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Baujagd und Schliefenanlagen halten rechtlicher Überprüfung nicht stand (Teil 1)

Hören | Eine der wohl meist kritisierten Jagdmethoden ist die Baujagd, bei der vor allen Dingen Fuchs und Dachs mit der Hilfe von Teckeln oder Terriern am Bau bejagt werden. Tierschutzrelevant ist die Baujagd selbst und im Rahmen der Baujagd das Training und die Prüfung der Eignung entsprechender Hunde in sogenannten Schliefenanlagen (auch Schliefanlagen) sowie die nicht artgerechte Unterbringung von Füchsen, die oft der Natur entnommen werden.

Im ersten Teil zu diesem Thema nehmen wir wie folgt Stellung zur Baujagd:

 

Baujagd

Die Baujagd wird hauptsächlich im Winter während der Paarungs- und der beginnenden Setzzeit der Füchse (November bis Ende Februar) durchgeführt[1] und funktioniert so: Die Jagdausübungsberechtigten positionieren sich mit ihren Flinten in der Nähe der Ausgänge des Fuchs- oder des Dachsbaus. Der Erd- oder Bauhund (ein Teckel oder kurzbeiniger Terrier) hat die Aufgabe in den Bau vorzudringen, um die dort verweilenden Tiere zur Flucht aus der manchmal weit verzweigten Höhle zu zwingen.

 

Die Setzzeit der Füchse beginnt inzwischen früher als noch von einigen Jahrzehnten. In den letzten Jahren wurden immer wieder Fuchswelpen schon im Februar, sogar Ende Januar in Wildtierstationen eingeliefert.[2] Sind Welpen im Bau, versucht z.B. die Füchsin ihren Nachwuchs zu verteidigen. Häufig kommt es dann zu Beißereien, bei denen auch der Hund schwer verletzt werden kann. Kommt ein Fuchs aus dem Bau, feuern die draußen wartenden Jäger Schrotsalven auf ihn ab. Gibt der Fuchs im Bau nicht nach, wird er entweder vom Jagdhund totgebissen oder der Bau wird von den Jägern aufgegraben und der Fuchs mit einer stählernen Fuchszange gepackt und aus dem Bau gezerrt.

 

Immer wieder kommt es vor, dass die häufig Jahrzehnte alten Zufluchts- und Lebensstätten von Wildtieren im Rahmen der Baujagd zerstört werden. Jagdzeitschriften berichten über diese Szenarien:


  • Der Hund hat einen Fuchs gestellt und verbellt ihn, ohne dass einer der beiden nachgibt. Oft wird erst eingegriffen, wenn ein Hund mindestens fünf oder sechs Stunden weg ist.[3] Der Grund für das Eingreifen liegt dann schlicht darin, die Baujagd zu einem Ende zu bringen.

  • Eine Röhre ist eingestürzt, der Hund wurde verschüttet oder der er wurde „verklüftet“, also die Röhre wurde durch Grabaktivitäten von Wild bzw. Hund von innen zugegraben.[4]


Ist man mit dem Spaten nicht erfolgreich, kommt auch schon mal ein Kleinbagger zum Einsatz. Besonders für eine Füchsin und ihre Welpen ist der Bau ihr letzter, vermeintlich sicherer Rückzugsort. Ausgerechnet dort, wo die Tiere am verletzlichsten sind, und zu einer Zeit, wo Welpen kurz vor der Geburt stehen oder bereits da sind, werden sie durch die Baujagd brutal verfolgt. Die Füchse sind dabei lang anhaltenden Leiden ausgesetzt.

 

Da die Baujagd auch während der beginnenden Setzzeit ab Januar stattfindet, wird das Töten hochtragender oder zur Aufzucht erforderlicher Elterntiere von Baujägern billigend in Kauf genommen.

 

1.      Effizienz der Baujagd

Tatsächlich ist die Baujagd – wie Befürworter dieser hochgradig tierschutzrelevanten Jagdmethode behaupten – wohl hocheffizient. Allerdings lediglich in Bezug auf die Erfolgsquote der getöteten Rotfüchse am bejagten Bau. Denn kaum ein Fuchs kann den Baujägern entkommen. Entgegen der Regeln der Weidgerechtigkeit tendieren die Fluchtchancen des Fuchses bei der Baujagd gegen Null. Dazu gleich mehr.


Im Rahmen der Fuchsjagd in Deutschland insgesamt spielt die Baujagd kaum eine Rolle. Aktuelle Zahlen zum Anteil der Baujagd an der gesamten Fuchsstrecke liegen uns ausschließlich aus NRW vor (hier werden nach Bayern und Niedersachsen die meisten Füchse getötet). Dort wird der Anteil der im Rahmen der Baujagd erlegten Füchse mit 1,5 bis 2,3 Prozent der Fuchsstrecke angegeben (ohne Fallwild).[5] Bezogen auf NRW mit ausgewiesenen Strecken von etwa 46.000 Füchsen in den Jagdjahren 2021/22 und 2022/23 (ohne Fallwild) sind das gerade einmal 690 bzw. 1.058 Füchse. Schon der Vergleich mit 3.280 bzw. 3.044 dort als Fallwild erfassten Füchsen indiziert, dass die im Rahmen der Baujagd ausgewiesene Fuchsstrecke keine Bedeutung für eine ökologische Stabilisierung gefährdeter Beutetierarten des Fuchses haben kann. Unterstrichen wird das durch die trotz intensiver Fuchsjagd kontinuierlich zurückgehenden Bestände der Bodenbrüter.


2.      Tierschutzrechtliche Aspekte der Baujagd

 

a)      Zeitraum der Ausübung der Baujagd

Die Baujagd beginnt mit Beginn der Paarungszeit der Füchse im November und endet erst Ende Februar, wenn viele Fähen hochträchtig sind oder bereits Welpen gesetzt haben. Entsprechende Meldungen zu Geburten im Februar und sogar im Januar werden dem Aktionsbündnis Fuchs[6] seit einigen Jahren regelmäßig zugetragen.[7]


§ 22 Abs. 4 Satz 1 BJagdG bestimmt, dass zur Aufzucht notwendige Elterntiere während der Zeit, in der die Tiere ihre Jungen zur Welt bringen (Setzzeit) bis zum Selbständigwerden der Jungtiere nicht bejagt werden dürfen (sogenannter Elterntierschutz). Vor dem Fuchsbau stehend ist es den Jagdausübungsberechtigten aber kaum möglich verlässlich festzustellen, ob im Bau bereits eine Fähe mit ihren Welpen verweilt.


Sind aber die Fuchswelpen bereits geboren, wird aus der Durchführung der Baujagd ein Straftatbestand gemäß § 38 Abs. 1 Nr. 3 BJagdG. Bereits die Bejagung kann mit einer Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe belegt werden. Selbst wenn die Welpen noch vor einem Elternteil vom Hund totgebissen, vom Jagdausübungsberechtigten erschlagen oder erschossen werden – das wäre ein Umgehungstatbestand – liegt ein Verstoß gegen die Elternschonzeit vor,[8] der in aller Regel jedoch aus Mangel an Zeugen nicht gerichtsfest nachgewiesen werden kann.

 

Auch ohne Berücksichtigung des Elterntierschutzes stellt sich die Frage, inwieweit die Jagd während und unmittelbar vor der Setzzeit am vermeintlich sicheren Zufluchtsort insbesondere der trächtigen Fähe überhaupt weidgerecht ist.

 

Gemäß § 1 Abs. 3 BJagdG gelten bei der Ausübung der Jagd die „allgemein anerkannten Grundsätze deutscher Weidgerechtigkeit“. Diese umfassen ausdrücklich auch den Tierschutzaspekt und die Einstellung des Jägers zum Tier als Mitgeschöpf, dem vermeidbare Schmerzen – und damit auch das durch die Konfrontation mit dem Bauhund im Fuchsbau unter Umständen länger andauernde Leid – zu ersparen sind.[9] 

 

b)     Keine faire Chance zur Flucht

Eine anerkannte vom Grundsatz der Weidgerechtigkeit abgeleitete Verpflichtung des Jagd-ausübungsberechtigten ist es weiterhin, dem Wild im Rahmen des Zwecks und Zieles der Jagd ein Maximum an Chancen zu lassen.[10] Das ist bei der Baujagd, deren Ziel es ist, sämtliche im Bau befindlichen Füchse zu töten, aus verschiedenen Gründen nicht gegeben. Der Fuchs hat keine, allenfalls eine minimale Chance der Baujagd zu entkommen.

 

Bei der Baujagd werden i.d.R. sämtliche Ausgänge des Fuchs- oder des Dachsbaus von den Jägern beobachtet, um fliehende Füchse erlegen zu können. Sind mehr Ausgänge als Jäger vorhanden, werden sogenannte Sprengnetze (Fangnetze) über einzelne Ausgänge gelegt, um die Flucht von Füchsen zu verhindern.[11]

 

Die hochträchtige Fähe ist körperlich und somit in ihrer Bewegungs- und Fluchtmöglichkeit eingeschränkt.[12] Ihr ist von vorneherein eine faire Chance zur Flucht versagt.

 

Einige Jäger versuchen den Fuchs, welcher nicht aus dem Bau fliehen möchte, mithilfe eines Spatens in den Bauausgängen einzusperren und per Fangschuss zu töten. Im Rahmen der Baujagd möchten Jagdausübungsberechtigte die totale Kontrolle über den Fuchs erlangen. Der Fuchs hat deshalb gewöhnlich keine reelle Chance, dem Jäger zu entkommen.

 

Die Baujagd als Methode wird gerade auch deswegen ob der hohen Erfolgsquote gelobt. In Konsequenz dessen verstößt die Baujagd aber als Jagdmethode – so, wie sie heutzutage betrieben wird – gegen die Grundsätze deutscher Weidgerechtigkeit und ist dann nach § 1 Abs. 3 BJagdG rechtswidrig. [13]


c)      Verletzungen im Bau

Gem. § 4 Abs. 1 Satz 2 TierSchG darf die Tötung eines Wirbeltieres im Rahmen weidgerechter Ausübung der Jagd nur vorgenommen werden, wenn hierbei nicht mehr als unvermeidbare Schmerzen entstehen. Unter Schmerz versteht man eine „unangenehme Sinneswahrnehmung, verursacht durch tatsächliche oder potentielle Verletzung, die motorische oder vegetative Reaktionen auslöst, in einem erlernten Vermeidungsverhalten resultiert und die potentiell spezifische Verhaltensweisen verändern kann, wie z.B. das Sozialverhalten“.[14] Das Eindringen der Jagdhunde in den Fuchsbau bedeutet jedenfalls so einen gravierenden Angstzustand für den Fuchs, dass dies keinesfalls als geringfügige Beeinträchtigung des Wohlbefindens bewertet werden kann. Unvermeidbar wären die im Bau verursachten Schmerzen sowohl beim Fuchs als auch beim Hund, wenn es keine Alternativen zur Bejagung des Fuchses gäbe. Unterstellt man, dass es im konkreten Fall einen vernünftigen Grund zur Tötung des Fuchses gibt, so könnte bei der Ansitzjagd der Fuchs unmittelbar und direkt getötet werden. Bei der Alternative kommt es nicht auf die Erfolgsquoten der Jagdmethoden an, sondern ausschließlich auf die Schmerzen des einzelnen Tieres. Die Baujagd führt daher immer zu einem Verstoß gegen das Tierschutzgesetz.[15] 


Etlichen Berichten zur Baujagd ist zu entnehmen, dass sich Bauhunde mit den Füchsen häufig verbeißen, auf beiden Seiten mitunter erhebliche Verletzungen verursacht werden und Hunde den Füchsen so lange an die Drossel gehen, bis sie ihn meinen getötet zu haben, was mitunter sehr lange dauern kann.[16] 

Als besonders riskant für Leib und Leben des Bauhundes wird in den Jagdmedien die Bejagung des Dachses am Bau beschrieben. Dachse ergreifen bei der Baujagd in der Regel nicht die Flucht vor dem Jagdhund, sondern liefern sich heftige Kämpfe mit ihm. Um das Leben des Hundes zu retten, enden Dachsbaujagden oft mit Graben, Dachszange und Kleinkaliber-Schuss in den Kopf inkl. der Zerstörung des Baus.[17]


3.      Die Baujagd am Kunstbau


Im Rahmen der aktuellen Novellierung des Landesjagdgesetzes Rheinland-Pfalz soll künftig – wie aktuell bereits in Baden-Württemberg – die Baujagd nicht mehr am Naturbau, sondern ausschließlich am Kunstbau stattfinden dürfen. Begründet wird die Unterscheidung zwischen Kunst- und Naturbau damit, dass beim Naturbau oftmals nicht eindeutig geklärt werden kann, ob der Bau von einem Dachs bewohnt wird. Außerdem komme es immer wieder vor, dass Jagdhunde in Naturbauen feststecken und nur dadurch wieder befreit werden können, dass ein erheblicher Teil des Baus aufgegraben und dadurch zerstört wird.


Entscheidung und Begründung für die Zulassung der Baujagd am Kunstbau greifen allerdings auch hier zu kurz: Auch in Kunstbauen flieht nicht jeder Fuchs sofort vor dem Jagdhund; Beißereien zwischen Fuchs und Jagdhund können daher auch dort nicht sicher ausgeschlossen werden. Schwere Verletzungen auf beiden Seiten kommen somit auch am Kunstbau vor.


Die Schonung der Elterntiere gemäß § 22 Abs. 4 Satz 1 BJagdG wird auch im Fall der Jagd am Kunstbau regelmäßig außer Acht gelassen. Selbst, wenn nicht die laktierende Fähe, sondern „nur“ ein Rüde in den Monaten Januar oder Februar erlegt wird. Kein Jäger kann ausschließen, dass es sich dabei nicht um ein für die Aufzucht der Welpen notwendiges Elterntier handelt – selbst wenn die noch im Bauch der tragenden Fähe heranwachsen.


4.      Verbot der Baujagd in Kantonen der Schweiz


Wie schon kurz erwähnt, werden Füchse bei der Baujagd an einem Ort attackiert, der von ihnen als sicherer Rückzugs- und Ruheort genutzt wird. Die Baujagd ist daher geeignet, Tiere zu traumatisieren. Wie z.B. der Biologe Darius Weber feststellte, kann intensiv betriebene Baujagd dazu führen, dass Füchse ihre Baue deutlich seltener aufsuchen.[18] Ein Gutachten zur Tierschutzgerechtigkeit der Baujagd in der Schweiz kommt unter anderem aus diesem Grund zu dem Ergebnis, dass die Baujagd grundsätzlich als tierquälerisch und tierschutzwidrig zu bewerten ist.[19] Seitdem haben die Kantone Thurgau, Zürich, Baselland, Waadt und Bern die Baujagd bereits verboten; es ist fest damit zu rechnen, dass weitere Kantone folgen werden.

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Fortsetzung folgt

Im Vorfeld der Baujagd erfolgt das Training und die Prüfung der Eignung entsprechender Hunde in sogenannten Schliefenanlagen. Über die Tierschutzrelevanz der Nutzung dieser meist bei Teckel- und bei Terrier-Clubs untergebrachten Anlagen und die nicht artgerechte Haltung von Füchsen in diesen Anlagen berichten wir in weiteren Ausgaben von Infodienst Wildtiere.                                   

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Der Infodienst Wildtiere wird von Wildtierschutz Deutschland in Zusammenarbeit mit Bund gegen Missbrauch der Tiere, Deutsche Juristische Gesellschaft für Tierschutzrecht, Deutscher Tierschutzbund herausgegeben:


Literaturquellen

[1] Baujagd des Dachshund-Clubs Nordbayern am letzten Februar-Wochenende 2024

[2] Aktueller Fund eines Ende Januar 2024, Anfang Februar geborenen Fuchswelpen auf facebook.com/wildtierschutz

[3] Martin Weber, Wenn der Bauhund im Fuchsbau bleibt, in PIRSCH, 13.12.2019

[4] s. Fußnote 3

[5] jährlich erscheinende „Erläuterungen zur Jagdstrecke“, Forschungsstelle für Jagdkunde und Wildschadenverhütung NRW

[6] Information zum Aktionsbündnis Fuchs

[7] s. Fußnote 2

[8] Mitzschke/Schäfer, Bundesjagdgesetz, § 22 Rdnr. 13, LG Aschaffenberg Urteil v. 16.09.1980-Cs 108 Js 10296/7

[10] Internationale Jagdkonferenz 1971 „„Katalog von Grundsätzen für eine einheitliche Jagdgesetzgebung“ und Schuck in BJagdG, 3. Aufl., § 1 Rn. 27

[11] Janko/Börner, Fuchsjagd – Erfolgreich jagen mit Büchse, Flinte und Falle (2018), S. 77

[12] Schmook, „Der Fuchs – Wie er lebt, jagt und gejagt wird“, S. 50 (Fuchsfähe)

[13] Wüstenberg, Rechtswidrigkeit der Fuchsbaujagd, in NWVBI 10/2023, S. 400 ff.

[14] so Lagrange/Hoffmann „Ist das Töten von tropischen Großgarnelen in Eiswasser zur Lebensmittelgewinnung tierschutzgerecht?“, Amtstierärztlicher Dienst und Lebensmittelkontrolle 2006, 154-159, 156)

[15] Tierschutzrechtliche Unzulässigkeit von Schliefenanlagen und Bewertung des Filmmaterials unter Bezugnahme auf die gutachterlichen Stellungnahmen von Robin Jähne vom 15.10.2019 sowie von Dr. Claudia Stommel, Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz NordrheinWestfalen (LANUV) vom 25.02.2019, DJGT

[16] z.B. Schmook, „Der Fuchs – Wie er lebt, jagt und gejagt wird“, S. 113. oder Meyer, M. „Sicher zur Beute“ in Niedersächsischer Jäger – 24/2017, S. 19 ff. oder PIRSCH, Unfallort Bau, 03.12.2018: https://www.pirsch.de/news/unfallort-bau-33014

[17] Sascha Numssen „Der Dachs in Deutschland …“ in PIRSCH 04.05.2022

[18] Weber, D. (1988): Wie und wann Füchse ihre Baue benutzen. Deutsche Jagd-Zeitung (12), 50-56

[19] Bolliger G., Gerritsen V., Rüttimann A. (2010): Die Baujagd unter dem Aspekt des Tierschutz- und Jagdrechts. Gutachten. TIR-Schriften (10)

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