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Wolf ins Bundesjagdgesetz – der Anfang vom Ende des Artenschutzes

  • Autorenbild: Lovis Kauertz
    Lovis Kauertz
  • vor 17 Stunden
  • 3 Min. Lesezeit

Die Bundesregierung überlässt die Jagdgesetzgebung zum Wolf den Bauern- und Jagdfunktionären. Ihre Handlanger sind ein natur- und tierschutzferner Landwirtschaftsminister (CSU) und ein schwacher Umweltminister (SPD).


Schon die Meldung eines günstigen Erhaltungszustands der Wolfspopulation an die EU lässt nicht nur jegliche Transparenz missen, sondern ist entgegen den Bestimmungen der FFH-Richtlinie nicht wissenschaftlich begründet. Der günstige Erhaltungszustand erlaubt weitgehende Eingriffe in die geschützte Wolfspopulation, darunter die jagdliche Bestandsregulierung, die im vorliegenden Referentenentwurf umgesetzt wird.


Wolfswelpen in Deutschland
Landwirtschaftsminister Alois Rainer, der "schwarze Metzger" läutet den Untergang der Wölfe in Deutschland ein. Bild: Detlev Hinrichs

Die AUSTRIAN NATURE CONSERVATION ALLIANCE (ANCA) hat vor wenigen Tagen einen internen Fachbericht des Bundesamtes für Naturschutz veröffentlich, der in der politischen Debatte um den Wolf in Deutschland nie öffentlich erwähnt wurde. Er enthält die wissenschaftliche Grundlage für jene Referenzwerte, die bestimmen, ob der Wolf im „günstigen Erhaltungszustand“ ist. Genau dieser Bericht widerspricht jedoch in zentralen Punkten den politischen Meldungen zum Erhaltungszustand an die EU-Kommission. Die interdisziplinäre, bundesweite Fachgruppe kam 2023 in diesem Bericht wissenschaftlich nachvollziehbar zu dem Schluss, dass der Wolf in Deutschland nicht im günstigen Erhaltungszustand ist.  [1]


Der Landwirtschaftsminister begründet die Aufnahme des Wolfes in das Bundesjagdgesetz u.a. – wenn man die ungenaue Formulierung im Referentenentwurf außeracht lässt – damit, dass im Jahr 2023 0,35 Prozent der meist ungeschützten Schafe in Deutschland vom Wolf gerissen wurden. Dass es 2024 nur noch 0,3 Prozent waren und auch die Entwicklung des Wolfsbestands stagniert, spielt da keine Rolle.

Unwahr, zumindest aber nicht belegbar ist die Aussage, dass aufgrund „erheblichen und potenziell existenzbedrohenden Belastungen für die Weidetierhalter“ immer mehr Betriebe aufgeben. Gemäß Statistischem Bundesamt gab es im November 2023 9.550 Betriebe mit Schafen, ein Jahr später 9.670. Langfristig betrachtet gibt es seit 1990 tatsächlich immer weniger Schafe haltende Betriebe (1999 gab es gem. des BMEL noch 32.000 Betriebe). Grund für den Rückgang der Schafshaltungen ist aber nicht der Wolf, sondern der Verfall der Wollpreise. Viele Betriebe sind zudem heute im Nebenerwerb oder als Hobby tätig.


Weitreichende Befugnisse zur Bestandsregulierung von Wolfspopulationen

Künftig soll eine „zuständige Behörde“ (welche Behörde das sein wird, entscheidet der in naturschutzfachlichen Fragen unbedarfte Landwirtschaftsminister) da, wo der Erhaltungszustand des Wolfes als günstig betrachtet wird (nach dem aktuellen Verständnis in ganz Deutschland, außer in der Alpenregion), einen Wolf-Managementplan erstellen. Ziel dieses Plans ist es, die „Vereinbarkeit der Jagd mit der Aufrechterhaltung eines günstigen Erhaltungszustands“ zu gewährleisten. Die Jagd auf den Wolf darf dann nach Maßgabe des Managementplans jeweils vom 1. September eines Jahres an bis zum Ablauf des 28. Februar des Folgejahres ausgeübt werden.


Selbst wenn der Wolf in einem ungünstigen Erhaltungszustand ist (aktuell in der alpinen Region), darf künftig bei einem bestätigten Wolfsriss ohne Rücksicht auf Schonzeiten im Umkreis von 20 km um einen Wolfsriss ein ganzes Rudel getötet werden!


Aber damit nicht genug: Die „zuständige Behörde“ darf – selbst dort, wo der Erhaltungszustand des Wolfes ungünstig ist, „zur Abwendung ernster land-, forst-, fischerei- oder wasserwirtschaftlicher oder sonstiger ernster wirtschaftlicher Schäden“ Weidegebiete bestimmen, auf denen eine Bejagung des Wolfs auch bei einem ungünstigen Erhaltungszustand der Tierart Wolf zulässig ist.


Das wird letztlich dazu führen, dass künftig die Deiche an Nord- und Ostsee, vielleicht sogar die an Rhein, Elbe und Oder großräumig wolfsfrei werden, ebenso wie Teile der biogeografischen alpinen Region im Süden Bayerns.


Lovis Kauertz, Vorsitzender von Wildtierschutz Deutschland e.V. sieht erhebliche Risiken für die weitere Entwicklung der Wolfsbestände in Deutschland:


„Von der Leyens EU hat bei der Herabstufung des Wolfes in der FFH-Richtlinie Regularien nicht eingehalten. Die Bundesregierung hat auf intransparente Weise den günstigen Erhaltungszustand für den Wolf in fast ganz Deutschland erklärt. Der wissenschaftliche vom Leibniz-Institut für Zoo- und Wildtierforschung (IZW), dem Senckenberg-Institut und einer Bund-Länder-Arbeitsgruppe einvernehmlich erstellte Bericht zur Definition des günstigen Erhaltungszustands wurde aus politischen Gründen ignoriert. Nun sollen vom "schwarzen Metzger" zu benennende Behörden über einen Managementplan Wolf mit regulären Jagdzeiten und über Ausnahmesituationen die Bejagung des Wolfes betreffend entscheiden. Dieser Eingriff in immer noch sensible Bestandsituation der Wölfe in Deutschland wird innerhalb der kommenden fünf Jahre unweigerlich zu einem erheblichen Aderlass der Wolfsbestände führen, aber die Probleme der Weidetierhaltenden nicht lösen können.“

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[2] BMEL, Agrarstatistisches-Jahrbuch-2014.pdf


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