Hören | Die wilden Pflanzenfresser unserer Breiten (sogenannte "Herbivoren"), also Rehe, Hirsche u.a. sind wiederkäuende Paarhufer (Jägersprache: "Schalenwild") - zu den Paarhufern gehören auch die Wildschweine, die allerdings Allesfresser sind. Paarhufer sind Huftiere, bei denen zwei Zehen stark entwickelt und die übrigen zurückgebildet sind. Sie sind wichtiger Bestandteil von Ökosystemen: Denn dadurch, dass sie Boden und Vegetation verändern, können sie die biologische Vielfalt erhöhen. Sie gestalten als "Habitatbildner" ihren Lebensraum. [1]
Die Einwirkungen auf Boden und Vegetation durch wilde Pflanzenfresser werden in der Ökologie als „Störungen“ bezeichnet. Das ist in diesem Zusammenhang ein wertfreier Begriff. Die Vorgänge solcher Störungen können bedeuten, dass sich das Konkurrenzverhältnis von Pflanzen untereinander verändert und manche Pflanzenarten dadurch begünstigteren Bedingungen unterliegen.
Keimfähige Samen von Bäumen und Sträuchern werden durch wilde Huftiere über weite Strecken transportiert: Zwischen den Hufen, im Fell und auch durch die Verdauung; so tragen sie zur Biodiversität bei. [2] Sie gestalten ihren Lebensraum durch Tritt und durch Fraßeinwirkung, der Boden wird durch die Hufe und durch das Wälzen großer Körper geöffnet, so können hier neue Samen keimen. [3] Suhlen bieten dabei zusätzlich Lebensräume für Amphibien und Insekten . Die Paarhufer sind Schlüsselarten für eine Reihe von Prozessen in der Natur (man spricht von „ökosystemaren Prozessen“).
In den Ausscheidungen von Wiederkäuern leben Insektenarten, die wiederum vielen Vogelarten Nahrung liefern; das Fell der Paarhufer dient als Nistmaterial und in ihren Kadavern, von denen auch kleinere Beutegreifer und Aasfresser wie Füchse und Marder profitieren, können ganze Artengesellschaften entstehen. [4] Für große Prädatoren (Wolf, Luchs) sind Herbivoren Beute und Nahrung, so zählen z.B. Rehe und das Rotwild bei uns zu den Hauptbeutearten des Wolfes. Huftiere erfüllen eine Reihe ökologischer Zwecke (sog. „Ökosystemleistungen“) und sollten in dieser wichtigen Funktion sowie als fühlende Mitlebewesen geachtet werden. Die Reduzierung dieser für die Biodiversität wichtigen Tierarten auf "Waldschädlinge" ist falsch und wird auch der Zielsetzung zur Schaffung klimastabiler Wälder nicht gerecht.
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[1] Reck, H. et al (2009): Pilotstudie Wild und biologische Vielfalt, Stiftung Natur und Mensch, Bonn 2009.
[2] Ebd.
[3] Vgl. Senn, J. (2019) in: Wohlgemuth et al: Störungsökologie, Bern 2019.
[4] Stöcker et al (2010) Wild im Wald - Rothirsch und Co als Retter der Artenvielfalt? Hamburg 2010.
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