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  • Lovis Kauertz

Jagd im Dunkeln: Strafanzeige gegen 33 Jäger in Bayern

Hören - Wie berichtet wurde am 15. September an den Schlafgewässern des Vogelschutzgebietes Plessenteich im bayerischen Landkreis Neu-Ulm am frühen Morgen eine Gesellschaftsjagd durchgeführt. 33 Jagdausübungsberechtigte sind dazu mit etwa 15 Hunden gegen 6 Uhr in dem Fauna-Flora-Gebiet (FFH-Gebiet), das Teil des geschützten Landschaftsbestandteils „Illerschleife nördlich von Gerlenhofen“ ist, zusammengekommen. Anwohner aus nahegelegenen Ortschaften sind durch den Lärm von vermutlich hunderten Schüssen um etwa 6 Uhr 07 aus den Betten gefallen. Vögel flogen schreiend über ihre Häuser.

Kiebitz am Plessenteich in Neu-Ulm
Am Plessenteich wurden schon über 230 Vogelarten gesichtet. Der Kiebitz ist wie viele andere Vögel hier ein Zugvogel. Bild: Dr. Martin Steverding

Wildtierschutz Deutschland hat die Jagdgesellschaft nun bei der zuständigen Staatsanwaltschaft angezeigt. Zwar ist die Jagd in dem FFH- und Vogelschutzgebiet nicht grundsätzlich verboten, sie hat aber ordnungsgemäß und rechtmäßig zu erfolgen. Das war allerdings nicht der Fall.


Das entscheidende Fehlverhalten der gesamten Jägerschaft ist der Beginn der Jagd zu einem Zeitpunkt, zu dem das korrekte Ansprechen der auffliegenden Vögel insbesondere aufgrund der Sichtverhältnisse nicht möglich war. Die jagdbare Graugans war z.B. von der nicht jagdbaren Nonnengans nicht zu unterscheiden. Das Ansprechen ist aber – wie der Deutsche Jagdverband in seiner Position zur Weidgerechtigkeit feststellt – eine unabdingbare Voraussetzung für die ordnungsgemäße Ausübung der Jagd. Die Jagd hätte gem. der im Internet abrufbaren Büchsenlichtkalender wegen der Dunkelheit frühestens zwischen 6 Uhr 20 und 6 Uhr 25 beginnen dürfen. Da war die Jagd aber schon vorbei. Das Ergebnis von 33 Jägern, 15 Hunden und hunderten Schuss Schrotmunition: 10 Wildgänse – und ein riesiger Schaden für die Tierwelt, die Umwelt, und last but not least … die Jägerschaft selbst.


Wildtierschutz Deutschland liegen verlässliche Zeugenaussagen sowohl zum Beginn der Jagd als auch zum Zeitpunkt des Abzugs der Jäger vor.

Laubfrosch am FFH-Gebiet Plessenteich in Neu-Ulm
In den ausgiebigen Flachwasserzonen sind Erdkröten, Wasser- und Grasfrösche sowie der seltene Laubfrosch zu sehen und zu hören. Ebenso wie Berg- und Teichmolche profitieren sie besonders von den zahlreichen Kleingewässern, die rund um den Plessenteich angelegt wurden. Bild: Martin Thierer-Lutz

Die Tötung eines Wirbeltieres stellt das Tierschutzgesetz für den Fall unter Strafe, dass die Tötung ohne vernünftigen Grund erfolgt. Ein solcher wird allgemein dann angenommen, wenn ein Tier im Rahmen der Jagd getötet wird, da die jagdrechtliche Tötung eines Tieres eben den vom Gesetz verlangten vernünftigen Grund für die Tötung darstelle. Dies gilt jedoch nur dann, wenn hierbei sämtliche jagdrechtlichen Vorschriften eingehalten werden und die Jagd insbesondere weidgerecht erfolgt. Diesem gesetzlichen Anspruch wurde die oben beschriebene Jagd offensichtlich nicht gerecht. Die Tötung von 10 Graugänsen verstieß gegen die anerkannten Grundsätze deutscher Weidgerechtigkeit und damit auch gegen das Bundesjagd- und das Tierschutzgesetz.


Schon um verlorengegangenes Vertrauen wiederherzustellen empfehlen wir den zuständigen Behörden und Verbänden darauf hinzuwirken, die rechtlichen Konsequenzen durchzusetzen und allen Teilnehmern der Jagd am Plessenteich die Jagdscheine zu entziehen.

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