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  • Claudia Ward

Rebhuhnhegering - Ein Projekt unter dem Deckmantel des Naturschutzes

Immer mehr Jagdscheininhaber versuchen in der Öffentlichkeit ihr zunehmend schlechtes Image aufzupolieren, indem sie vorgeben Natur- und Artenschutz zu betreiben.


Ein regelrechter Trend scheinen sogenannte Rebhuhnprojekte zu sein, die wie Pilze aus dem Boden schießen. Eignen sie sich doch scheinbar, um das Töten von Fuchs, Waschbär und Co. zu rechtfertigen.


Betonröhrenkastenfalle im Hintergrund Futtereimer für Rebhühner Bild: privat

Rebhühner gelten gemäß der aktuellen Roten Liste in ganz Deutschland als stark gefährdet. Wesentliche Ursache für den Rückgang dieser Art ist die Entwicklung der Landwirtschaft der letzten Jahrzehnte. Landschaftsstrukturen und damit Lebensräume wurden zerstört, Insekten als Nahrungsgrundlage vieler Vogelarten durch den Einsatz von Pestiziden vernichtet. Die Überlebenschancen von Rebhuhn, Fasan oder Feldhase sinken rapide. Auch die Jagd selber hat den Bestand der Rebhühner stark schwinden lassen, gar bis zum Rand der Ausrottung. Bis in die frühen 1980 Jahren wurde das Rebhuhn gerne und viel geschossen und als Sonntagsbrathuhn serviert. Auch heute noch gehört das Rebhuhn nach §2 Bundesjagdgesetz zu den jagdbaren Arten und darf auch in Hessen ab 2020 in Gebieten mit ausreichenden Besätzen wieder bejagt werden!


Vorreiter des Rebhuhnprojekts in Hessen ist eine Initiative aus Jagdpächtern in der Wetterau. Es folgten weitere Reviere wie in Groß-Gerau, Hochtaunuskreis, Wiesbaden, Main-Kinzig-Kreis. Mittlerweile haben sich über 100 Jagdpächter diesen Projekten angeschlossen und erhalten dafür beträchtliche Fördergelder in Millionenhöhe vom Land Hessen. Damit versuchen die Initiativen eine Verbesserung der Lebensräume für Rebhühner zu erreichen, mit dem Ziel die Tiere wieder jagen zu können. Im Sommer 2016 hat das Hessische Umweltministerium die Schonzeit für Füchse und Waschbären für den Rebhuhnhegering der Wetterau aufgehoben.


Um Rebhühner in den Revieren wieder anzusiedeln, werden Plastikfuttereimer mit Weizen und Mais aufgestellt. Rebhuhnküken benötigen in ihrer Entwicklungsphase Proteine in Form tierischen Eiweißes. Weil es kaum Insekten gibt, wird als Ersatz ein Kükenstarter benutzt: Ein Schnellmastfutter für Hühnerküken in der Tierhaltungsindustrie. Als Nebenwirkung werden Mäuse und Wanderratten angelockt, letztere vertilgen auch mal gerne ein Küken oder gleich ein ganzes Rebhuhn.


Plastikfuttereimer der Hegeringe Bild: privat

Mit den Fördergeldern erwerben die Jäger vor allen Dingen auch Fallen, um Fuchs und Waschbär nachzustellen. Von der Jagd auf Beutegreifer versprechen sich Jäger vielerorts eine Erholung der Niederwildbestände. Bisher gibt es allerdings keine wissenschaftlich belastbaren Studien, die den Erfolg dieser Maßnahmen belegen, zumal Füchse und auch Waschbären durch erhöhte Reproduktion und durch Zuwanderung entsprechende Lücken schnell wieder füllen.


Allein in der Wetterau bei Reichelsheim wurden im Gebiet des Rebhuhnhegerings 14 Fallen aufgestellt. Auch Hauskatzen laufen Gefahr in diese Lebendfallen zu geraten und anschließend getötet zu werden. Denn laut Gesetz dürfen in Hessen Katzen, welche sich mindestens 300 Meter vom letzten Haus aufhalten, erschossen werden.


Bei Groß-Gerau setzten Jäger noch einen drauf, indem teilweise die Futtereimer direkt neben den Betonröhrenfallen befestigt werden. Füchse werden buchstäblich in die Nähe der erhofften Rebhuhnkette gelockt bzw. geködert! Ein Käseglockennaturschutz der Hochsitzbiologen.


Damit Rebhühner und andere gefährdete Arten, wie Feldhasen und Fasane, wieder in unserer Natur leben können, müssten Lebensräume im großen Rahmen geschützt und verbessert werden, besonders im Bereich der landwirtschaftlich genutzten bzw. übernutzten Flächen. Das Rebhuhn ist ein Standvogel und lebt auch im Winter bei uns. Daher müssen sie ganzjährig genügend Futter finden können.


Mehrjährige Blühbrachen liefern wichtigen Lebensraum, Stoppeläcker sichern auch das Überleben im Winter mit Nahrung. Auch regelmäßig gepflegte Hecken bieten wichtigen Lebensraum in der Ackerlandschaft. Die Landwirte müssten verpflichtet werden, dringend benötigte Flächen als Lebensraum für bedrohte Arten freizugeben. Die Maßnahmen der Hegeringe, die ganz wesentlich auf die Bejagung von Fuchs & Co. setzen, greifen nach bisherigen Ergebnissen viel zu kurz.


Auch Naturschutzverbände sollten endlich klare Linie zeigen und sich gegen die Jagd – auch als Maßnahme des Artenschutzes - positionieren. Die Jagd in Deutschland richtet unwiderrufliche Schäden in der Natur an und dies kann nicht im Sinne eines Naturschutzverbandes sein.


Erst kürzlich reichte der NABU eine offizielle Beschwerde gegen Deutschland bei der EU-Kommission ein. Inhaltlich geht es um eine fehlgeleitete Agrarpolitik, welche Ursache des schlechten Zustands des Rebhuhns in Deutschland ist. Laut NABU verstoßen Bund und Länder gegen die EU-Vogelschutzrichtlinie, dessen Anforderung es ist, einen guten Erhaltungszustand aller Wildvogelarten zu erreichen und entsprechende Maßnahmen zu ergreifen.


https://djz.de/rebhuhn-nabu-reicht-eu-beschwerde-gegen-deutschland-ein/

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