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Warum werden Dachse bejagt?

  • Dr. Martin Steverding
  • 29. Apr.
  • 3 Min. Lesezeit

Zweifellos gehört der Dachs zu den weniger bekannten heimischen Wildtieren. Obwohl er weit verbreitet ist, wissen viele Menschen nicht, wie er aussieht und die wenigsten haben ihn jemals gesehen. Die nächtliche Lebensweise und eine gehörige Portion Jägerlatein tragen dazu bei, dass der Dachs ein wenig geheimnisumwittert ist und dass die Vorstellungen über ihn oft ins Kraut schießen.

Die fünf Dachse am Bau sind soziale und gesellige Tiere
Dachse sind sehr soziale Tiere, die in Familienverbänden leben und untereinander viel Körperkontakt haben, häufig kuscheln und spielen. Bild: berndtfischer.de

Man hört die Geschichten von großen Schäden für die Landwirtschaft, von untergrabenen Bahnschienen und Straßen oder von getöteten Jagdhunden und manch ein Gerücht besagt, dass Dachse aggressiv und gefährlich seien. Was ist dran an all diesen Erzählungen?


Der Dachs ist die größte heimische Art aus der Marderfamilie. Er kann rund 15 kg schwer werden und erinnert mit seiner sehr kräftigen Statur ein wenig an einen Miniaturbär. Neben seiner massigen Gestalt mit den kurzen Beinen ist sein Markenzeichen der schwarzweiß gestreifte Kopf. Dachse sind wahre Meister in zwei Disziplinen: Im Schnüffeln und im Buddeln.


Die Dachsnase ist eine der besten unter den heimischen Säugetieren, sie nimmt Gerüche mehrere Hundert mal besser war als die des Menschen. Ein solches Riechvermögen ist für uns kaum vorstellbar, Dachse sehen förmlich mit der Nase. Sie riechen vermutlich fast jedes Objekt, ob Bäume, Steine, die verschiedenen Bodenbeschaffenheiten und natürlich die Nahrung. Diese ist sowohl tierisch als auch pflanzlich, Dachse sind Allesfresser. Oft sind Regenwürmer eine wichtige Grundlage, daneben werden Insekten, Mäuse und viele andere kleine Tiere, sowie Obst, Beeren, Wurzeln oder auch junge Maiskolben gefressen. Um an Letztere zu gelangen, „fällen“ sie die Maispflanzen. Die Schäden halten sich aber in engen Grenzen und betreffen allenfalls wenige Quadratmeter des Feldes.


Dachse sind Profis im Tiefbau. Ihre Baue sind unterirdische Labyrinthe aus Tunneln und Kammern, die ständig gepflegt und ausgebessert werden. Bewohnte Dachsbaue sind Dauerbaustellen, meistens liegen vor den Eingängen beachtliche Mengen von frisch ausgehobenem Erdreich. Die Untergrundburgen werden über viele Generationen, oft Jahrzehnte oder gar Jahrhunderte lang bewohnt. Da nie das gesamte System gleichzeitig genutzt wird, siedeln sich häufig Füchse oder andere Tiere in den Seitentrakten an. Fuchs und Dachs können in größeren Bausystemen gut miteinander koexistieren. Die Dachse halten ihr unterirdisches Reich ständig sauber und gehen zur Toilette immer nach draußen. Sie polstern die Kammern mit reichlich weichem Pflanzenmaterial wie Farnblättern, Gras und Moos aus, das sie stets im Rückwärtsgang, mit dem Hintern voran, in ihre Höhle transportieren.


Dachse sind sehr soziale Tiere, die in Familienverbänden leben und untereinander viel Körperkontakt haben, häufig kuscheln und spielen.


Dachsbaue liegen meistens im Wald abseits von Landwirtschaftsflächen, so dass Konflikte mit einbrechenden Traktoren oder Maschinen selten sind. Stark in den Medien präsent war eine untergrabene Bahnlinie in Nordrhein-Westfalen, aber auch das war eine seltene Ausnahme. Den soliden Schotterdämmen moderner Bahntrassen können buddelnde Dachse wenig anhaben.


Allein die Seltenheit einer Begegnung zeigt schon, wie sehr Dachse den Menschen aus dem Weg gehen, obwohl sie in weiten Teilen Deutschlands gar nicht selten sind. Sie können aber durchaus nachts in Gärten kommen und das eine oder andere Beet durchwühlen. Damit ist aber auch schon das „Konfliktpotenzial“ mit dem Dachs benannt. Kein Mensch braucht vor dem Dachs Angst zu haben, vielmehr sollte man sich über jede Begegnung mit der heimlichen Schnüffelnase freuen.

Drei Dachse im Wald, hohe Jagdstrecke bei der Hobbyjagd

Leider sterben sehr viele Dachse durch den Straßenverkehr. Mancher Straßenabschnitt kann sich zu einer wahren Todesstrecke entwickeln, auf dem immer wieder Dachse umkommen. Ganz besonders setzt dem Dachs die Jagd zu. Bundesweit werden jährlich mehr als 80.000 Dachse geschossen, unter den Bundesländern ist Bayern trauriger Spitzenreiter mit einer Rekordstrecke von mehr als 26.000 Dachsen im Jagdjahr 2023/24, gefolgt von Baden-Württemberg mit mehr als 11.000 und Niedersachsen mit knapp 10.000 von Jägern getöteten Dachsen. Vor allem in Bayern und Niedersachsen ist die Dachsstrecke in den vergangenen 10 Jahren deutlich gestiegen (Zahlen des Deutschen Jagdverbandes).


Jagd auf Dachse hat eine lange Tradition, was sich schon am Namen „Dachshund“ für den Dackel erkennen lässt. Die Jagd im Dachsbau ist in der Tat für den Hund lebensgefährlich. Dachse fühlen sich in ihrer unterirdischen Burg am sichersten, sie sind kaum zu einer Flucht nach draußen zu bewegen. Stattdessen setzen sie sich zur Wehr und töten dabei manchen Jagdhund – somit ist dies das einzige der oben genannten Gerüchte mit Wahrheitsgehalt.


Was aber hat ein Jagdhund im Dachsbau zu suchen und weshalb tötet man überhaupt Dachse? Die Gewinnung von Dachsschinken oder Dachsfett und die Herstellung von Rasierpinseln aus Dachshaaren sind keine vernünftigen Gründe, die eine Tötung dieser Tiere vor dem Tierschutzgesetz rechtfertigen würden. Die durch Dachse entstehenden Konflikte oder Schäden sind selten wirklich relevant. Die Jagd auf Dachse ist eine überkommene Tradition, die gegen das Tierschutzgesetz verstößt, ethisch nicht zu verantworten ist und weder ökologisch Sinn macht noch zur Vermeidung von Konflikten beiträgt. Sie ist eine verabscheuungswürdige Freizeitbeschäftigung, die endgültig verboten werden muss.

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Warum in Rheinland-Pfalz Dachse bejagt werden? Dazu das Ministerium: "Grimbart fällt auf, weil er Grabsteine umstürze und Grabbepflanzungen verwüstet". Mehr dazu hier.

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