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Dachse: Drei junge Supernasen

  • Dr. Martin Steverding
  • 14. Juni
  • 3 Min. Lesezeit

Aktualisiert: 7. Juli

Hör mal rein | Gegen Ende April haben die drei Supernasen das Licht der Welt erblickt, geboren wurden sie aber schon viel früher. Die ersten Lebensmonate verbrachten sie tief unter der Erde, verborgen in der Dunkelheit des Baus.

Erst im Alter von zwei Monaten oder mehr kommen junge Dachse erstmals aus dem Bau - viel später als junge Füchse. Im Vergleich mit den energiegeladenen Fuchswelpen stapfen die Dachswelpen in diesem Alter eher gemächlich und noch sehr tapsig umher. Aber auch junge Dachse spielen ausgiebig. Es war ein Vergnügen, die Videos der Wildkamera vom Dachsbau durchzusehen. Die Kleinen tollen umher, raufen und balgen und kullern manchmal rücklings in den Bau zurück. Manche Spiele wirken dabei nicht ganz jugendfrei.

Vor allem aber schnüffeln sie, denn Dachse sind echte Supernasen. Die Welt wird erschnuppert, und zur kleinen Welt rund um den Baueingang gehörte auch die Kamera, die vielleicht 40 cm über dem Boden an einem Strauch befestigt war. Mehrfach fuhr eine der Dachsnasen über die Linse und deutlich waren die Atemzüge zu hören, mit denen der Kleine den Geruch einsog, um zu prüfen, was da für ein merkwürdiges Ding am Strauch hing. Der Geruchssinn des Dachses ist mehrere 100mal so fein wie unserer, Dachse leben in Geruchslandschaften, die wir Menschen uns nicht vorstellen können.

Die sogenannte münsterländische Parklandschaft ist eigentlich ideal für den Dachs.


Zwischen den landwirtschaftlich genutzten Flächen liegen zahlreiche kleine Wälder und Hecken verstreut. Der Boden ist im westlichen Münsterland oft sandig und damit ideal zum Buddeln. Dort sind es meistens leicht erhöht liegende Stellen im Wald, in denen die Dachse ihre weit verzweigten unterirdischen Burgen anlegen. Allerdings macht den Schnüffelnasen die äußerst intensive Landwirtschaft zu schaffen. Dachse ernähren sich vor allem von kleinen Bodentieren wie Regenwürmern oder Insektenlarven, sowie von verschiedener pflanzlicher Nahrung. Sie erbeuten zwar gelegentlich größere Tiere, aber sie sind insgesamt mehr Sammler als Jäger. Die Böden der stark überdüngten und mit Pestiziden belasteten Äcker sind aber oft biologisch nahezu tot. Die meisten Dachse der Region leben daher in relativ waldreichen Gebieten oder dort, wo noch größere extensiv genutzte Grünländer existieren.


Mindestens ebenso macht dem Dachs die völlig sinnlose Bejagung zu schaffen. Im Kreis Borken im westlichen Münsterland wurden 226 Dachse im Jagdjahr 2022/23 getötet, davon 179 durch direkten Abschuss und 47 durch Fangjagd (1). Angesichts der geringen Dichte und lückenhaften Verbreitung des Dachses im Landkreis ist dies eine enorm hohe Zahl. Die Auswirkungen der massiven Jagd auf Dachse sind vielfach deutlich zu sehen:


Dachsbaue werden hier im Westmünsterland oft nach vielen Jahren plötzlich aufgegeben, mehrfach erlebte ich dies auch mitten in der Aufzuchtzeit der Jungen. Dachsfamilien können zwar zwischen zwei oder mehr Bauen wechseln und ziehen daher immer mal wieder überraschend um. Etliche Baue bleiben aber dauerhaft verwaist. Einige wurden nach mehreren Jahren wieder neu besetzt, waren dann aber rasch wieder verwaist. Zudem zeigen abendliche Ansitze und Wildkamera-Aufnahmen, dass es kaum größere Familienclans gibt. Zumeist lebt nur das Elternpaar mit den diesjährigen Jungen im Bau. All dies zeigt die immens hohe Sterblichkeit der Dachse in der Region auf, die weitgehend auf die Jagd zurückzuführen ist. Dachse werden hier aus Freizeitbeschäftigung getötet, denn Dachsjagd macht keinerlei Sinn. Weder werden die Dachse verwertet noch bringt die Bejagung irgendeinen ökologischen oder ökonomischen Nutzen.

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1)     Kreisjägerschaft Borken e. V. im Landesjagdverband NRW e. V.: Jahresbericht 2023.


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