Die DJGT (Deutsche Juristische Gesellschaft für Tierschutzrecht e.V.) kommt in einer aktuellen Stellungnahme zu dem Schluss, dass der von Bundeslandwirtschaftsministerin Klöckner vorgelegte Referentenentwurf zum Bundesjagdgesetz nicht verfassungskonform ist.
Kernpunkte der Kritik sind der geplante Mindestabschuss und die Ergänzung von Regelungen des Gesetzes durch die Formulierung „insbesondere eine Naturverjüngung im Wesentlichen ohne Schutzmaßnahmen“:
Die Novelle des Bundesjagdgesetzes sieht den Umweltschutz vorrangig gegenüber dem Tierschutz - das ist nicht verfassungskonform. Bild: Timo Litters
Ein zwischen Jagdpächter und Waldbesitzer vereinbarter Mindestabschuss soll den bisherigen behördlichen Abschussplan, der nicht ohne weiteres überschritten werden kann, ersetzen. Die Behörden müssen nicht einmal prüfen und oder genehmigen, sie können vielmehr zusätzliche Abschüsse anordnen, wenn der Wildbestand die Erfordernisse naturnaher Waldbewirtschaftung und Naturverjüngung gefährdet oder unmöglich macht.
Dazu schreibt die DJGT: „Dabei wird den Interessen des Umweltschutzes (insbesondere der Naturverjüngung) pauschal ein Vorrang vor dem Schutz der betroffenen Tierart eingeräumt, ohne dass es hierfür einer erforderlichen Interessenabwägung im Einzelfall bedarf. Im Ergebnis wird hierdurch ein Rangverhältnis zwischen Tierschutz und Umweltschutz hergestellt. In diesem Ansatz liegt ein klarer Verstoß gegen Artikel 20a GG, der Naturschutz und Tierschutz als gleichrangige Staatsziele benennt.“
Ferner verschlechtert sich durch die geplanten Änderungen auch die tierschutzrechtliche Situation weiter. Dies stelle ebenfalls einen Verstoß gegen Artikel 20a GG dar, da das Staatsziel Tierschutz u.a. auch wie ein grundsätzliches Verschlechterungsverbot wirkt.
Tierschonende Alternativen werden seitens des Gesetzgebers erst gar nicht in Erwägung gezogen, so dass aktuell auch von einem Verstoß gegen das Verschlechterungsverbot auszugehen ist:
Schutzmaßnahmen zur Naturverjüngung - kategorisch ausgeschlossen
Reduzierung des Jagddrucks durch erheblich verkürzte Jagdzeiten – Deutschland hat die längsten Jagdzeiten für Schalenwild in Europa - nicht angedacht
Pflanzenverbiss durch die intensive Jagd in nahrungsarmen Winterzeiten - keine Berücksichtigung
Ausweisung von jagdfreien Arealen mit Äsungsmöglichkeiten - keine Option
Wildtierkonforme Umgestaltung der Übergangsbereiche zwischen Feld und Wald - nicht drüber nachgedacht.
Die DJGT weist des Weiteren darauf hin, dass neben dem bereits verfassungswidrigen Ansatz der Novelle zudem versäumt wird, eine ganze Reihe von klärungsbedürftigen, tierschutzrechtlich problematischen bzw. zum Teil sogar ebenso verfassungswidrigen Fragestellungen zu klären und zu bereinigen:
Allen voran sollte endlich ausdrücklich klargestellt werden, dass die Jagd an sich keinen vernünftigen Grund im Sinne des Tierschutzgesetzes darstellt! Auch fehlt bisher durch den Gesetzgeber eine Überprüfung des Verzeichnisses der jagdbaren Arten hinsichtlich des vernünftigen Grundes. Das aktuelle Verzeichnis ist auf das Reichsjagdgesetz aus den 1930er Jahren zurückzuführen und dürfte wohl weder konform sein mit der aktuellen gesellschaftlichen Einstellung zum Tier, noch mit den aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnissen.
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