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  • Quelle: DJGT

Wolfsverordnung in Niedersachsen

Im Rahmen eines Pilotverfahren der EU gegen Deutschland wird aktuell immer noch geprüft, wie die seit dem Frühjahr geltende Regelung des § 45a BNatSchG mit EU-Recht vereinbar ist. Die Änderung des Bundesnaturschutzgesetzes soll bei Weidetierrissen durch Wölfe "den Abschuss von einzelnen Mitgliedern des Wolfsrudels in engem räumlichem und zeitlichem Zusammenhang mit bereits eingetretenen Rissereignissen auch ohne Zuordnung der Schäden zu einem bestimmten Einzeltier bis zum Ausbleiben von Schäden" ermöglichen.


Wolfsverordnung Niedersachsen ist rechtlich umstritten
Der Wolf ist in Niedersachsen demnächst noch schneller "entnommen". Bild Michael Hamann

Trotz der ausstehenden rechtlichen Prüfung durch die EU-Kommission hat Niedersachsen nun eine eigene Wolfsverordnung erlassen, die über die gesetzlichen Regelungen des BNatSchG und die noch strengeren EU-Artenschutzregelungen hinaus geht, anstatt die als kritisch eingestuften Punkte zu beheben oder zu konkretisieren, kritisieren die Deutsche Juristische Gesellschaft für Tierschutzrecht und der Landestierschutzverband Niedersachsen.


Mit § 5 der Niedersächsischen Wolfsverordnung - Entnahme eines Wolfes zur Vermeidung ernster wirtschaftlicher Schäden – wird vielmehr der Weg bereitet für eine Form der präventiven Wolfsjagd. Die Identifizierung eines schadensverursachenden Wolfes wurde faktisch aufgehoben. Zudem reicht für die Anordnung der Tötung eines Wolfes bereits das zweimalige Überwinden von Herdenschutzmaßnahmen, unabhängig davon, ob es sich um den gleichen Wolf handelt. Den nach der Rechtsprechung des EuGH zwingend erforderlichen Nachweis für eine präventive Jagd, dass ein solches Vorgehen überhaupt geeignet ist, entsprechenden Schäden vorzubeugen, sie auszuschalten oder zu verringern, bleibt der Verordnungsgeber hingegen komplett schuldig.


Neben der Aufweichung dieser wohl als zentral anzusehenden Regelung, der in der Praxis die größte Relevanz zukommen wird, werden aber auch milderen Maßnahmen wie einer Vergrämung bereits im Ansatz ihre Wirksamkeit genommen durch eine massive Verkürzung der Anforderungen. Ein einmaliger Vergrämungsversuch kann per se nicht erfolgreich sein.


Es passt schließlich ins Bild, dass der Verordnungsgeber in letzter Minute auch noch die Anforderungen an Herdenschutzmaßnahmen durch die überraschende Einfügung der Regelung des § 5 Abs. 5 WolfsVO aufgeweicht hat. Danach wird ein fehlender bzw. nicht lückenlos vorhandener Überkletter- oder Untergrabeschutz als unerheblich angesehen, sofern dies für die Überwindung des Zaunes durch einen Wolfs nicht ursächlich war. Da hier im Nachhinein eine Prüfung aussichtslos ist, kann ein unzureichender Schutzzaun, eine Genehmigung zur Tötung eines Wolfes nicht mehr hindern. Die Möglichkeit, eine als erforderlich angesehene Anforderung für einen ordnungsgemäßen Herdenschutz im Einzelfall als unerheblich ansehen zu können, untergräbt die Wirksamkeit von Herdenschutzmaßnahmen.


Dem erklärten Ziel, die Regelungen der §§ 45 und 45a BNatSchG zu konkretisieren und den Vollzug der entsprechenden Regelungen zu vereinfachen, wird die Verordnung aus rechtlicher Sicht damit nicht gerecht. Solche Maßnahmen lenken vielmehr von der dringend erforderlichen Diskussion ab, wie eine friedliche Koexistenz von Mensch und Wolf erreicht werden kann, und verdrehen das Thema Artenschutz in sein Gegenteil, denn Artenschutz bedeutet in erster Linie ein Schutzsystem für den Wolf und nicht vor dem Wolf!

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Kommentar der DJGT zur Niedersächsischen Wolfsverordnung

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