Die Rückkehr des Wolfes scheint die Gesellschaft zu spalten, doch real halten fast 80 Prozent der Bevölkerung seine Rückkehr für erfreulich, befürworten diese, auch wenn sie teilweise Konflikte hervorruft.
Abgelehnt wird der Wolf vor allem von Menschen, die mit ihm um Wild und potenziell um Nutztiere als Ressource konkurrieren. Gemeint sind Jägerschaft und Nutztierhalter. Aus deren Reihen wird im täglichen Diskurs in den Medien auch immer wieder die Frage nach dem Nutzen des Wolfes gestellt, vor allem mit dem Verweis, dass es eben auch 150 Jahre ohne diesen gegangen ist.
Warum ist der Wolf zurückgekehrt? Weil der „Tisch“ in unseren Wäldern für ihn reich gedeckt ist. Es ist die Jagd selbst, die bewusst und ganz gezielt, jahrzehntelang für ständig wachsende Populationen von Paarhufern wie Wildschwein, Reh und Rothirsch gesorgt hat, durch hohen Jagddruck, durch Fütterungen (Überhege). Dazu wurden in der Vergangenheit stellenweise auch noch Mufflon, Dam- und Sikahirsche in Deutschland eingeführt. Eine rücksichtsloses und egoistisches Vorgehen, um eigene Jagdziele mit einem hohem Wildbestand zu verfolgen.
Warum aber brauchen wir den Wolf, der Jäger könnte doch die Wildtiere selbst dezimieren? Dazu hatte er jahrzehntelang Gelegenheit, die Abschusszahlen sind dabei immer stetig gestiegen, vor allem bei Wildschwein und Reh. Doch je höher der Jagddruck, umso mehr gleichen die Wildtiere dies mit gesteigerten Geburtenzahlen wieder aus (Reproduktion). Gerade beim Wildschwein sind Jäger mit ihrem Latein am Ende, ihr Management hat versagt, sie zerschießen soziale Strukturen und kurbeln so die Reproduktion weiter an. Mittlerweile werden Wildschweine mit großen Käfigfallen und nicht tierschutzkonformen Saufängen gefangen, um sie anschließend zu töten.
Der Wolf jagt natürlich und vor allem nachhaltiger, er wählt nicht starke und gesunde Tiere aus und legt auch keinen Wert auf großes Gewicht und große Geweihe, er ist schlicht kein Trophäenjäger.
Vor seiner Ausrottung übernahm der Wolf eine wichtige Funktion im Ökosystem, ohne ihn sind Ökosysteme deutlich unvollständiger. In einem Ökosystem beeinflussen sich Tiere und ihre Lebensräume wechselseitig. Es sind die Abhängigkeitsverhältnisse der Arten untereinander, welche eine Lebensgemeinschaft ergeben und damit ein dynamisches, biologisches Gleichgewicht erst ermöglichen und auch Ökosystemleistungen, die erst durch die Anwesenheit des Wolfes entstehen. So haben sich Beute und Beutegreifer in der Evolution in einem Wechselspiel entwickelt und Einfluss auf die Natur in ihrem Umfeld gehabt.
Es ist wichtig zu wissen, dass die Anzahl der Arten in einem Lebensraum die Stabilität des Gefüges entscheidend beeinflussen. Je mehr Arten also in ihnen vorkommen, umso stärker, um so widerstands- und überlebensfähiger ist dieses Gefüge.
Der Wolf ist ein wichtiger, ja elementarer Bestandteil dieser Wechselbeziehungen. Er ist wie der Fuchs vor allem die Gesundheitspolizei in Wald und Flur. Er verhindert ein schnelles Ausbreiten von Krankheitserregern innerhalb der Beutegemeinschaft. Nur starke und gesunde Tiere pflanzen sich daher fort und sorgen so wiederum für gesunden, starken Nachwuchs. Er beeinflusst auch das Raumverhalten seiner Beutetiere, was Einfluss auf deren Ökosystemleistungen hat.
Das Ergebnis von Studien, dass Wolfsreviere so gut wie frei von Schweinepest sind, ist keine sonderliche Überraschung, denn Wölfe reißen als erstes immer gehandicapte, kranke Tiere. Wölfe töten und jagen vor allem alte, kranke und schwache Tiere, die leichte Beute sind. Oder eben Jungtiere, denn Wölfe jagen lieber Frischlinge, als sich mit wehrhaften Wildschweinen anzulegen, so eine Nahrungsanalyse des Senckenberg Instituts.
Auch beim Rotwild reißen Wölfe eher junge und alte Tiere. Die Hauptproduktionsträger werden dagegen deutlich seltener gefressen. Die Wild-Population kann somit im Gleichgewicht bleiben.
Von den Resten seiner gerissenen Beutetiere profitieren weitere Aasverwerter, wie kleinere Beutegreifer, Greifvögel, wie der Habicht oder der Seeadler, Eulenarten und Insekten. Einige Käfer arbeiten Reste vom toten Tier in den Boden ein, andere nehmen Aas auf und fliegen weiter. Was übrig bleibt wird von Mikroorganismen wie Pilzen und Bakterien zersetzt – übrig bleibt nährstoffreicher Boden. „Wo der Wolf läuft, wächst der Wald!“
Der Wolf ist kein Problemlöser im eigentlichen Sinne und Verbiss an jungen Bäumen oder Schälschäden haben vor allem auch mit der Art und Weise sowie der Intensität der Jagd zu tun. Doch zeigt sich insbesondere auf Truppenübungsplätzen ein Wandel. Hier betreibt der Bundesforst eine nachhaltige Forstwirtschaft ohne monetäre Zwänge und dessen Monitoring zeigt auf, dass durch den Wolf eine Übernutzung verhindert wird, dass der Anteil von geschälten oder verbissenen Pflanzen deutlich zurück gegangen sind. Nicht zuletzt sei erwähnt, dass Wölfe durchaus den Tourismus ankurbeln und damit die Region stärken können.
Die Wechselwirkungen zwischen Großraubtieren, großen Pflanzenfressern und dem Wald sind sehr komplex und vielschichtig. Wölfe sind im Vergleich zum jagenden Menschen nachhaltige Jäger, aufmerksame Wächter ihres Territoriums und wie erwähnt, eben keine Problemlöser für vom Menschen gemachte Problemfälle und Katastrophen. Deren Einfluss auf das ökologische Gleichgewicht ist durch Faktoren wie die Forst- und Landwirtschaft, Jagd und Zersiedelung exorbitant hoch. Wölfe sind aber für eine gute Koexistenz geeignet, das beweist z.B. der Bundesforst auf dem TÜP Munster Süd eindrucksvoll.
Die wahren Ökosystemleistungen von Wölfen lassen sich leichter in naturnahen Ökosystem bewerten, er wäre aber auch in unserer Natur um ein vielfaches höher, wenn der Einfluss des Menschen in Wald und Flur deutlich minimiert werden könnte.
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