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Lovis Kauertz

Bambi kann sich nicht sicher sein, dass seine Mutter den Herbst noch überlebt

Hören - Die Jagd ist im Hinblick auf den Tierschutz nicht das ist, was die Lobbyorganisation „Jagdverband“ der Öffentlichkeit suggeriert. Vielmehr verursacht die Jagd unendliches Leid unter den Wildtieren. Von der Politik wird das weitgehend ignoriert: Zum einen deshalb, weil Jäger dort etwa zehnmal stärker präsent sind als in der Bevölkerung. Zum anderen, weil erhebliche wirtschaftliche Interessen wie z.B. die Forstwirtschaft oder der Schweineexport einen höheren Stellenwert haben als der Tierschutz.

Schuss … und tot – gibt es auch, aber häufig ist es eben nicht so, dass der Schuss so präzise angesetzt wird, dass das Tier tot umfällt. Im Rahmen bestimmter Jagdformen, die meist im Spätherbst mit großem Jäger- und Hundeaufgebot durchgeführt werden, werden gemäß einer von der Tierärztlichen Vereinigung für Tierschutz (TVT) zitierten Studie bis zu 60 Prozent der Rehe mit einem Bauchschuss schwer verletzt. Eine Untersuchung zu Bewegungsjagden auf Wildschweine brachte hervor, dass nur etwa 30 bis 35 Prozent der Tiere unverzüglich mit Blattschuss getötet werden. Wesentlich häufiger sind nicht sofort tödliche Schüsse in den Unterkiefer, in die Beine, in den Rücken oder in den Bauch.

Zwei Rehkitze im Sommer
Wo ist Mami? Bild: Andreas Nowak

Wildvermarkter berichten, dass bei Drückjagden nicht selten bei zehn Rehen – ein erwachsenes Tier wiegt 20 bis 30 kg - insgesamt nur 20 kg des Wildbrets verwertet werden können, der Rest ist aufgrund des Leids der Tiere und dem damit verbunden Ausstoß von Stresshormonen verdorben. Wer das Fleisch dennoch verwertet, veräußert es meist als Wildgulasch.

Unter dem Vorwand die Zahl der Fasane, der Rebhühner und der Feldhasen stabilisieren zu wollen, werden seit Jahrzehnten Jahr für Jahr hunderttausende Füchse, Dachse, Baum- und Steinmarder und andere Beutegreifer getötet. Häufig werden dabei nach wie vor Fallen eingesetzt. Nicht nur Totschlagfallen verursachen erhebliches Tierleid, auch die sog. Lebendfallen.

In vielen Regionen in Deutschland gibt es dennoch kaum noch Feldhasen, die Zahl der (invasiven) Fasane ist in den letzten 15 Jahren um etwa 80 Prozent zurückgegangen, das Rebhuhn ist vom Aussterben bedroht. Die Fuchsjagd führt lediglich dazu, dass die naturgegebene Geburtenregulierung außer Kraft gesetzt wird und die Vermehrungsraten – mit entsprechend verbundenem Elend - steigen. Bei unseren Nachbarn in Luxemburg ist die Fuchsjagd seit 2015 verboten - und es ist nicht zu den von Jagdkreisen prophezeiten Katastrophen gekommen.

Dass die vielgepriesene Weidgerechtigkeit nicht viel mehr ist als Blendwerk, verdeutlicht auch der Umstand, dass viele Tierarten selbst während der Aufzuchtzeiten ihrer Jungtiere gejagt werden. Darauf weist z.B. der Landesverband NRW der Berufsjäger hin: In den Wintermonaten des neuen Jahres seien Frischlinge auf die Bachen angewiesen. Das gilt aber ganzjährig auch für Feldhasen, zu Beginn der Jagd auf Rehe im September und bei der Jagd auf Hirschkühe im Herbst und Winter.

Füchse bringen die ersten Welpen bereits im Januar und Februar zur Welt, genau dann, wenn im Rahmen von Fuchswochen die meisten dieser nützlichen Wildtiere getötet werden. In vielen Bundesländern hat der Fuchs nicht einmal eine Schonzeit. Ebenso ergeht es den Waschbären, deren Jungtiere eigentlich bis in den Herbst die Fürsorge ihrer Eltern benötigen. Der Feldhase hat mehrmals im Jahr Nachwuchs – auch dann noch, wenn im Oktober die unsäglichen Treibjagden beginnen. Selbst Bambi kann sich nicht sicher sein, dass seine Mutter den Herbst noch überlebt.

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