top of page

Niedersachsens Landesjagdgesetz verbietet die Baujagd nur am Naturbau

  • Autorenbild: Lovis Kauertz
    Lovis Kauertz
  • vor 16 Stunden
  • 8 Min. Lesezeit

Gegen Ende November hatten wir Gelegenheit im Rahmen der Verbandsanhörung zur Änderung des Niedersächsischen Jagdgesetzes eine Stellungnahme abzugeben.


Wir haben uns in diesem Rahmen u.a. für einen verpflichtenden Einsatz von Wärmebilddrohnen bei der Rehkitzrettung eingesetzt. Denn alle anderen Maßnahmen der Kitz- und Wildtierrettung im Vorfeld von Erntemaßnahmen haben sich als nicht ausreichend praktikabel erwiesen.


Der Einsatz von Hunden bei Drückjagden sollte restriktiv so erfolgen, dass dabei ausschließlich kleinere Hunderassen eingesetzt werden. Hochläufige Hunde neigen verstärkt zur Bildung von Hundemeuten und zum Hetzen und Reißen des Wildes. Hunderassen, die lautlos jagen, sind für eine waidgerechte Jagd nicht geeignet. Durch das lautlose Jagen wird die Fluchtchance des Wildes erheblich eingeschränkt. Der Einsatz stumm jagender, wildscharfer und schneller Hunde erfüllt den Tatbestand der verbotenen Hetzjagd und verstößt auch gegen die Grundsätze der Waidgerechtigkeit.


An Bewegungsjagden nehmen sehr häufig dem Jagdleiter unbekannte Personen und Hunde teil. Um die waidgerechte Durchführung der Jagd auch hinsichtlich des Einsatzes der Jagdhunde zu gewährleisten, ist der Nachweis der Brauchbarkeit zu erbringen.


Es ist üblich Jagdhunde während der Brut- und Setzzeit freilaufend in den Feldern zu trainieren und zu prüfen. Niedersachsen hat eine Regelung, wonach das in dieser sensiblen Zeit nur an der Leine erlaubt ist, mit der Ausnahme für Junghunde. Wir plädieren dafür, während der Brut- und Setzzeit auch Junghunde anzuleinen.


Wir sind ferner der Überzeugung, dass das Aussetzen von Fasanen und von Enten grundsätzlich unterbunden werden sollte. Ausgesetzte Fasanenpopulationen sind langfristig nicht selbsttragend und werden oft nur aus jagdlichen Gründen freigelassen. Häufig sind sie nicht einmal für eine erfolgreiche Reproduktion in der freien Natur geeignet und können, genauso wie Enten zur Faunenverfälschung führen. Enten werden ausschließlich zur anschließenden Bejagung ausgesetzt. Wildtiere zwecks einer Freizeitgestaltung zur Bejagung auszusetzen ist ethisch nicht tragbar. Es gibt keine ökologisch nachvollziehbaren Gründe für das Aussetzen von Enten. Das Aussetzen von Enten kann zudem negative Auswirkungen auf den Gewässerschutz haben, wie ein Urteil des VG Lüneburg (Az.: 6 B 2/15) zeigt.

 

Protest vor dem Niedersächsischen Landwirtschaftsministerium
Protest vor dem Niedersächsischen Landwirtschaftsministerium

Sehr ausführlich haben wir zur Baujagd Stellung bezogen. In Niedersachsen soll die Baujagd im Naturbau untersagt werden, die am künstlichen Fuchsbau aber erhalten bleiben.


Begründung: a) Die Jagd auf Raubwild mit Hunden sowohl im Natur- als auch im Kunstbau ist nicht waidgerecht. b) Die Baujagd spielt zahlenmäßig im Vergleich zu anderen Jagdarten eine unbedeutende Rolle in der Gesamtstatistik Niedersachsens, auch wenn sie lokal für den einzelnen Revierinhaber subjektiv eine höhere Bedeutung haben kann. c) Es gibt keine wissenschaftlich belastbaren Belege dafür, dass die Baujagd signifikant zum Erhalt von Niederwildarten oder Bodenbrütern beiträgt.


zu a) Die Baujagd beginnt mit Beginn der Paarungszeit der Füchse im November und endet in Niedersachsen für adulte Füchse Ende Februar, wenn viele Fähen hochträchtig sind oder bereits Welpen gesetzt haben. Entsprechende Meldungen zu Geburten im Februar und sogar im Januar werden dem Aktionsbündnis Fuchs seit einigen Jahren regelmäßig zugetragen.


§ 22 Abs. 4 Satz 1 BJagdG bestimmt, dass zur Aufzucht notwendige Elterntiere während der Zeit, in der die Tiere ihre Jungen zur Welt bringen (Setzzeit) bis zum Selbständigwerden der Jungtiere nicht bejagt werden. Vor dem Fuchsbau stehend ist es den Jagdausübungsberechtigten aber kaum möglich verlässlich festzustellen, ob im Natur- oder im Kunstbau bereits eine Fähe mit ihren Welpen verweilt. Auch der im Januar und Februar getötete Fuchsrüde ist in der Regel ein zur Aufzucht von Jungtieren notweniges Elterntier, selbst wenn die Geburt der Welpen noch nicht stattgefunden hat.


Sind die Fuchswelpen bereits geboren, wird aus der Durchführung der Baujagd ein Straftatbestand gemäß § 38 Abs. 1 Nr. 3 BJagdG. Bereits die Bejagung kann mit einer Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe belegt werden. Selbst wenn die Welpen noch vor einem Elternteil vom Hund totgebissen, vom Jagdausübungs-berechtigten getötet werden – das wäre ein Umgehungstatbestand – liegt ein Verstoß gegen § 22 Abs. 4 Satz 1 BJagdG vor1, der in aller Regel jedoch aus Mangel an aussagebereiten Zeugen nicht gerichtsfest nachgewiesen werden kann.


Auch ohne Berücksichtigung des Elterntierschutzes stellt sich die Frage, inwieweit die Jagd während und unmittelbar vor der Setzzeit am vermeintlich sicheren Zufluchtsort insbesondere der trächtigen Fähe überhaupt weidgerecht ist.


Gemäß § 1 Abs. 3 BJagdG gelten bei der Ausübung der Jagd die „allgemein anerkannten Grundsätze deutscher Weidgerechtigkeit". Diese umfassen ausdrücklich auch den Tierschutzaspekt und die Einstellung des Jägers zum Tier als Mitgeschöpf, dem vermeidbare Schmerzen - und damit auch das durch die Konfrontation mit dem Bauhund im Fuchsbau unter Umständen länger andauernde Leid - zu ersparen sind.


Eine anerkannte vom Grundsatz der Weidgerechtigkeit abgeleitete Verpflichtung des Jagdausübungsberechtigten ist es weiterhin, dem Wild im Rahmen des Zwecks und Zieles der Jagd ein Maximum an Chancen zu lassen.2 Das ist bei der Baujagd, deren Ziel es ist, sämtliche im Bau befindlichen Füchse zu töten, aus verschiedenen Gründen nicht gegeben. Der Fuchs hat keine, allenfalls eine minimale Chance der Baujagd zu entkommen.


Bei der Baujagd werden i.d.R. sämtliche Ausgänge des Fuchsbaus von den Jägern beobachtet, um fliehende Füchse erlegen zu können. Die hochträchtige Fähe ist körperlich und somit in ihrer Bewegungs- und Fluchtmöglichkeit eingeschränkt.3 Ihr ist von vorneherein eine faire Chance zur Flucht versagt.

Die Baujagd als Methode wird gerade auch deswegen von den Ausführenden wegen der hohen Erfolgsquote gelobt. In Konsequenz dessen verstößt die Baujagd aber als Jagdmethode gegen die Grundsätze deutscher Weidgerechtigkeit und ist dann nach § 1 Abs. 3 BJagdG rechtswidrig.4


Gem. § 4 Abs. 1 Satz 2 TierSchG darf die Tötung eines Wirbeltieres im Rahmen weidgerechter Ausübung der Jagd nur vorgenommen werden, wenn hierbei nicht mehr als unvermeidbare Schmerzen entstehen. Unter Schmerz versteht man eine „unangenehme Sinneswahrnehmung, verursacht durch tatsächliche oder potentielle Verletzung, die motorische oder vegetative Reaktionen auslöst, in einem erlernten Vermeidungsverhalten resultiert und die potenziell spezifische Verhaltensweisen verändern kann, wie z.B. das Sozialverhalten“.5 Das Eindringen der Jagdhunde in den Fuchsbau bedeutet jedenfalls so einen gravierenden Angstzustand für den Fuchs, dass dies keinesfalls als geringfügige Beeinträchtigung des Wohlbefindens bewertet werden kann. Unvermeidbar wären die im Bau verursachten Schmerzen sowohl beim Fuchs als auch beim Hund, wenn es keine Alternativen zur Bejagung des Fuchses gäbe. Unterstellt man, dass es im konkreten Fall einen vernünftigen Grund zur Tötung des Fuchses gibt, so könnte bei der Ansitzjagd der Fuchs unmittelbar und direkt getötet werden. Bei der Alternative kommt es nicht auf die Erfolgsquoten der Jagdmethoden an, sondern ausschließlich auf die Schmerzen des einzelnen Tieres. Die Baujagd führt daher immer zu einem Verstoß gegen das Tierschutzgesetz.6

ree

Etlichen Berichten zur Baujagd ist zu entnehmen, dass sich Bauhunde mit den Füchsen häufig verbeißen, auf beiden Seiten mitunter erhebliche Verletzungen verursacht werden und Hunde einem Fuchs so lange an die Drossel gehen, bis sie ihn meinen getötet zu haben, was mitunter sehr lange dauern kann.7

Begründet wird die Unterscheidung zwischen Kunst- und Naturbau damit, dass beim Naturbau oftmals nicht eindeutig geklärt werden kann, ob der Bau von einem Dachs bewohnt wird. Außerdem komme es immer wieder vor, dass Jagdhunde in Naturbauen feststecken und nur dadurch wieder befreit werden können, dass ein erheblicher Teil des Baus aufgegraben und dadurch zerstört wird.


Entscheidung und Begründung für die Zulassung der Baujagd am Kunstbau greifen allerdings auch hier zu kurz: Auch in Kunstbauen flieht nicht jeder Fuchs sofort vor dem Jagdhund; Beißereien zwischen Fuchs und Jagdhund können daher auch dort nicht sicher ausgeschlossen werden. Schwere Verletzungen auf beiden Seiten kommen somit auch am Kunstbau vor.


Füchse werden bei der Baujagd an einem Ort attackiert, der von ihnen als sicherer Rückzugs- und Ruheort genutzt wird. Die Baujagd ist daher geeignet, Tiere zu traumatisieren. Wie z.B. der Biologe Darius Weber feststellte, kann intensiv betriebene Baujagd dazu führen, dass Füchse ihre Baue deutlich seltener aufsuchen.8 Ein Gutachten zur Baujagd in der Schweiz kommt unter anderem aus diesem Grund zu dem Ergebnis, dass die Baujagd grundsätzlich als tierquälerisch und tierschutzwidrig zu bewerten ist.9 Seitdem haben die Kantone Thurgau, Zürich, Baselland, Waadt und Bern die Baujagd bereits verboten; es ist fest damit zu rechnen, dass weitere Kantone der Schweiz folgen werden.


Des Weiteren verweisen wir auf die Petition „Kein Jagdhunde-Training mit lebenden Füchsen – Verbot der tierschutzwidrigen Baujagd“ von Wildtierschutz Deutschland, die aktuell von über 27.500 Menschen unterzeichnet wurde.


zu b) Der Anteil der im Rahmen der Baujagd erlegten Füchse dürfte in Niedersachsen ähnlich wie in NRW zwischen 1,4 und 2,8 Prozent der Fuchsstrecke schwanken. Bei einer Gesamtstrecke von zuletzt 57.259 erfassten Füchsen entspricht das einem mittleren Wert von etwa 1.200 Füchsen pro Jahr. Die Anzahl der als Fallwild (durch natürliche Umstände oder Unfälle gestorbene Wildtiere) gemeldeten Füchse dürfte mit 7.000 bis 9.000 Tieren etwa sechs- bis siebenmal so hoch liegen. Allein schon diese Zahlen verdeutlichen, dass ökologische Auswirkungen der Baujagd eher unerheblich sind. Da auch das Ministerium die Tierschutzrelevanz zumindest im Hinblick auf die gesundheitlichen Risiken, die sich für an der Baujagd beteiligte Hunde ergeben, anerkennt, wäre die Forderung nach einer milderen Jagdmethode als die tierschutzrelevante Baujagd angemessen.


zu c) Weder zu einem artenschutzfachlichen oder ökologischen Nutzen der Baujagd noch der Fuchsjagd in Niedersachen kann das Landwirtschaftsministerium Niedersachsen wissenschaftlich belastbare Belege vorlegen. Von daher widersprechen wir der Begründung zum Referentenentwurf, wo es heißt: „Die Jagd auf Prädatoren (Raubwild) ist in vielen Fällen aus Artenschutzgründen und zur Niederwildhege geboten.“


Die Baujagd – auch wenn sie seit Ewigkeiten von den Jagdgesetzen nicht unterbunden wird – ist weder waidgerecht noch tierschutzkonform. Es gibt andere, mildere Jagdmethoden, die die Anzahl der im Rahmen der Baujagd erlegten Füchse kompensieren können, falls das für erforderlich betrachtet wird. Letztlich spielt die Erfolgsquote der Jagdmethode aber rechtlich auch keine Rolle, wie Wüstenberg feststellt.10


Insbesondere hinsichtlich der Baujagd wird der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz nicht gewahrt: Die Baujagd ist weder geeignet zum Natur- oder Artenschutz beizutragen, noch ist die Baujagd überhaupt erforderlich.


Anmerkung zum Betrieb von Schliefanlagen mit Füchsen

Die Haltung und der Einsatz von Füchsen in Schliefanlagen – die entgegen der Behauptung von Jagdausübungsberechtigten – immer Wildfänge sind, ist nicht tierschutzkonform. Die Haltung von Füchsen wird in keinem der uns bekannten Fälle in Deutschland den Mindestforderungen des Säugetiergutachtens gerecht. Der Einsatz der Füchse in Schliefanlagen erzeugt bei den Tieren chronischen Stress, der in vielen Fällen schon durch die Bewegungsmuster der dort gehaltenen Füchse sichtbar wird. Ausführlich zum Thema verweisen wir auf unsere Veröffentlichung in Agar- und Umweltrecht, Mai 2025, 55. Jahrgang 2025, „Baujagd und Schliefenanlagen halten rechtlicher Überprüfung nicht stand“ und auf unsere Petition „Kein Jagdhunde-Training mit lebenden Füchsen – Verbot der tierschutzwidrigen Baujagd“ 


Am 11.11.2025 hat der Deutsche Jagdterrier-Club e.V. ein Image-Video zur Haltung und zum Einsatz von Füchsen veröffentlicht. In einer Stellungnahme zu diesem Video belegt das Aktionsbündnis Fuchs, dass der Zuschauer hinsichtlich des Einsatzes des Fuchses getäuscht wird und dass dort gemachte Aussagen teilweise keinen Wahrheitsgehalt haben.11

+++


Literaturquellen:

1 Mitzschke/Schäfer, Bundesjagdgesetz, § 22 Rdnr. 13, LG Aschaffenburg, Urteil v. 16.09.1980-Cs 108 Js 10296/7.

2 Internationale Jagdkonferenz 1971 „Katalog von Grundsätzen für eine einheitliche Jagdgesetzgebung" und Schuck, in: BJagdG, 3. Aufl., § 1 Rn. 27.

3 Schmook, Der Fuchs - Wie er lebt, jagt und gejagt wird, S. 50 (Fuchsfähe)

4 Wüstenberg, Rechtswidrigkeit der Fuchsbaujagd, in NWVBI 10/2023, S. 400 ff

5 Lagrange/Hoffmann „Ist das Töten von tropischen Großgarnelen in Eiswasser zur Lebensmittelgewinnung tierschutzgerecht?“, Amtstierärztlicher Dienst und Lebensmittelkontrolle 2006, 154-159, 156)

6 Tierschutzrechtliche Unzulässigkeit von Schliefenanlagen und Bewertung des Filmmaterials unter Bezugnahme auf die gutachterlichen Stellungnahmen von Robin Jähne vom 15.10.2019 sowie von Dr. Claudia Stommel, Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz Nordrhein-Westfalen (LANUV) vom 25.02.2019, DJGT: https://t1p.de/hbsce

7 z.B. Schmook, „Der Fuchs – Wie er lebt, jagt und gejagt wird“, S. 113. oder Meyer, M. „Sicher zur Beute“ in Niedersächsischer Jäger – 24/2017, S. 19 ff. oder PIRSCH, Unfallort Bau, 03.12.2018: pirsch.de/news/unfallort-bau-33014

8 Weber, D. (1988): Wie und wann Füchse ihre Baue benutzen. Deutsche Jagd-Zeitung (12), 50-56

9 Bolliger G., Gerritsen V., Rüttimann A. (2010): Die Baujagd unter dem Aspekt des Tierschutz- und Jagdrechts. Gutachten. TIR-Schriften (10): https://t1p.de/ew2zm

10 siehe Wüstenberg, FN 4

11 Das Video des Deutschen Jagdterrier-Clubs, die Stellungnahme des Aktionsbündnis Fuchs und ein Video von Wildtierschutz Deutschland finden Sie hier: https://www.wildtierschutz-deutschland.de/single-post/stellungnahme-arbeit-schliefanlage-jagdterrier-club

bottom of page