Hessische Jagdverordnung / Offener Brief an die Abgeordneten des Hessischen Landtags
- Lovis Kauertz
- vor 21 Stunden
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Sehr geehrte Abgeordnete, sehr geehrter Abgeordneter des Hessischen Landtags!
Eine Verbandsanhörung ist Bestandteil der partizipativen Gesetzgebung in Deutschland und damit ein unerlässliches Instrument in einem modernen, demokratischen Gesetzgebungsverfahren. Sie wird ad absurdum geführt, wenn – wie im Fall der Novellierung der Hessischen Jagdverordnung – jagdaffine oder an der Thematik desinteressierte Parteien in der Anhörung deutlich überwiegen.
Die Einführung, Wiederaufnahme und die signifikante Ausweitung von Jagdzeiten, die Streichung von Schonzeiten und die Aufnahme streng geschützter Tierarten in das Jagdrecht geschieht offensichtlich willkürlich und birgt erhebliches Konfliktpotential gegenüber dem Tier-, Natur- und Artenschutz, ohne aber ein einziges Problem zu lösen.
Sachlich erforderliche, insbesondere wissenschaftlich begründete Argumente wurden seitens des Landwirtschaftsministeriums für die erhebliche Ausweitung des Nutzungsrechts der Jägerschaft nicht zur Prüfung herangezogen und auch im Rahmen der Verbändeanhörung – selbst auf Nachfrage hin – nicht angeführt. Das passt in das Bild eines Ministeriums, das erst kürzlich eine Bundesratsinitiative zur Ausweitung der ökologisch kontraproduktiven Nachtzieltechnik auf den Weg brachte und die offensive Missachtung des Muttertierschutzes im Rahmen einer präventiven ASP-Bekämpfung im Rheingau vorantreibt.
Die Aufhebung von Schonzeiten während der Aufzuchtzeit von Jungtieren führt die Hessische Jagdverordnung zurück auf das Niveau des ersten Bundesjagdgesetzes von 1952. Dadurch wird es zwangsläufig zu strafbaren Verstößen gegen den dort definierten Elterntierschutz (§ 22 (4) BJagdG) kommen. Elterntiere (dazu gehören auch Fuchsrüden) können von nicht führenden adulten Tieren in der Regel nicht unterschieden werden. Junge Waschbären sind bis in den September von ihrer Mutter abhängig. Hier stellt sich auch die Frage, inwieweit die Ausweitung des Nutzungsrechts der Jägerschaft in dieser Form noch weidgerecht im Sinne des Bundesjagdgesetzes ist.Â
Vielleicht wird Ihnen die der Novellierung zugrunde liegende Willkür anhand eines Beispiels deutlich: Im letzten Jagdjahr (2025/2016) vor der Einführung einer ganzjährigen Schonzeit durch die schwarz-grüne Vorgängerregierung haben Jagdausübungsberechtigte in Hessen auf einer bejagbaren Fläche von etwa 1,8 Millionen Hektar (1 ha = 10.000 m2)  gerade mal 78 Baummarder, 101 Iltisse, 149 Hermeline und 119 Mauswiesel getötet. Das sind ganze 25 dieser Tiere pro einhunderttausend Hektar. Welches Problem wird mit der Aufhebung der Schonzeit für diese Tierarten wohl gelöst?
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Mit freundlichen Grüßen,
Lovis Kauertz | Vorsitzender Wildtierschutz Deutschland e.V.
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Pressemitteilung - abrufbar ab 25. Juni, 10 Uhr
