Offenes Schreiben an die Redaktion Rundblick Niedersachsen:
Moin Herr Dr. Wallbaum,
im heutigen Rundblick lese ich das u.a. das Folgende:
"Die Naturschutzregeln werden aufgeweicht: Bisher ist im Bundesnaturschutzgesetz geregelt, dass zum Schutz von Fledermäusen, seltenen Vogelarten, Brut- und Raststätten ein Mindestabstand von regulär etwa 1000 Metern zu Windkraftanlagen eingehalten werden muss.
Gerade in der CDU gibt es nun Stimmen, sich für eine Abschwächung dieser Vorschrift im Bundesgesetz einzusetzen – anstelle der Muss- soll eine Kann-Regelung eingeführt werden. Dies hätte zur Folge, dass neue Windkraftanlagen näher an Naturschutzflächen heranrücken dürfen.
Die Ausweitung der Windkraft würde in diesem Fall zu Lasten von Natur- und Artenschutz gehen."
Das ist unzutreffend: Das Bundesnaturschutzgesetz kennt keinen "Mindestabstand regulär etwa 1000 Metern zu Windkraftanlagen zum Schutz von Fledermäusen, seltenen Vogelarten, Brut- und Raststätten"
Windräder in unmittelbarer Nähe von Brut- und Raststätten. Bild: Eilert Voß
Abstandsempfehlungen, unverbindlich und auch nicht eingehalten, gibt es im "Leitfaden Umsetzung des Artenschutzes bei der Planung und Genehmigung von Windenergieanlagen in Niedersachsen" (2016), in denen lediglich "Prüfradien" für verschiedene Arten empfohlen werden. Die "Arbeitshilfe Naturschutz und Windenergie Hinweise zur Berücksichtigung des Naturschutzes und der Landschaftspflege bei Standortplanung und Zulassung von Windenergieanlagen (Stand: Oktober 2014)" des Niedersächsischen Landkreistages gibt auch nur Abstandsempfehlungen für verschiedenen Arten an.
Es ist eben alles "Gummi" im Sinne der Windenergiewirtschaft. Der Artenschutz wird nun dank Umweltminister (!) Olaf Lies weiter unter die Windräder geraten, als zeitgeistiges Vehikel dient der imaginäre "Klimaschutz" durch Windkraftanlagen, die aber nur wetterabhängig funktionieren, deshalb heißen sie so. Ich hoffe, dass Niedersachsen bei der geplanten Aufweichung des Artenschutzes an den Natura-2000-Richtlinien der EU scheitern wird.
Ich dachte bisher immer, der inzwischen verstorbene ehemalige Umweltminister Hans-Heinrich Sander (FDP) wäre ein Totengräber des Naturschutzes gewesen, Olaf Lies gräbt aber noch viel tiefer, aber mit immer freundlichem Gesicht. Die vielzitierte Förderung der "Biodiversität in Niedersachsen ist nur makulatur, Fensterreden, mehr nicht. Die fördergeldabhängigen Naturschutzverbände in Niedersachsen sind m.E. keine große Hilfe, weil handzahm.
Ein Beispiel der Missachtung der gesetzlichen Vorgaben findet man im Skandal-Windpark Utgast/Samtgemeinde Esens im LK Wittmund, der direkt an einem EU-Vogelschutzgebiet (V63, Ostfriesische Seemarschen von Norden bis Esens) kürzlich viel zu dicht repowert wurde. Alle fachlichen Empfehlungen wurden missachtet, die vorgeschriebenen Datenerfassungen von Vögel und Fledermäusen vor der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung weitgehend ignoriert. Nichts kam von den "anerkannten" und damit klagebefugten Naturschutzverbänden. Im Vogelschutzgebiet wurde zudem eine Umgehungsstraße (Bensersiel) illegal gebaut. Das ist die
Naturschutzwirklichkeit in Niedersachsen! Mehr hier.
Vielleicht können Sie den zitierten Beitrag ja berichtigen.
Freundliche Grüße, MK
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