Stellungnahme zum Video „Arbeit in der Schliefanlage“ des Deutschen Jagdterrier-Clubs
- Aktionsbündnis Fuchs
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Petition jetzt zeichnen |Der Deutsche Jagdterrier-Club e.V. hat am 11. November ein Imagevideo über die „Arbeit in der Schliefanlage“ veröffentlicht, das die Haltung und den extremen Stress der Füchse in den Trainingsanlagen für Jagdhunde völlig verharmlost. Das Video weist Unstimmigkeiten auf, die den Zuschauer – vorsätzlich oder fahrlässig – in die Irre führen (1): Täuschung statt Tierschutz
In Schliefanlagen werden Jagdhunde an lebenden Füchsen für die Baujagd abgerichtet, was in mehreren Gutachten/Stellungnahmen (2,3,4,5) als klar tierschutzwidrig bewertet wird. Eine systematische Dokumentation der Zustände in deutschen Schliefanlagen hat in den letzten Jahren vielfältige Missstände bei den Haltungsbedingungen, der Versorgung und im Umgang mit Schliefenfüchsen ans Licht gebracht.
Diverses Bildmaterial belegt zudem unmissverständlich, welchem Stress und Leid die Füchse ausgesetzt sind. Aufgrund dieser Tatsachen und Anzeigen durch Wildtierschutz Deutschland sind zuletzt die Schliefenanlagen des Teckelklubs Westmünsterland (2024) in Rhede (Kreis Borken, NRW) geschlossen und die des Jagdterrier-Klubs Eiterfeld-Ufhausen (Fulda, Hessen) behördlich geräumt (2024) worden. In mehreren Bundesländern, u.a. in Niedersachsen, wird ein Verbot von Schliefanlagen und der Baujagd diskutiert.
Vorzeigefuchs als Schliefenfuchs präsentiert
Im Video (1) wird behauptet, dass der eingangs gezeigte, auffällig zahme und gut gepflegte Fuchs derselbe Fuchs sei, der später beim Einsatz in der Schliefanlage gezeigt wird. Doch das ist definitiv nicht der Fall: Beide Füchse unterscheiden sich in Verhalten und Aussehen deutlich. Der überaus zutrauliche Fuchs hat ein makelloses, helles Fell, einen sehr buschigen Schwanz und einen kleinen, blassen Schnauzenfleck. Der Fuchs in der Schliefanlage wirkt wesentlich scheuer und hat ein unregelmäßiges Fell, sein Schwanz ist dünner und sein Schnauzenfleck auffällig groß.

Wir vermuten, dass der zahm wirkende Fuchs Schlumpes (der angebliche „Chefausbilder“) aus einer Privathaltung kommt und speziell für die Fütterungsaufnahmen in der Schliefanlage eingesetzt wurde. Schliefenfüchse reagieren durchweg scheuer und ängstlicher als das hier vorgeführte, gepflegte Tier.
Fakt ist, dass in Schliefanlagen meist keine zahmen Zuchtfüchse zu finden sind, sondern Wildfänge. Auch „Handaufzuchten“ von Fuchswelpen aus freier Natur sind und bleiben Wildfänge, die in aller Regel fremden Menschen gegenüber scheu werden, einen natürlichen Freiheitsdrang entwickeln und so vielfach unter dem Leben in einer Schliefanlage leiden.
Haltungsbedingungen und Versorgung in Schliefanlagen
Das Gehege wird als „herausragende Anlage“ beschrieben, welche die Vorgaben aus dem erwähnten Säugetiergutachten (6) deutlich überschreite. Tatsächlich erfüllt das Gehege zwar flächenmäßig die Mindestanforderung, bleibt jedoch weit unter der im Gutachten aus Tierschutzsicht empfohlenen Größe. Zudem ist die Ausstattung mehr als dürftig: Ein altes Hundespielzeug ins Gehege zu legen, genügt als Enrichment-Maßnahme natürlich nicht. Laut Gutachten sollen angesätes Gras, geruchliche Reize, ungewohnte Gegenstände zum Klettern, Spielen und Verstecken, Schatten- und Sonnenplätze, Sichtblenden, etc. bereitgestellt werden. Auch „verschiedene Formen der Futterdarbietung, z. B. (…) in Büschen und Bäumen erreichbar verteilte, kleinere Futtertiere“ gehören zum Enrichment dazu.
Das Gehege des DJT-Clubs ist dagegen eine überdachte Sandwüste ohne jeglichen Grünbewuchs, mit ein paar trockenen Ästen, einem hohlen Baumstumpf und einer kleinen Hütte als Unterschlupf. Zudem werden die Füchse wohl in separaten Gehegen gehalten, obwohl das Gutachten eine paarweise Haltung empfiehlt. Eine Einzelhaltung macht wichtige soziale Interaktionen (z. B. das gemeinsame Spiel oder die gegenseitige Fellpflege) unmöglich. Auch die im Video gezeigte Nahrung entspricht nicht dem erwähnten Gutachten, das für Füchse vorwiegend ganze Futtertiere empfiehlt. Trockenfutter wird von Füchsen oft schlecht vertragen und ist nicht artgerecht. Dass man im Video noch etwas Distel-Öl aus einer offenbar uralten, verrosteten Dose dazugibt, verschlechtert den Eindruck der Versorgungssituation noch weiter.
Eine lebenslange Haltung/Versorgung auf diesem Niveau wird den Bedürfnissen von Füchsen nicht gerecht. Es ist bezeichnend, was der DJT-Club hier in seiner Vorzeigeanlage hier als „herausragend“ präsentiert und dass sogar behauptet wird, die Füchse hätten dort „ein fantastisches Leben“.
Dass Gehege regelmäßig gereinigt und Tiere veterinärmedizinisch betreut werden, sollte übrigens selbstverständlich sein. Dennoch wurden auch in diesem Bereich in vielen deutschen Schliefanlagen gravierende Missstände festgestellt. Gehege waren oft massiv verdreckt und Angaben zu Namen, Alter, Herkunft und medizinischen Daten der Tiere waren oft zweifelhaft oder nachweislich falsch.
Deutsche Jagdterrier-Club: Verharmlosung und Fehlinformation
Anders als im Video behauptet, hat der Schliefenfuchs bei der Konfrontation mit dem Hund massiven Stress. Um dies zu belegen, muss man den Fuchs nicht einmal sehen, denn seine Lautäußerungen sprechen - selbst in dieser „vorbildlichen“ Schliefanlage – eine deutliche Sprache: Nachdem der Hund mit dem Verbellen beginnt, hört man den Fuchs keckern. Das Keckern zählt zu den distanzfordernden Lauten, welche Füchse äußern, wenn sie sich bedrängt bzw. bedroht fühlen oder Gegner abschrecken müssen.
Der Jäger kommentiert das Verhalten mit den Worten „Der Fuchs arbeitet sehr gut mit“. Aber natürlich keckert der Fuchs nicht, um bewusst „mitzuarbeiten“, sondern schlicht als Reaktion auf die unmittelbare Bedrohung durch den aggressiven Hund, vor dem er nicht fliehen kann und gegen den er sich zu verteidigen versucht. Das Keckern beweist, dass der Fuchs in dieser Situation Stress und Angst empfindet – obwohl es nicht zu einem körperlichen Kontakt kommt.
Ansonsten werden im Video die ebenso typischen wie haltlosen Behauptungen von einer ausufernden Fuchspopulation, von durch Füchse bedrohtem Niederwild, und der Baujagd als „notwendiger Management-Maßnahme“ aufgestellt. Sie sind allesamt längst durch zahlreiche wissenschaftliche Arbeiten (8) widerlegt und sollen hier lediglich dazu dienen, Schliefanlagen und Baujagd Laien gegenüber zu rechtfertigen.
Fazit: Selbst die zumindest teilweise gestellten Aufnahmen mit einem Vorzeigefuchs und einer Vorzeigeanlage, mit denen der DJT-Club das Image von Schliefanlagen aufpolieren möchte, zeigen erneut, wie problematisch die Haltung von Schliefenfüchsen ist und dass die Abrichtung von Jagdhunden an lebenden Füchsen untrennbar mit Stress und Leid verbunden ist. Wie es in Anlagen aussieht, die nicht von Jagdhundeclubs zur Imagepflege genutzt werden, wurde vielfach dokumentiert. Die Belastungen, denen Schliefenfüchse durch mangelhafte Haltungsbedingungen oder die regelmäßigen Konfrontationen mit den Jagdhunden ausgesetzt werden, führen dazu, dass nahezu alle Schliefenfüchse früher oder später Verhaltensstörungen zeigen.
Problematische Zustände in Schliefanlagen werden von Seiten des Tierschutzes also keineswegs „kolportiert“, wie der Vorsitzende des DJT-Clubs behauptet. Die Kritik beruht auf sachlichen und wissenschaftlich fundierten Erkenntnissen über das Verhalten und die Bedürfnisse von Füchsen sowie zahlreichen Belegen für die Missstände in deutschen Schliefanlagen. Zu behaupten, der Einsatz eines Fuchses in der Schliefanlage sei „absolut tierschutzgerecht und stressfrei“, ist eine krasse Falschaussage, die gleichermaßen von mangelndem Respekt gegenüber der Kreatur und von fehlender Sachkunde zeugt.
Zudem muss man sich vor Augen führen, dass Schliefanlagen betrieben werden, damit ein kleiner Teil der Jägerschaft eine vollkommen unnötige und selbst hochgradig tierquälerische Jagdart – die Baujagd – ausüben kann. Das legt nahe, dass es hier letztlich nicht um Arten- oder gar Tierschutz geht, sondern einzig und allein um die von begeisterten Baujägern so oft beschworene „Freude an der Baujagd“.
Wir fordern die Entscheidungsträger – auch ganz aktuell im Rahmen der anstehenden Jagdgesetzesnovelle in Niedersachsen – dazu auf, dem Staatsziel Tierschutz Rechnung zu tragen und die Jagdhundeausbildung an lebenden Füchsen sowie die Baujagd insgesamt endlich zu verbieten.
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Quellen
(1) Deutscher Jagdterrier Club e.V. (11.11.2025): „Deutscher Jagdterrier: Arbeit in der Schliefanlage“, YouTube-Video, https://www.youtube.com/watch?v=cHWfG0vdsGs
(2) DJGT (2019): „Tierschutzrechtliche Unzulässigkeit von Schliefanlagen und Bewertung des Filmmaterials unter Bezugnahme auf die gutachterlichen Stellungnahmen von Robin Jähne vom 15.10.2019 sowie von Dr. Claudia Stommel, Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz Nordrhein-Westfalen (LANUV) vom 26.02.2019“
(3) SWILD – Stadtökologie, Wildtierforschung, Kommunikation (2009): „Eine Beurteilung der Baujagd aus wildtierbiologischer und verhaltensbiologischer Sicht“, im Auftrag des Schweizer Tierschutz STS, 13.11.2009
(4) G. Bolliger, V. Gerritsen, A. Rüttimann (2010): „Die Baujagd unter dem Aspekt des Tierschutz- und Jagdrechts“, TIR – Stiftung für das Tier im Recht, im Auftrag des Schweizer Tierschutz STS, 11.05.2010
(5) Wüstenberg (2023): „Rechtswidrigkeit der Fuchsbaujagd“, NJOZ 2023, 1440-1446
(6) Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (07.05.2014): „Gutachten über Mindestanforderungen an die Haltung von Säugetieren“
(7) Dag Frommhold (07/2024): „Der Rotfuchs (Vulpes vulpes) – Kurzzusammenfassungen wissenschaftlicher Literatur“








