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  • Lovis Kauertz

Polder im Odertal geflutet - Ortstermin mit dem Gericht


Update 2. März, siehe unten.


Obwohl die Schneeschmelze und damit das eigentliche Hochwasser noch nicht eingesetzt haben, sind die Polder des Nationalparks Unteres Odertal schon weitgehend geflutet, lediglich in der Höhe von Criewen im Landkreis Uckermark gibt es noch einige größere trockene Bereiche. Beobachter berichten, dass Zäune fast vollständig unter Wasser stehen und keine Tiere mehr zu sehen sind.


Reh im Hochwasser im Nationalpark Unteres Odertal
Dieses weibliche Reh ist tragend. Das Risiko an Unterkühlung und Erschöpfung zu sterben ist groß. Es gibt kaum einen Weg aus dem Hochwasser. Bild: Enrico Rahn

Indes haben die Deutsche Juristische Gesellschaft für Tierschutzrecht (DJGT) und Wildtierschutz Deutschland gemeinsam mit den klageberechtigten Naturschutzorganisationen BUND Brandenburg, Freier Wald und Waldkleeblatt – Natürlich Zauche weitere rechtliche Schritte gegen den Landkreis Uckermark eingeleitet. Dazu Rechtsanwältin Eva Biré aus Berlin: „Der Landkreis hat seinen Tierseuchenallgemeinverfügungen fehlerhafte Rechtsbehelfsbelehrungen beigefügt. Das eröffnet meinen Mandanten ganz neue rechtliche Möglichkeiten.“ Die Widerspruchsfrist erweitere sich damit von bisher vier Wochen auf nun zwölf Monate. Dadurch sind die Organisationen jetzt in der Lage, auch weiter zurückliegende Bescheide anzufechten.


„Die Naturschutzorganisationen haben nun Widerspruch erhoben gegen den Bescheid, der dem östlichen ASP-Zaun an der Oder zugrunde liegt. Ebenso gegen einen neuen Bescheid des Landkreises Uckermark aus Februar 2022, mit dem dieser die Errichtung weiterer Zäune im südlichen Teil des Nationalparks anordnet. Ihre Eilanträge beim Verwaltungsgericht Potsdam haben die Organisationen dementsprechend angepasst und reklamieren nun ausführlich die rechtlich zwingende, aber vorsätzlich unterlassene Prüfung der Verträglichkeit der Zäune mit dem Fauna-Flora-Habitat Unteres Odertal. Sie fordern jetzt den vollständigen Rückbau dieser Zäune im Nationalpark,“ ergänzt Lovis Kauertz von Wildtierschutz Deutschland. Das Bundesnaturschutzgesetz schreibt die sogenannte FFH-Verträglichkeitsprüfung für besonders schützenswerte Natur, wie sie in diesem einzigartigen Europäischen Vogelschutz- und Natura 2000-Gebiet gegeben ist, vor. Auf diese Prüfung kann rechtlich nicht verzichtet werden. Die Unterlassung der FFH-Prüfung kann auch strafrechtliche Konsequenzen nach sich ziehen. In Sachen FFH-Prüfung in der Uckermark hatte Wildtierschutz Deutschland bereits im Januar eine Beschwerde gegen die Bundesrepublik Deutschland an die Europäische Kommission gerichtet.


Das Verwaltungsgericht hat zu einem Ortstermin am 2. März (Update, siehe unten) geladen. Die Landrätin regt eine gütliche Beilegung des Rechtsstreits an. „Ob wir uns auf einen Vergleich einlassen, hängt sehr davon ab, inwieweit die Landrätin auf unsere Forderung eingeht. Wir halten uns allerdings offen, hier einen Präzedenzfall für Deutschland in Sachen Naturschutz kontra Seuchenschutz zu schaffen“, kündigt Anwältin Biré an. „In Deutschland stehen mittlerweile zu viele Zäune, die die Afrikanische Schweinepest nicht wirksam aufhalten.“

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Update 2. März zum Zaunbau Unteres Odertal / Ortstermin: Unsere Rechtsanwältinnen haben am 2. März 2022 den Verhandlungstermin mit dem Gericht und dem Landkreis in Schwedt wahrgenommen. Anwesend waren der Richter und seitens des Landkreises die Landrätin, der Amtsleiter Recht und zwei Amtsveterinäre. Zu einer Ortsbesichtigung ist es nicht gekommen.


Weder seitens des Gerichts noch seitens der Vertreter des Landkreises kamen konkrete rechtliche Argumente, die gegen unsere Anträge zum Abbau der rechtswidrigen Zäune im Nationalpark sprechen. Man hat lediglich auf das Tierseuchenrecht verwiesen.


Als „Vergleich“ hat man uns die bereits am 17. Februar beschlossene und verkündete Öffnung des Polder A in der Höhe von Criewen angeboten, was völlig inakzeptabel ist. Es ist während der Sitzung zu keinem Beschluss gekommen. Der Landkreis hat nun bis zum 9. März Zeit, unsere Anträge zu erwidern.


Es ist absehbar, dass wir mit einem schnellen Ergebnis nicht rechnen können. Es wird sich also zunächst an der Situation im Nationalpark Unteres Odertal nichts ändern. Vielmehr wird sich die Lebensraumqualität innerhalb des Natura 2000-Gebietes, welches auch Europäisches Vogelschutzgebiet ist, von Tag zu Tag weiter verschlechtern.


Bei einem ablehnenden Beschluss werden wir uns – abhängig von der Begründung des Gerichts und vorausgesetzt, dass BUND, Freier Wald und Waldkleeblatt uns weiterhin unterstützen – an das Oberverwaltungsgericht wenden.


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