Wahrheit oder Lüge - das Dilemma der Jäger
Hören - „Ich schieße jeden Fuchs, den ich sehe!“, das sagt der Berufsjäger Paul Rößler. Wer sich für das Niederwild und seine Jagd interessiert, kommt an ihm und sein „Niederwildtestrevier“ nicht vorbei. Er betreibt intensive Fuchsjagd mit Falle und Büchse. Wie das funktioniert, beschreibt er eingehend in Podcasts und Jagdberichten.
In einem Artikel vom 11. Januar auf Pirsch.de („Füchse erfolgreich bejagen“) ist zu lesen, dass die Lock- bzw. Reizjagd auf den Fuchs eine der spannendsten Jagdarten überhaupt sei - ganz im Sinne von Karl Walch in seinem Video zur Jagd am Kunstbau: „Fuchsjagd macht Freude“.
Anschaulich beschreibt Rößler, dass es am einfachsten ist, die Füchse in den tödlichen Hinterhalt zu locken, wenn für sie die Not am größten ist, also jetzt im Winter: Bei verharschtem Schnee, wenn es besonders schwer ist, an Beute zu kommen oder auch am Ende des Winters, wenn die Füchse schon Vorräte für ihren Nachwuchs anlegen, der zu diesem Zeitpunkt durchaus schon geboren sein kann.
Im vergangenen Oktober schrieb Rößler ebenfalls in Pirsch über die Jagd [1]: „Aus Angst vor der moralischen Überheblichkeit der Gesellschaft versuchen wir uns zu rechtfertigen und schwafeln von Artenschutz.“ Im neuen Artikel greift er jedoch wieder in die Mottenkiste und schwafelt selbst von Artenschutz und Eindämmung von Krankheiten - Argumente, die längst vielfach widerlegt wurden [2].
In Luxemburg halbierte sich die Befallsrate der Füchse mit dem Fuchsbandwurm innerhalb von 6 Jahren nach Einstellung der Fuchsjagd [3]. Paul Rößler dürfte selbst wissen, dass infolge der Jagd durch die freiwerdenden Reviere und einen höheren Anteil an Jungfüchsen mehr Wanderbewegungen stattfinden und dadurch Parasiten und Erreger schneller verbreitet werden.
Im Podcast der „Jagdcast“-Serie: „Fuchsjagd, aber bitte richtig!“ aus dem Jahr 2022 äußert Rößler folgendes:
„Man muss sagen, die Berechtigung für uns, oder die Privilegien, die wir als Jäger haben, können wir ausschließlich nur noch darauf begründen, dass wir einen Beitrag für den Artenschutz, den Naturschutz, oder auch der Gesunderhaltung, oder auch zur Schadensreduzierung haben. Das sind die vier Punkte, mit denen wir heutzutage auch tatsächlich argumentativ punkten können… Das Argument, die reine Freude an der Jagd ist heutzutage für die Gesellschaft nicht mehr akzeptabel und für die Politik auch nicht demnach, und das macht es uns schwierig und deswegen müssen wir die Ehrlichkeit besitzen, uns zu sagen: Okay, was machen wir wirklich und warum jagen wir was? Und wenn wir sagen, wir sind Naturschützer und Artenschützer, dann müssen wir es nicht nur sagen, dann müssen wir es auch sein.“
Jäger als Natur- und Artenschützer, kann das überhaupt sein? Ist es dann nicht ehrlicher, zu seiner Passion zu stehen?
Für Rößler und andere Fuchsjäger ist das Töten von Füchsen Spiel, Spaß und Spannung. Wenn man möglichst kein Tier leben lässt und ganze „Gehecke“ (Würfe von Jungfüchsen) erledigt, ist das ganz in seinem Sinne, denn so bleibt noch genügend eigene „Beute“ für gemeinsame Treibjagden. Im oben genannten Artikel vom 11. Januar beschreibt er, wie er zum Jahresende mit Freunden einen, wie er es nennt, „herzlichen Jagdtag“ erlebt, bei dem die 15 Schützen dieser Niederwildjagd jeweils zwei Stück Wild erlegt haben. 30 Tiere, darunter Hasen, Fasane und mindestens eine Waldschnepfe fanden an diesem „herzlichen“ Tag den Tod.
Wenige Tage zuvor postete Rößler ein Video auf Instagram, bei dem 19 mit Wärmebildkamera gefilmte Abschüsse von Füchsen nacheinander gezeigt werden, zelebriert mit flotter elektronischer Musik – ehrlicher hätte er kaum seine Leidenschaft des Tötens demonstrieren können.
Warum dürfen Paul Rößler und andere Fuchsjäger aus Spaß und Freude Füchse töten? Warum darf das Töten allein aus Passion ausgeübt werden? Warum gibt es die Fuchsjagd überhaupt noch,
obwohl die gesellschaftliche Akzeptanz fehlt? Weniger als 10 % der Deutschen befürworten laut Umfrage des Deutschen Institutes für Wirtschaftsforschung aus dem Jahr 2020 die Jagd auf den Fuchs
obwohl wissenschaftliche Fakten die Sinnlosigkeit der Fuchsjagd belegen und der Politik keine gegenteiligen Fakten vorliegen?
obwohl die Fuchsjagd weder tierschutzgerecht noch ethisch zu vertreten ist?
In Luxemburg ist die Fuchsjagd seit 2015 verboten, weil es schlicht keinen objektiven Grund gibt, den Fuchs zu bejagen. Die Leitlinie der Regierung sei es, eine Verhaltensweise gegenüber Tieren zu fördern, die der aufgeklärten Gesellschaft des 21. Jahrhunderts gerecht wird. Wir Menschen sind nicht die einzigen Lebewesen, die Gefühle und Schmerz empfinden, so der inzwischen verstorbene Staatssekretär im Ministerium für nachhaltige Entwicklung und Infrastruktur Luxemburgs, Camille Gira [4], bei einer Pressekonferenz im Januar 2015.
Es ist nicht vertretbar, die Tradition der Fuchsjagd in Deutschland noch länger aufrecht zu erhalten, weil eine kleine privilegierte Gruppe Freude und Lust beim Nachstellen und Töten dieser sensiblen, empfindungs- und leidesfähigen und für die Ökosysteme unverzichtbaren Tiere verspürt.
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