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  • Dr. Martin Steverding

Auch die Vogelgrippe begründet keine Fuchsjagd

Hören - Mit Angst lassen sich Stimmen fangen und Feindbilder aufbauen. Man erlebt dies regelmäßig im Wahlkampf. So sehen wir aktuell z. B. in Bayern wie Ängste vor dem Wolf, gepaart mit Unwissenheit zu politischem Kapital gemacht werden. Auch beim Fuchs funktioniert dieser Mechanismus seit langen Zeiten: War es in der zweiten Hälfte des letzten Jahrhunderts die inzwischen ausgemerzte Tollwut, so ist es heute die Angst vor dem Fuchsbandwurm, die durch Teile der Jägerschaft geschürt wird. Allmählich spricht sich aber herum, dass die durch den Fuchsbandwurm hervorgerufene (extrem seltene) Erkrankung, die Echinokokkose, viel häufiger von Hunden – überwiegend von Jagdhunden – auf Menschen übertragen wird.

Kastenfalle mit Hühnereiern als Köder im Kreis Borken (NRW)
Kastenfalle mit Hühnereiern als Köder im Kreis Borken (NRW), Bild: Dr. Martin Steverding

Droht das Feindbild des gefährlichen Fuchses zu verpuffen? Mitnichten: Jetzt ist es die Vogelgrippe, die sich den Fuchsjägern als willkommener Anlass anbietet. Jagdzeitschriften bauschen es fleißig auf: Der Vogelgrippe-Erreger H5N1 wurde bei vier Füchsen in Niedersachsen und einem Fuchs in Rheinland-Pfalz nachgewiesen. Es ist freilich nichts Neues, dass Säugetiere sich infizieren können – jedoch weitergeben können sie den Erreger bislang offensichtlich nicht.


Jagd bekämpft keine Krankheiten, sondern fördert sie. Durch den Abschuss von Füchsen werden Reviere frei, die von umherwandernden Jungtieren besetzt werden. Die hohe Sterblichkeit durch die Bejagung wird durch mehr Geburten ausgeglichen. Es gibt also durch die Jagd viel mehr Jungtiere, die umherwandern und dadurch Krankheitserreger und Parasiten schneller und weiträumiger verteilen. Ohne Jagd dagegen sind die Reviere ziemlich stabil, es gibt weniger Jungtiere, weniger Bewegungen und damit eine weniger massive und weiträumige Verteilung von Erregern und Parasiten. In Luxemburg hat sich die Befallsrate der Füchse mit dem Fuchsbandwurm nach der Einstellung der Fuchsjagd nach Aussagen der zuständigen Umweltministerin innerhalb von nur sechs Jahren halbiert.


In vielen Regionen werden Füchse massiv an Luderplätzen bejagt und mit Fallen gefangen. Als Luder werden sehr häufig Geflügelteile oder Eier verwendet. Auch in Fallen dienen häufig Hühnereier und Teile von Geflügel als Köder. Sowohl Eier als auch Körperteile von infizierten Vögeln können das Virus enthalten. Die Eier liegen dabei nicht selten vor dem Wippbrett, um den Fuchs in die Röhre zu locken – und können dann erreicht werden, ohne dass sich die Falle schließt. Auf den knapp 80 km² Fläche der Stadt Rhede im Kreis Borken (NRW) haben wir rund 25 Fallen und 10 Luderplätze gefunden – wahrscheinlich sind es in Wirklichkeit deutlich mehr. Somit haben die Jäger allein in meiner Heimatgemeinde mindestens 35 potenzielle Übertragungsorte für Vogelgrippe auf Füchse geschaffen. Hinzu kommen die oben erwähnten Effekte der Jagd auf die Verteilung von Krankheitserregern.


Künftig kann eine Übertragung von Vogelgrippe von Fuchs zu Fuchs oder gar vom Fuchs zum Menschen keineswegs mit Sicherheit ausgeschlossen werden. Die Fuchsjagd macht sie deutlich wahrscheinlicher und gefährdet damit nicht nur Wildtiere, sondern auch uns.

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Mehr zur Vogelgrippe gibt es hier: Über die Ursachen der Vogelgrippe

Mehr über den Autor erfahren Sie auf: steverding-artenschutz.de


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