässer. Wo der Biber wieder heimisch geworden ist, verwandelt er kleine Bachtäler oft in ganze Ketten von Stauteichen, wo zahlreiche Amphibien und viele andere Tierarten Lebensraum finden.

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Wo Biber in größeren Gewässern leben, bauen sie in der Regel keine Dämme. Aber auch dort können sie den Lebensraum verändern und gestalten, indem sie Gehölze fällen und dadurch „Biberwiesen“ entstehen lassen. Die Biberwiesen sind wahrscheinlich der ursprüngliche Lebensraum von vielen Pflanzenarten des Feuchtgrünlandes wie Mädesüß und Kohldistel.

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Der Biber ist als Lebensraumgestalter von größter Bedeutung, natürliche Gewässerökosysteme sind ohne ihn nicht denkbar. Die Rückkehr des Bibers ist für eine intakte Gewässerfauna und -flora unerlässlich. Der Biber zählt sicher zu den weltweit wichtigsten Schlüsselarten. Unter Schlüsselarten versteht man Arten, die für viele weitere Arten wichtig sind bzw. durch deren Fehlen viele andere Arten nicht vorkommen können. Von der Anwesenheit des Bibers profitieren unter anderem Amphibien und Libellen, zahlreiche Wasservögel und Röhrichtbewohner, Ringelnattern, Europäische Sumpfschildkröten und viele mehr.

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„Ein Großteil der Süßwasserbewohner war folglich dauerhaft mit Biberaktivitäten konfrontiert bzw. ist als deutlich jüngere Arten erst unter deren Einfluss entstanden. Alle rezenten Arten müssen daher an Bibergewässer zumindest angepasst sein. Die überaus positiven Reaktionen zeigen eine Bevorzugung von Bibergewässern (z. B. Grasfrosch), vermutlich sind mache Arten sogar auf die spezifische Strukturausstattung und Ökologie biberbeeinflusster Gewässer angewiesen. Biberaktivitäten können deshalb als entscheidender Schlüsselfaktor angesehen werden, ohne den sich die typischen Biozönosen von Gewässern nicht voll entfalten können“ [4] (Meßlinger 2014). „Die Ökosystemleistungsbilanz des Bibers ist also beachtlich“, schreibt Schön [5]

Biber und Mensch

Biber wurden seit langer Zeit wegen des Pelzes, des „Bibergeils“ (Drüsensekret zur Reviermarkierung) und des Fleisches intensiv bejagt. Dem „Bibergeil“ oder Castoreum wurden verschiedene Heilwirkungen zugeschrieben und es wurde in der Parfumherstellung genutzt. Ein Papstedikt aus dem Zeitraum 1414 bis 1418 soll den Biber aufgrund seiner Lebensweise und dem schuppigen Schwanz als Fisch definiert haben, weshalb er an Fastentagen gegessen werden durfte. Die intensive Bejagung der Biber brachte sie sowohl in Nordamerika (Kanadischer Biber) als auch in Europa an den Rand der Ausrottung.

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Heute gibt es Konflikte, wo sich menschliche Nutzungsinteressen mit den Lebensraumansprüchen des Bibers überschneiden. Der Biber kann seinen Lebensraum aktiv gestalten und dabei den Zielvorstellungen der Nutzung durch den Menschen in die Quere kommen [1]. Konflikte entstehen dabei durch Fällung von Bäumen, Fraß von Feldfrüchten, durch Baue in den Uferböschungen und durch aufgestaute Gewässer. Landwirtschaftliche Schäden entstehen vor allem durch den Bau von Dämmen und den damit verbundenen Überschwemmungen (u.a. [5]). Längst ist von „Problembibern“ und „Biberplagen“ zu lesen und die Freude über die Rückkehr dieser so bedeutenden Tierart wird oft von Rufen nach einer Bestandsregulierung übertönt. „Biberkonflikte sind (…) grundsätzlich Raumnutzungskonflikte zwischen Biber und Mensch, wobei natürlich nur der Mensch dies als Konflikt wahrnimmt“ [1]

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Der Umgang mit dem Biber ist in den Bundesländern bisher sehr unterschiedlich. In Bayern, dem aktuellen Kernland der Biberverbreitung in Deutschland, werden zahlreiche Biber getötet (siehe: Gefährdung und Schutz). In NRW ist ein solcher Umgang mit der Art nicht vorgesehen – allerdings ist der Biber dort heute noch weitaus seltener als in Bayern und entsprechend seltener sind bislang Konflikte.

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Zum Umgang bzw. zum Zusammenleben mit dem Biber gehört ein durchdachtes Management, mit dem sich die meisten Konflikte lösen lassen. Ein Bibermanagement muss die folgenden Bestandteile umfassen [1] [5]:

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Information: Die Bevölkerung muss über die Biologie des Bibers, seine Lebensraumnutzung und Lebensraumgestaltung, seine Rolle im Ökosystem und über mögliche Präventivmaßnahmen zur Schadensverminderung und -vermeidung informiert werden.

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Monitoring: Als Grundlage für ein Bibermanagement ist eine gute Datenbasis erforderlich. Die Anzahl und Verteilung der Biberreviere sollte bekannt sein. Aus der Anzahl der Reviere kann die Anzahl der Biber insgesamt in etwa hochgerechnet werden, pro Familienrevier ist durchschnittlich von etwa fünf Tieren auszugehen.

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Bereitstellung finanzieller Ressourcen: Zur Verminderung wirtschaftlicher Schäden insbesondere für Landwirte und für die Durchführung von Präventivmaßnahmen müssen ausreichend finanzielle Ressourcen bereitgestellt werden. Ohne ausreichende Mittel wird die Akzeptanz der Bevölkerung für den Biber riskiert und damit auch seine weitere Ausbreitung gefährdet, die für die Entwicklung der Gewässerökosysteme von zentraler Bedeutung ist. Zudem sinkt die Akzeptanz für den Natur- und Artenschutz insgesamt, wenn sich zu wenig Lösungskompetenz für die Konflikte erkennen lässt [5].

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Präventivmaßnahmen: Verschiedene Präventivmaßnahmen können helfen, Schäden durch Biber im Vorfeld zu vermeiden oder zumindest zu begrenzen. Beispiele sind:

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Zur Vermeidung oder Verminderung von Fraßschäden können sowohl Zäune als auch Anstrichmittel für Bäume verwendet werden. Genaue Angaben und Praxistipps für den Schutz von Bäumen, beispielsweise Obstbäumen, vor dem Biber sind in Hölzler & Parz-Gollner [1] zu finden. Grabeschäden lassen sich z. B. in Deichen durch den Einbau von Baustahlmatten oder Gittern verhindern.

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Ein Biberdamm ist Bestandteil der Fortpflanzungs- und Ruhestätte des Bibers und somit durch den § 44 Abs. 1 Nr. 3 BNatSchG vor Beschädigungen und Zerstörungen geschützt. Eingriffe an Biberdämmen sind daher nur unter strengen Ausnahmeregelungen erlaubt. Möglich sind Absenkungen von Dämmen, wobei darauf zu achten ist, dass Biber einen Wasserstand von mindestens etwa 80 cm benötigen – anderenfalls bauen sie den Damm in der Regel sofort wieder auf. In Einzelfällen kann auch die komplette Entfernung eines Dammes erforderlich werden, etwa wenn Siedlungen direkt betroffen sind. Darüber hinaus kann der Wasserstand durch Einbau von Drainagen in den Biberdamm reguliert werden. In Hölzler & Parz-Gollner [1] sind Möglichkeiten und Grenzen für Eingriffe in Biberdämme detailliert erklärt.

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„Entnahme“ von Bibern: In Bayern ist die „Entnahme“ (=Tötung) von Bibern seit einigen Jahren ein häufig eingesetztes Mittel (siehe Gefährdung und Schutz). Es ist fraglich, ob dieses Vorgehen zur Konfliktlösung beiträgt oder ob nicht stets am Ort der Tötung bald neue Biber auftreten, die dann wiederum getötet werden. Zudem ist zu hinterfragen, ob keine milderen Mittel zur Konfliktlösung als die Tötung zur Verfügung stehen und es ist vor allem zu hinterfragen, ob jährlich mehr als 2.000 ethisch vertretbare Fälle für eine Tötung vorliegen. Die aktuelle bayerische Praxis dürfte gegen europäisches Artenschutzrecht verstoßen und ist somit höchst fragwürdig. Gemäß § 45 Abs. 7. BNatSchG ist eine Ausnahme von den Verboten des § 44 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 BNatSchG, und damit auch eine Tötung, nur dann erlaubt, wenn alle drei folgenden Ausnahmekriterien vorliegen: Wenn Gründe des überwiegenden öffentlichen Interesses vorliegen (z. B. eine Gefährdung der öffentlichen Sicherheit) UND wenn keine Alternativen bzw. milderen Mittel zur Verfügung stehen UND wenn der Erhaltungszustand der Art günstig bleibt. Insbesondere hinsichtlich der Alternativen zur Tötung dürften viele Fälle einer juristischen Prüfung nicht standhalten. „Ein Bibermanagement muss mehr können als Biber töten“ ist ein Leitsatz des Bibermanagements in Niederösterreich.

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„Die Antwort auf die Frage, ob wir den Biber brauchen, ist somit ein klares Ja. Ganz abgesehen davon, dass die Frage an sich unser ganzes Dilemma im Umgang mit der Natur aufzeigt. Denn es geht nicht vorrangig darum, ob und warum wir eine Art brauchen. Es geht um das Recht auf Leben, für alle Arten“ [5].

[1] Hölzler & Parz-Gollner (2018):   Die Biber-Praxisfibel - Maßnahmen zur Konfliktlösung im Umgang mit dem Biber

[2] Bundesamt für Naturschutz (2024): Verbreitungskarte Biber (Castor fiber) (Abrufdatum 07.02.2024)

[3] Zahner, V. et al. 2005: Die Rückkehr der Burgherren. Buch- und Kunstverlag Oberpfalz, Amberg

[4] Meßlinger, U. (2014): Monitoring von Biberrevieren in Westmittelfranken. Gutachten im Auftrag des Bund Naturschutz in Bayern e. V.

[5] Schön, B. (2020): Positionspapier Biber, Fakten zum Biber (Castor fiber): Die aktuelle Lage in Österreich Stand November 2020. AG Wildtiere – Forum Wissenschaft & Umwelt.

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