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Mufflons sollen im Kreis Bad Kreuznach ausgerottet werden

  • Dr. Martin Steverding
  • 2. Mai
  • 3 Min. Lesezeit

Aktualisiert: 6. Mai

Relativ wenige Menschen kennen Mufflons und noch viel weniger Menschen haben diese Tiere jemals freilebend gesehen. Mufflons sind Wildschafe, sie sind entweder der Ursprung unserer Hausschafe oder zumindest sehr nah mit den Ursprungsschafen verwandt. Das Muffelwild, wie sie von Jägern genannt werden, ist bei uns nicht heimisch, sondern stammt aus dem Mittelmeerraum. Als Jagdwild wurden Mufflons in verschiedenen Regionen Deutschlands ausgesetzt.

Mufflon | Bild: Manfred Antranias (Pixabay)
Mufflon | Bild: Manfred Antranias (Pixabay)

Der Ursprungslebensraum sind trockene, gebirgige Felslandschaften. Hier bewegen Mufflons sich trittsicher und für Beutegreifer kaum erreichbar in steilen Hanglagen. In Deutschland dagegen leben sie meistens in größeren Wäldern. Auf dem weichen Waldboden werden ihre stetig wachsenden Hufe kaum abgenutzt, was zu Krankheiten wie der Moderhinke führen kann. Zudem sind sie den sich wieder ausbreitenden großen Prädatoren Wolf und Luchs völlig ausgeliefert, da sie hier nicht in Steilhänge flüchten können. Wo Wolf oder Luchs vorkommen, löschen sie daher die Mufflonbestände in der Regel ziemlich schnell aus.


Das Mufflon wurde also zum Jagdvergnügen in eine ihm völlig fremde Landschaft gebracht, an die es nicht angepasst ist. Erstaunlich ist vor diesem Hintergrund die Forderung des Landesjagdverbandes Brandenburg, „…das Muffelwild vor seiner Ausrottung durch zugewanderte Prädatoren zu schützen“ (1). Gemeint ist der Wolf, eine heimische Tierart, die durch Jagd in Deutschland ausgerottet wurde und heute wieder auf dem Weg zur ursprünglichen Verbreitung ist.


Jägerschaft steht hinter den Plänen zur Ausrottung der Wildschafe

Ein völlig anderer Weg wurde aber nun im rheinland-pfälzischen Kreis Bad Kreuznach eingeschlagen. Seit Anfang März ist die eigentlich vom 01.02. bis 31.07. währende Schonzeit für Mufflons durch eine Allgemeinverfügung (2) aufgehoben, und nicht nur das: Mufflons dürfen dort nun auch unter Verwendung von Nachtzieltechnik und künstlichen Lichtquellen während der Nacht gejagt werden. Dies betrifft beide Geschlechter und alle Altersgruppen mit Ausnahme von Elterntieren. Die Kreisverwaltung Bad Kreuznach hat Mufflons nun also für vogelfrei erklärt und nimmt dafür alle Konsequenzen billigend in Kauf. Während der Landesjagdverband die Zulassung von Nachtzieltechnik kritisiert (3) stehen der Kreisjägermeister Bad Kreuznach die Mehrheit der Jagdausübungsberechtigten hinter der Verfügung. (2)


Die Sozialstrukturen der Mufflonherden werden nun noch mehr als bisher fortwährend zerstört. Noch mehr als bisher werden sich die Mufflons in die dichten Wälder zurückziehen, mit allen Konsequenzen für den Baumnachwuchs. Insbesondere bei der Nachtjagd werden die Lämmer mit Sicherheit häufig übersehen, so dass der Abschuss führender Mutterschafe regelmäßig zu erwarten ist. Die Konsequenz ist qualvolles Verhungern der mutterlosen Lämmer. Generell können wir davon ausgehen, dass die Gefahr für Fehlschüsse bei der Nachtjagd erheblich erhöht ist, denn die Ansprache des Wildes mit Wärmebildtechnik ist nicht in dem Maß möglich wie unter Tageslicht.


Hinzu kommen die Störungen für all die anderen Tiere: Kerngebiet der Mufflons ist der Bereich südlich der Nahe und westlich des Glan von Bad Sobernheim bis Kirn. Die sehr abwechslungsreich strukturierte Landschaft beherbergt ein wichtiges Vorkommen der streng geschützten Wildkatze und auch der Schwarzstorch ist hier Brutvogel. Diese Arten und viele weitere sensible Wildtiere laufen Gefahr, während der Fortpflanzungszeit („Brut- und Setzzeit“) erheblich gestört zu werden. Einige Schüsse in Nestnähe reichen aus, um eine Schwarzstorchbrut zu vereiteln.


Wir halten die Erlaubnis für die ungebremste und schrankenlose Jagd auf die Wildschafe im Kreis Bad Kreuznach mit dem Ziel der Ausrottung für äußerst schädlich – sowohl für die Mufflons selbst als auch für andere Tierarten, mit denen sie ihren Lebensraum in Nahebergland teilen. Zudem ist der Wolf dabei, sich allmählich in Rheinland-Pfalz zu verbreiten und es wurde offensichtlich bereits ein vom Wolf gerissener Muffelwidder in der betreffenden Region gefunden. Eine natürliche Lösung des vermeintlichen „Mufflonproblems“ ist daher in Sichtweite, denn Wölfe werden den Mufflonbestand voraussichtlich erheblich reduzieren – wenn man zulässt, dass sie sich etablieren.


Gemeinsam mit dem Deutschen Tierschutzbund, der Deutschen Juristischen Gesellschaft für Tierschutzrecht und dem Bund gegen Missbrauch der Tiere haben wir dem zuständigen Forstministerium in Mainz die Sachlage mitgeteilt, mit der Forderung, die Allgemeinverfügung zurückzunehmen.

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Informationsquellen:

(1)   Landesjagdverband Brandenburg (2022): LJBV-Position Muffelwild



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