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Fallen- und Baujagd im Namen des NABU?

  • Dr. Martin Steverding
  • vor 3 Tagen
  • 3 Min. Lesezeit

Aktualisiert: vor 2 Tagen

Der NABU ist der mitgliederstärkste Naturschutzverband in Deutschland und eine wirkmächtige Institution im Natur- und Artenschutz. Er betreibt in den zahlreichen Orts- und Kreisverbänden Naturschutz an der Basis und wirkt in den höheren Verbandsebenen am politischen Geschehen mit. Der Verband verdient höchste Anerkennung, denn ohne die Tatkraft und die Stimme seiner knapp eine Million Mitglieder wäre der Naturschutz in Deutschland kaum denkbar.

Die häufig für das aktive Prädatorenmanagement genutzte Betonröhrenfalle
Die häufig für das aktive Prädatorenmanagement genutzte Betonröhrenfalle

Tierschutzorganisationen und Jagdkritiker werfen dem NABU vor allem in jüngster Zeit immer wieder eine zu große Nähe zu den Jägern bzw. den Jagdverbänden vor, unter anderem weil der Präsident des Verbandes selbst ein aktiver Jäger ist. Die Jagd auf Beutegreifer wie den Fuchs („aktives Prädatorenmanagement“ / Begrifflichkeit, s.u.) ist in vielen Wiesenvogelprojekten mit und ohne NABU-Beteiligung ein fester Bestandteil. Wie aber steht der NABU zur Tötung von Beutegreifern im Namen des Artenschutzes?


„Keine Falle fängt selektiv. Menschen und Tiere werden unnötigen Gefahren ausgesetzt. Die Verwendung von Fallen im Rahmen der Jagdausübung wird abgelehnt“, so ist es im Positionspapier des NABU „Ausrichtung der Jagd in Deutschland“ (1) zu lesen. Der NABU lehnt es also ab, Füchse und anderen Tiere in Lebend- oder Totschlagfallen zu fangen? Nicht generell, denn es kommt hier auf die vier Worte „im Rahmen der Jagdausübung“ an, denn in seinem Positionspapier „Ausrichtung des Prädationsmanagement in Deutschland“ (2) lautet der zweite Satz: „Prädationsmanagement ist keine Jagd“.


Der NABU erkennt im letztgenannten Positionspapier die Prädation, also das Erbeuten von Tieren durch andere Tiere als einen natürlichen Prozess an. Ein Eingreifen durch den Menschen sei dabei in der Regel nicht erforderlich, jedoch: „Wenn sich die Lebensbedingungen durch menschliche Eingriffe so stark verändert haben, dass die Grundlagen für selbst erhaltende Populationen nicht mehr vorhanden sind, kann ein Management notwendig sein, um gefährdete Arten zu erhalten.“ Bis hier teilt Wildtierschutz Deutschland die Position des NABU durchaus, solange das Management keine letalen (tödlichen) Maßnahmen umfasst.


Der NABU allerdings befürwortet in deutlichem Gegensatz zu Wildtierschutz Deutschland in bestimmten Situationen die Tötung von Beutegreifern. Im genannten NABU-Positionspapier heißt es: „Die zu tötende Art muss als entscheidende Gefährdung der zu schützenden Art nachgewiesen sein, die Maßnahmen müssen selektiv sein, (…)“.


Nun beißt sich die Katze in den Schwanz: Wie eingangs erwähnt, lehnt der NABU die Fallenjagd ab, unter anderem, weil sie nicht selektiv ist. Im Rahmen des Prädationsmanagements aber ist Fallenjagd aus NABU-Sicht legitim bzw. wird zum Teil sogar offensichtlich vom NABU in Auftrag gegeben oder gar selbst betrieben. Dies wird legitimiert, in dem man das im Rahmen des „aktiven Prädatorenmanagements“ stattfindende Töten von Füchsen und anderen Beutegreifern zur Naturschutzmaßnahme erklärt, die außerhalb der Jagd stattfindet.


Pikant in dem Zusammenhang ist der Auftritt von Jan Blaue vom NABU Sachsen-Anhalt in der Dokumentation „Zwischen Wildnis und Welternährung“ aus dem Jahr 2023, verbreitet im reichweitenstarken Online-Jagdmagazin „Der Überläufer“. Bekleidet im NABU-Hoody im vereinstypischen Blau mit der weißen Schrift, schickt er seinen Parson-Russel-Terrier in einen Fuchsbau an der mecklenburgischen Ostseeküste. Anschließend schießt er auf den flüchtenden Fuchs, ohne ihn tödlich zu verletzen (3). Wir wissen nicht, ob sich die oberen Verbandsebenen von dieser durch einen NABU-Vertreter zur Schau gestellten Baujagd distanzieren. Eine Nachfrage beim besonders mitgliederstarken Landesverband NRW blieb unbeantwortet.


Der im eigenen Positionspapier geforderte Nachweis, dass die betroffenen Beutegreifer „die entscheidende Gefährdung“ für die Zielarten darstellen (s. o.), dürfte selten bis nie vorliegen. Zudem steht nach wie vor belastende Belege dafür aus, dass das Töten von Prädatoren überhaupt einen Effekt auf die Bestände der Wiesenvögel hat; wir berichteten darüber (4). Zudem bestehen effiziente Möglichkeiten, das Prädationsrisiko zu senken, ohne andere Tiere dafür zu töten (5).


Der NABU ist es unseres Erachtens seinen Mitgliedern schuldig, beim Thema Prädationsmanagement transparent zu sein. Große Teile der Basis des Verbandes stehen der Jagd kritisch gegenüber und lehnen das Töten im Namen des Artenschutzes ab, denn es ist weder ethisch vertretbar noch zielführend.

+++

 

P.S. Unter "Prädationsmanagement" versteht man alle, insbesondere non-letale Maßnahmen zum Schutz von Bodenbrütern gegen Fressfeinde. Das "aktive Prädatorenmanagement" zielt dagegen fast ausschließlich auf das Töten von Füchsen und anderen landlebenden Beutegreifern ab.


(3) Jan Blaue (NABU) bei der Baujagd und im Interview (ab Minute 9)   

(5) Wiesenvögel, Teil 3: Vorrang für den Lebensraumschutz

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