Hören - Vier kleine wilde Raufbolde purzelten im Schutz der Dunkelheit aus ihrem Fuchsbau, um ihr gemeinsames Spiel zu beginnen. Sie tobten, verfolgten sich gegenseitig, rannten wild um die Bäume herum, klauten einander Kiefernzapfen und Stöcke. Sie rollten in die Füße, Schwänze und Ohren des jeweils anderen verbissen, als flauschige Jungfuchskugel eine Böschung herab. Die Kugel fiel auseinander und das rasante Spiel ging weiter. Wo junge Füchse toben, wächst kein Gras mehr.
Es war ein unvergessener Abend, eines unserer schönsten Erlebnisse in Jahrzehnten Naturbeobachtung. Junge Füchse spielen, kämpfen und raufen täglich stundenlang miteinander. Das Spiel ist sehr wichtig für ihre körperliche Entwicklung und vor allem für die Entwicklung ihres Sozialverhaltens – und es macht ihnen sichtlich Freude. Auch erwachsene Füchse sind sehr verspielt, im Internet kursieren zahlreiche Videos von Füchsen, die auf Trampolinen springen oder mit Bällen werfen. Berühmt geworden sind die Schuhdiebe unter den Füchsen, die mehr als 100 Schuhe zu ihrem Bau geschleppt haben – als Spielzeug für die Jungen. Der Meeresbiologe und Verhaltensforscher Karsten Brensing schreibt: „Spaß ist eine uralte Erfindung der Natur und soll uns dabei helfen, die Dinge, die für unser Überleben wichtig sind, gern und oft zu tun“ – dieser Satz gilt für die Füchse und andere Tiere ebenso. Ausgeprägtes Spielen ist typisch für intelligente Tiere mit hochentwickeltem Sozialverhalten. Voraussetzung für intensives Spiel ist, dass das Bedürfnis nach Sicherheit und Bindung in den ersten Lebenswochen der jungen Füchse ausreichend gestillt wird.
Im Schutz ihres Baus bringt die Füchsin (Fähe) ihre Welpen nach 53 Tagen Tragzeit zur Welt. Mit einem Geburtsgewicht von gerade einmal 100 g sind sie blind und taub. Ihr Überleben hängt von der Liebe, Pflege, Wärme und Ernährung durch ihre Mutter ab. Im Alter von zwei Wochen öffnen die Welpen ihre zunächst noch blauen Augen. Bereits eine Woche später wagen sie die ersten tapsigen Schritte aus der Sicherheit ihrer Fuchsstube heraus, um die Umgebung mit ihren vielfältigen Eindrücken neugierig zu erkunden. Alles was sich bewegt, ein Blatt im Wind oder ein Käfer, ist interessant und muss näher untersucht werden.
In dieser Zeit werden die Welpen noch mit der nahrhaften Muttermilch ernährt, aber schon bald an feste Nahrung herangeführt. Haben die Fuchseltern Beute oder Spielzeug mitgebracht, versuchen die kleinen Racker etwas davon zu ergattern und sich gegenseitig wieder „abzufuchsen“.
Noch im Alter von fünf Wochen sind die Welpen arglos, selbst Menschen begegnen sie zutraulich. Erst im Alter von etwa acht Wochen entwickeln sie eine zunehmende Scheu. Innerhalb des Sozialgefüges lernen sie spielerisch alles Nötige für ihr Leben z. B. Jagdtechniken, Kommunikation, Markieren des Revieres…. In dieser für die Welpen bedeutsamen Spiel- und Lernzeit trägt der Rüde eine besondere Verantwortung im Familienverband. „Wenn der stolze Vater Zeit mit den Welpen verbringt, scheint er selbst wieder zum Kind zu werden“, schreibt Daniel Peller in „Die Weisheit der Füchse“.
So ein ausgelassenes selbstvergessenes Spielen ist elementar wichtig, aber gleichzeitig gefährlich für die Fuchsfamilie, denn auch der Fuchsbau bietet nur eine trügerische Sicherheit. Die größte Gefahr im Leben eines Fuchses geht vom Menschen aus. Fuchsjäger wissen um die sensiblen Zeiten von Paarung und Aufzucht und machen dann gezielt und intensiv Jagd auf sie.
„Fuchsjagd macht Freude, es ist eine schöne Sache, den Fuchs zu bejagen. Es ist eine spannende Jagd und es ist eine Jagd mit einer guten Beute…“, sagt Karl Walch (Förster, Jäger und passionierter Hundeführer) zur Fuchsjagd am Bau. Beim Blick in Jagdforen und Jagdzeitschriften scheint sich diese Aussage zu bestätigen, Freude und Spaß sind der Motivator für die Fuchsjagd. Zudem sehen zahlreiche Jäger im Fuchs einen Schädling, Krankheitsverursacher und eine Bedrohung für „ihr“ Niederwild. Anhand von zahlreichen wissenschaftlichen Studien lassen sich ihre Behauptungen leicht widerlegen. Die Ursachen für den Rückgang des Niederwildes sind hinlänglich bekannt.
„Der Fuchs existiert als Teil unserer heimische Ökosysteme und schafft eine Verbindung mit ihm. Daher hat er einen intrinsischen Wert… Der ökologische Wert verändert sich nicht im Sturm menschlicher Meinungen“, schreibt die britische Ökologin und Fuchskennerin Adele Brand.
Quellen:
Karsten Brensing: Wie Tiere denken und fühlen
Adele Brand: Füchse – unsere wilden Nachbarn
Dag Frommhold & Daniel Peller: Die Weisheit der Füchse
Sophia Kimmig: Von Füchsen und Menschen
David Macdonald: Unter Füchsen – eine Verhaltensstudie
Karl Walch: "Fuchsjagd macht Freude" (Video zur Jagd im Kunstbau auf YouTube)