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Zwei ganz unterschiedliche Biberreviere in Rheinland-Pfalz

Dr. Martin Steverding

Hören | Der Blick auf die aktuelle Verbreitungskarte des Bibers in Rheinland-Pfalz macht Freude: Der Baumeister und Landschaftsarchitekt ist auf dem Vormarsch. Wie an einer Perlenschnur reihen sich die Bibernachweise aneinander: Unter anderem an der Nahe und ihrem Nebenfluss aus dem Hunsrück, dem Simmerbach [1 – Verbreitungskarte]. Zwei Biberreviere [2 – Artportrait Biber]genau in dieser Region, wie sie unterschiedlicher kaum sein könnten, habe ich kürzlich besucht:


Biberreviere an der Nahe

Oberhalb von Bad Kreuznach rauscht die Nahe durch ein enges und steiles Tal. Weinbau in Steillagen und trockene Felshänge mit mediterraner Vegetation prägen diesen Flussabschnitt. Die Anwesenheit des Bibers ist eher unauffällig, hier und dort sieht man einen angenagten oder gefällten Baum. Es gibt aber keinen Damm und keine Burg.


Von Bibern angenagte Silberweide an der Nahe
Von Bibern angenagte Silberweide an der Nahe

Der Prallhang einer Kurve der Nahe, also die Seite, gegen die das schnell strömende Wasser drückt, besteht aus purem Fels – keine Chance, hier einen Bau oder eine Burg anzulegen. Anders der Gleithang im Strömungsschatten, er besteht aus angelagerten Sedimenten und ist zwar deutlich weniger steil, aber hoch und steil genug, um dort einen Bau zu graben. Allerdings ist davon nichts zu sehen, nur die Fressplätze mit lauter blankgeschälten Zweigen und Ästen, sowie der fast durchgenagte Stamm einer großen Silberweide verraten die Anwesenheit der Biber. Abends sind sie dann plötzlich da, wie aus dem Nichts. Vier auf einen Blick konnte ich mit der Wärmebildkamera beobachten.


Wenn es die Uferbeschaffenheit zulässt, bauen die Biber einen Erdbau mit einem unter Wasser liegenden Eingang und einen oder mehreren Kesseln oberhalb der Wasseroberfläche, verborgen im Boden. Von außen sieht man davon nichts. Die Biber an der Nahe haben alles was sie brauchen: Der Fluss ist tief genug, damit der Baueingang stets unter Wasser liegt und damit die Biber ihre Nahrungsgründe schwimmend erreichen können. Einen Damm müssen sie hier nicht bauen.


Biberreviere am Simmerbach

Am Rand des Städtchens Simmern im Hunsrück liegen neben dem Simmerbach zwei künstlich angelegte Teiche, der eine wird Simmersee genannt. Direkt daneben fällt auf dem ersten Blick eine überschwemmte Landschaft auf, in der zahlreiche absterbende und tote Bäume stehen. Das Wasser steht dort so hoch, dass es herüber in einen der beiden Teiche strömt. Flaches Wasser, Röhricht, Weidenbüsche und nasse Wiesen bilden ein abwechslungsreiches Mosaik ganz unterschiedlicher Lebensräume. Mittendrin fällt ein hoher Haufen aus Ästen und Schlamm auf – eine Biberburg. Zahlreiche Stockenten, Zwergtaucher und ein Eisvogel lassen an diesem Novembertag erahnen, wie viel Leben hier im Frühling und Sommer sein muss. Mit Sicherheit leben hier neben einer Fülle von Vogelarten zahlreiche Amphibien, Libellen, wahrscheinlich Ringelnattern und vieles mehr.


Imposanter Wasserfall am Biberdamm im Simmerbach
Imposanter Wasserfall am Biberdamm im Simmerbach

Dieses wertvolle Feuchtgebiet haben die Biber geschaffen, sie haben im Simmerbach einen soliden Damm von fast 1 ½ Meter Höhe errichtet und eine See- und Sumpflandschaft gestaltet. Der wenige Meter breite und im Sommer ziemlich flache Simmerbach war den Bibern nicht groß genug, um einen Bau mit Unterwassereingang anzulegen und auf dem Wasserweg an die Nahrungsgründe zu kommen. So haben die Biber das Gewässer nach ihrem Geschmack vergrößert. Es gibt hier keine Böschung, wo die Biber einen Erdbau graben können, weshalb sie eine oberirdische Burg aus Knüppeln und Schlamm errichtet haben, deren Eingang bibertypisch unter Wasser liegt.


Im Simmerbach leben eine ganze Reihe von Biberfamilien, die mehrere Dämme und Stauteiche angelegt haben. Diese sind nicht nur überaus artenreiche Lebensräume, sondern sie sind ein natürlicher Hochwasserschutz. Sie bremsen das Wasser im Oberlauf des Baches ab, bei starken Niederschlägen oder Schneeschmelze fließt es langsamer talwärts, wird teilweise zurückgehalten. Wenn einmal wieder alle Täler von Bibern besiedelt sind, werden unzählige Dämme und Stauteiche die Wucht des Wassers bremsen und helfen, uns vor den Fluten zu schützen.

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