top of page
  • Lovis Kauertz

Keine Schonzeit für Wildschweine: Backhaus (MV), Schulze Föcking (NW), Otte-Kinast (NI) & Co ver

Die Eintragung der Afrikanischen Schweinpest nach Deutschland kann durch die Jagd nicht verhindert werden

Bei der Jagd auf Wildschweine (im Jagdjargon: Schwarzwild) gibt es in Deutschland kaum noch Tabus: Da werden revierübergreifende Gesellschaftsjagden mit Armeen von bis zu 300 Jägern und Treibern mit ihren Jagdhunden veranstaltet, das Jagen der für das Sozialgefüge so wichtigen Leitbachen - ob tragend oder nicht - propagiert, Frischlingsfallen aufgestellt, Tiere in der Winterruhe gestört, die nächtliche Jagd mit Zusatzscheinwerfern erlaubt, Nachtsichtgeräte und Schalldämpfer erlaubt und Schonzeiten aufgehoben. Bei Drückjagden (Anm. Gesellschaftsjagd mit eben diesen bis zu 300 Jägern) werden gemäß der Tierärztlichen Vereinigung für Tierschutz (TVT) zwei Drittel der Tiere nicht sofort tödlich verletzt, sondern sterben erst nach Stunden oder Tagen. Mit der so genannten Weidgerechtigkeit hat das alles nichts zu tun, weshalb die Art der Jagd unseres Erachtens auch gegen das Tierschutzgesetz verstößt.

Einen neuen Höhepunkt erfährt die Nachstellung des Schwarzwildes in diesen Monaten. Da schüren insbesondere die Jagdverbände Ängste vor der Afrikanischen Schweinepest (ASP) und treiben die Landwirtschaftsminister wie die Sau durchs Dorf. Und die haben wohl Muffensausen, dass ihnen die Massentierhalter bei einem möglichen Ausbruch der ASP Untätigkeit vorwerfen.

Wildschwein in Mecklenburg-Vorpommern

Für sinnlose Jagd auf Wildschweine zahlt Mecklenburg-Vorpommers bis zu zwei Millionen Euro, Niedersachsen dreieinhalb Millionen! Bild: Detlef Hinrichs

Till Backhaus (SPD) spendiert seinen Jägern in Mecklenburg-Vorpommern zwei Millionen Euro aus dem Steuersäckel; Otte-Kinast (CDU) stellt den niedersächsischen Jägern bis zu dreieinhalb Millionen Euro zur Verfügung; aus NRW, wo die ehemalige Massenschweinetierhalterin Schulze Föcking (CDU) die Schonzeiten für Wildschweine aufgehoben hat, sind uns keine Zahlen bekannt.

Steuerverschwendung und Aktionismus

„Das ist zum großen Teil Steuerverschwendung und reiner Aktionismus, der in keiner Weise angezeigt ist“ schimpft Lovis Kauertz, Vorsitzender von Wildtierschutz Deutschland. „Bei der Jagd auf Wildschweine gibt es trotz anderslautender Bekundungen von Jagdlobbyisten und Politik kaum noch eine Jagd, die man als weidgerecht bezeichnen könnte. Ich nenne das Abschlachten ohne Rücksicht auf Verluste. Die Bundesländer werden den Hobbyjägern und ihren Lobbyisten für die Bekämpfung eines Phantoms viele Millionen Euro zuschustern, wohlwissend, dass am Ende nicht signifikant mehr gejagt wird, als bisher schon. Wir gehen sogar davon aus, dass falls die Krankheit tatsächlich nach Deutschland kommen sollte, die Jagd ein erhebliches Risikopotential für die Verbreitung des Virus darstellt. Denn gemäß Friedrich-Loeffler-Institut ist der Kontakt mit Blut der effizienteste Übertragungsweg für die Afrikanische Schweinepest.“

Als riskante Einschleppungswege für die ASP sieht das Friedrich-Loeffler-Institut (FLI) vor allen Dingen die illegale Einfuhr von infizierten Schweinen und von tierischen Nebenprodukten aus Osteuropa, nicht die aktuellen Populationsdichten der Wildschweine. Auch andere indirekte Übertragungswege (Fahrzeuge, kontaminierte Ausrüstungsgegenstände einschließlich Jagdausrüstung, landwirtschaftlich genutzte Geräte und Maschinen, Kleidung) sind ein Risiko.

Hinsichtlich der Prävention setzen die Fachleute deshalb auf Einfuhrverbote und die Vernichtung kontaminierter Lebensmittelabfälle. Die Wildschweinpopulation soll allenfalls überwacht und tote Tiere einer Untersuchung zugeführt werden. Von einer wie auch immer gearteten Reduzierung der Bestände oder gar einem daraus resultierenden Nutzen für den Schutz gegen die Ausbreitung der ASP ist in den Unterlagen des FLI an keiner Stelle die Rede.

Die Vermutung ist nicht von der Hand zu weisen, dass das regelrechte Zerschießen der sozialen Gefüge dieser Wildtiere die hohen Reproduktionsraten geradezu provozieren.

Dass eine noch so intensive Jagd auf Wildschweine im Hinblick auf die Bestandssituation keine nachhaltige Abhilfe schafft, zeigen die letzten dreißig Jahre. Anfang der 1980er Jahre wurden im Durchschnitt der jeweils letzten 10 Jahre etwa 210.000 Wildschweine pro Jahr in Deutschland zur Strecke gebracht, 35 Jahre später über eine halbe Million - jedes Jahr, in der Spitze sogar mehr als 600.000 Wildschweine.

Die Vermutung ist nicht von der Hand zu weisen, dass das regelrechte Zerschießen der sozialen Gefüge dieser Wildtiere die hohen Reproduktionsraten geradezu provozieren.

Quellen:

bottom of page