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  • Margareta Rochlage

Teresia zieht aus - Abenteuer einer Haselmaus

Am Dienstag drehten meine Deutschschüler den Spieß um, erteilten mir Unterricht im Fallen-Spannen. Dreimal sollte ich die Prozedur durchexerzieren, bis die "Lehrer" zufrieden waren. Mittwoch wohlgemut das Gehäuse mit besten Speckstückchen im Fahrzeug aufgestellt. Fehlanzeige, null Interesse. War mir aber eigentlich klar, dass Teresia Vegetarierin sein muss und ganz besonders winzig. Zuvor hatte sie nämlich eine Plastikrose im Fond meines Autos zerbissen und sich aus dem Blätterkranz eine „Laubhütte“ gebaut. Never ever hätte 'ne normale Maus hineingepasst. Ein absolut rührender Anblick, dieses Blätterdach: Schiffbrüchiger auf Südsee-Insel, dabei Winter im Astra.

Der nächste Versuch mit Leinsamen und zerkleinerten Walnüssen ging auch schief: Falle blitzblank leer, Mechanismus nicht ausgelöst. Teresia hatte mal wieder alles in ihre geheimen Lager geschafft, sprich die Ritzen meines Wagens. Aber halbe Walnüsse, die sie nicht wegziehen konnte, ohne den Stift zu aktivieren, übertölpelten das clevere Mäuschen dann doch.

Mittags war Teresia mit mir noch zum Einkaufen gefahren, längst gewohnt an Motorengeräusche, gegen fünf im Dämmerlicht konnte man bereits von außen durch beschlagene Scheiben einen Schatten sehen. Gefasst! Und der klare Beweis: Haselmaus.

Haselmaus im Feuerdorn

Einfach bezaubernd mit ihren großen Augen, den muschelförmigen Ohren, einem vergleichsweise kilometerlangen Schwanz. Es sind ja eigentlich keine Mäuse, sondern Bilche, erklärte die Recherche. Bild: Danielle Schwarz

Einfach bezaubernd mit ihren großen Augen, den muschelförmigen Ohren, einem vergleichsweise kilometerlangen Schwanz. Es sind ja eigentlich keine Mäuse, sondern Bilche, erklärte die Recherche. Ob Frau oder Mann-Bilch, er/sie soll eine Familie gründen können. Deswegen, bei aller Sorge, Teresia nach Fototermin auf die Bergwiese gesetzt. Von weiter oben, dem Waldrand muss sie gekommen sein, eine Allee aus Haselnuss-Sträuchern. Doch, kurz überlegt, sie selbst weiter durch den Winter zu bringen. Nur wie? Etwa im geflochtenen Katzenkorb, dessen Gitter man zusätzlich hätte sichern müssen? Es war schon genug Stress für sie, meinen Anblick zu ertragen: Riese vor dem Draht-Käfig, eher Dinosaurier-Format. Ich hatte Angst, dass Teresia einen Herzinfarkt erleidet, versuchte sie zu beruhigen. Schien okay zu sein, das Mäusle blieb recht brav sitzen … um draußen in abenteuerlichen Sprüngen davonzuflitzen. Für eine solche Kleinigkeit ein enorm langer Weg bis zum Wald. Immerhin das halbwegs sichere Zeitfenster. Die Katzen saßen bereits in Erwartung ihres Abendessens auf meiner Terrasse. Fuchs Roberto kommt später, für Krähen/Eichelhäher zu dunkel - und Eulen noch nicht wach. Wirklich schade, dass man von Haselmäusen nicht nach Jahren Post bekommen kann: „Eine tolle Zeit in deinem Auto. Ich möchte sie nicht missen. Du wusstest schnell, was mir schmeckt, hast dich gar um’s Bettzeug gekümmert, den Toilettendienst übernommen und aufgeräumt.“

Nur gut, dass sich Teresia sechs Wochen lang nicht blicken ließ, ich hätte mich sofort - wie heute - in sie verliebt, wäre glatt auf die Idee gekommen, einen rollenden Wald im Auto einzurichten. Weidenkätzchen würde sie vermutlich mögen. Die blühen schon am Bach. Vorgezogene Buchenzweige, Fichtenzapfen, Tannengrün? Weiche Kiefernrinde, ein bisschen Bast zum Nestbau oder lange Halme?

Jetzt ist sie halt - leider - auf und davon. Wobei die Warnung längst im Raum stand: „Du kannst eine Maus nicht einfach vor Ort freilassen, musst viele Kilometer mit ihr fahren - sonst ist sie gleich wieder da!“ Filmreife Szene: Teresia lauert gegenüber in der Hangwiese, wartet darauf, dass der Kofferraum zwei Minuten offen steht … und fliegt aus dem Millimeter-Stand förmlich rein. Wenn das wider Erwarten passieren würde, hätte sie lebenslanges Wohnrecht. Wie hoch ist noch mal die Lebenserwartung von Haselmäusen?

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