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  • Margareta Rochlage

Brekkis sind out - Weihnachtsgeschichte mal anders

Vor gewissen Geschenken sollte man sich hüten. Dazu zählt etwa ne zwei Meter hohe, besonders kräftig gebaute Nordmann-Tanne - ohne mitgeliefertes Personal. Ein Ding der Unmöglichkeit bzw. eine stundenlange Schlacht, den Baum durch die Wohnung zu schleppen, anzupassen und aufzurichten. Zwischenstand: Verschwitzt und verharzt. Dabei handelte es sich bei Baum im Lot doch nur um die erste Etappe. Nebenschäden mal ausgeklammert.

An diesem Heiligabend war’s jedenfalls arg spät, bis die Kerzen endlich brannten und ich einfach nur auf den nächsten Stuhl sank. Jakob hatte die ganze Zeit über zugeschaut, scheinbar desinteressiert oder gelangweilt. Aber in dem Moment, als das Werk „vollbracht“ war, sprang er auf meinen Schoß.

… Und ich fing unwillkürlich an, meinem Kater die Weihnachtsgeschichte zu erzählen. In epischer Breite. So, wie ich sie selbst noch nie gehört hatte. „Du musst dir das mal vorstellen, es gab ja damals keine Autos. Maria und Josef waren sehr arm, konnten sich weder Kutsche noch einen Eselkarren leisten. Hochschwanger 70 Kilometer von Nazareth nach Bethlehem zu Fuß. Durch’s Gebirge auf schmalen Pfaden. Zu der Zeit lebten gar dort noch große Raubkatzen.“

Weihnachtsgeschichte, mal anders

Bild: Maria Shanina, Unsplash

Jakob seufzte, ließ mich weiter reden. Die Ablehnung des Paares in der Herberge fand er wenig skandalös, eigentlich döste er permanent schnurrend auf meinem Schoß. Bis zu dem Moment, als es um den Stall und die dort Anwesenden ging. „Sie mussten in den Stall ausweichen, weil sie nirgends sonst Platz fanden. Außer Maria und Josef, dem Jesuskind waren dort nur ein Ochse und ein Esel.“

Das „schlafende“ Tier schoss hoch und funkelte mich wütend an. „Oh, du hast Recht, kein Stall ohne Katze, vermutlich waren gar deine Ahnen dabei, bist als Kartäuser ja ein syrischer Bergkater.“ Zustimmendes Schnauben, er rollte sich wieder zusammen, die Geschichte nahm ihren Lauf. Bis zur nächsten Panne, Engeln, die auf dem Feld den Hirten erschienen. „Bitte, Jakob, das verstehst du wirklich nicht, Engel kann ich dir unmöglich erklären.“ Er richtete sich empört auf, schaute mir direkt in die Augen. Meine Überzeugung bekam merkliche Risse, Nachdenklichkeit. „Na klar, ich begreife es jetzt. Du kannst Engel sehen, aber ich nicht?“ Monsieur war sehr zufrieden mit meiner Erkenntnis, und ich durfte ohne jede Beanstandung von der Flucht nach Ägypten, den Sandstürmen auf dem Sinai berichten. Wir kamen gar noch bis zur Taufe im Tempel, dem greisen Simeon und seinem „Nunc dimittis“.

Geschlagene zwei Stunden Weihnachtsgeschichte - das hätten sich die Besucher der Christmette kaum gefallen lassen. Die Kerzen waren derweil runtergebrannt und nichts wie zuvor. Mein Kater konnte Engel sehen. Ich beobachtete ihn fortan verstohlen, um vielleicht zu erkennen, wann genau.

Kater Jakob

arrh ... komm einem syrischen Bergkater nicht mit Brekkis!

Inzwischen ist Jakob längst bei den Engeln im Himmel, garantiert nicht in einer besonderen Abteilung für Katzen, wir wollen uns doch wiedersehen. Ironie des Schicksals: Vor dem diesjährigen Fest hält mich seine Lieblingsbeute auf Trab. Niederkunft an Heiligabend nicht ausgeschlossen. Sie heißt Teresia, also die Maus im Kofferraum meines Wagens. Zuerst ernährte sie sich wohl vom dort aufbewahrten Katzen-Trockenfutter. Mittlerweile haben wir uns durch diverse Alternativ-Angebote auf Ölsaaten, Nüsse, Käse geeinigt. Interessante Methode, mir zu erklären, dass Brekkies nun out sind. Teresia riss kleine Schnipsel von einer Zeitung und deckte das Katzenfutter damit komplett zu. Die liebevoll gerichtete „Wurfkiste“ lehnte sie allerdings bisher ab, bevorzugt zum Nestbau das Stroh einer ehemaligen Strand-Matte. Aber egal, wie man rechnet, Weihnachten ist als Termin sehr wahrscheinlich. Von 19 bis 21 Tagen Trächtigkeit lebt sie bereits 14 im Auto. Wenn man die Ankunftszeit mit einem kleinen Karton aus dem Keller assoziiert. Oder sie kann besonders gut springen, ist unbemerkt reingehopst.

Irgendwann steht halt ein Auszug an, jetzt schon kaum noch Platz im Kofferraum vor lauter Mäuse-Brimborium. Das fehlte noch, Anfang 2018 zum Tierheim zu fahren: „Könnten Sie freundlicherweise die Familie der Minis aus dem Auto holen? Nein, Vorbesitzer unbekannt bis unwahrscheinlich. Eindeutig ohne Chip zugelaufen.“

Woher denn, so schrecklich darf die Weihnachtsgeschichte nicht enden. Wer weiß, vielleicht wird Teresia Benedicta ja mit jeder Futter-Lieferung zutraulicher, lässt sich samt Nachwuchs in einer warmen Nachbar-Scheune - Grassamen zuhauf - unterbringen.

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