Hören | Es war ein trostloser Anblick für alle, die sich an jenem Tag in der Nähe der Isar aufhielten, dem Fluss, der durch München fließt. Achtlos auf einen Haufen zusammengeworfen, der Schnee rot verfärbt von ihrem Blut, lagen mehrere Schwäne auf dem Boden. Die ehemals so stolzen und majestätischen Tiere, die es wie kein anderer Wasservogel verstehen anmutig und elegant übers Wasser zu gleiten, so elend zu sehen … Ein Anblick, der jeden Tierfreund schmerzt.
Was war passiert?
Oberhalb der Grünwalder Brücke hatten Jäger zahlreiche Enten und Blässrallen geschossen – und auch mindestens neun Höckerschwäne. Sterbend trieben die Vögel im Wasser, vorbei an Anwohnern und Spaziergängern zum Wehr, wo die Jäger die mittlerweile leblosen Tiere einsammelten, um sie anschließend in Kisten verpackt in ihre Geländewagen zu laden.
Bilder, die sich bei den Menschen, die das Ganze damals miterlebten, tief ins Gedächtnis eingruben – und vor allem in die Seele. Bilder, die bis heute nicht verblasst sind. Und die immer noch wehtun.
Das Ganze trug sich am 20. Dezember 2010 zu. Vier Tage vor Weihnachten, dem Fest der Liebe und des Friedens.
Wie damals in einer bekannten Tageszeitung zu lesen war, hatten die Jäger das Recht dazu. Weiter stand dort, es wäre dabei niemand in Gefahr gebracht worden. Ja, das mag stimmen. Zumindest kein menschliches Wesen. Unsere Mitgeschöpfe dagegen schon.
Viele hat diese Schwanenjagd schockiert. Die rüden Jagdmethoden … Vor allem Natur- und Tierfreunde, die ihre Freude an den halb zahmen Wasservögeln hatten.
Als besonders tragisch empfunden wurde das Schicksal einer Schwanenfamilie – ein Elternpaar mit seinem Jungen. Rentner, Familien mit Kindern und weitere Anwohner besuchten die Tiere jeden Tag und schauten dem kleinen Schwan über mehrere Monate beim Aufwachsen zu. Sie alle nun so geschunden und aus dem Schnabel blutend vorzufinden, zerriss den Tierfreunden förmlich das Herz.
Wie weiter in der Zeitung stand, sei eine Frau, als sie die Jäger ansprach, wohl recht barsch abgewiesen worden. Sie solle nicht so nah an die Tiere rangehen und sie nicht anfassen. Sie hätten alle die Vogelgrippe, was von einer Sprecherin des Landratsamts zwei Tage später allerdings nicht bestätigt werden konnte. Angeblich sollen zwei Schwäne Krebsgeschwüre gehabt haben. Ob das einen Abschuss rechtfertigt? Hmm… Fraglich ... Es gibt andere, weitaus weniger aggressive Möglichkeiten, Tieren in einer solchen Situation zu helfen.
Eines steht jedoch fest: Die Jäger haben rein rechtlich betrachtet wohl korrekt gehandelt:
Das Gebiet im Isartal war zum Zeitpunkt des Geschehens ein ausgewiesenes Jagdrevier. Und es gab auch keine vorgeschriebenen Abschusszahlen wie etwa beim Rehwild. Außerdem fiel die Schwanenjagd am 20. Dezember in die offizielle Jagdzeit, die jährlich vom 1. November bis 20. Februar stattfindet.
Meine jahrelange Erfahrung im Umgang mit Schwänen hat jedoch gezeigt, dass es gar nicht mal so wenige Schwanenjunge gibt, die erst Mitte oder Ende Juni geboren werden. Das ist vor allem bei Ersatz- oder Nachgelegen der Fall, die es aufgrund der vielen Störungen während der Brut relativ häufig gibt. Was im Endeffekt bedeutet: Mit Beginn der Jagdzeit sind die Kleinen gerade einmal vier Monate alt und oft noch gar nicht flugfähig. Was übrigens auch für viele Jungtiere aus Erstgelegen gilt, die meist Mitte bis Ende Mai schlüpfen. Zum Auftakt der Jagdsaison sind sie kein halbes Jahr alt.
Wenige Monate alte Schwanenkinder, die teilweise nicht einmal fliegen können, zu bejagen empfinde ich persönlich als moralisch nicht vertretbar. Es fühlt sich in meinem Herzen einfach nicht richtig an. Wie jeder sinnlose Tod eines Tieres …
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