Hören | Wenn unsere Energiereserven einmal aufgebraucht sind, wird aufgetankt. Eine unserer „Tankstellen“ liegt in den Niederlanden, genau gesagt im Naturschutzgebiet „Amsterdamse Waterleidingduinen“ südlich von Zandvoort. Für uns ist die atemberaubend schöne Dünenlandschaft eine einzigartige Welt, in die wir nur allzu gern eintauchen. Sie ist auch die Fuchswelt, die uns bisher leider verborgen blieb. Hier lassen sich die Tiere ungestört beobachten, an kaum einem anderen Ort kommt man ihnen so nahe und wird überrascht vom Repertoire füchsischer Eigenschaften wie Neugier, Vorsicht, Mut, Schläue und Verspieltheit. Erst wenn der zweibeinige Spitzenprädator fehlt, erfasst man die Komplexität dieser Tiere.

In unserer heimischen Landschaft – wie fast überall in Deutschland – geht der Mensch als Hypercarnivor nur allzu gern auf Beutezug und nimmt den roten Schlauberger ins Visier. Mehr als 400.000 Füchse sterben jährlich auf diese Weise, nicht ohne gravierende Auswirkungen. Ständig auf der Flucht muss sich der Fuchs vor seinem größten Feind verstecken und ein Leben in Angst führen.
Im niederländischen Naturschutzgebiet hingegen fühlen sich die Tiere sicher. In stabilen Sozialverbänden werden Fuchskinder optimal auf das Leben vorbereitet und es bleibt genügend Zeit zum Spielen und Entdecken. Schon lange haben die Füchse dort im Menschen einen Freund und keinen Feind gesehen. Homo sapiens ist hier ein Besucher ihrer Welt und kein Eindringling oder Zerstörer. Diese Vertrautheit, die sich im Laufe der Zeit zwischen den dort lebenden Wildtieren und Menschen entwickeln konnte, ist etwas ganz Besonderes. Solche Mensch-Fuchs-Beziehungen sind rar und wir sind dankbar, dass wir sie hier erleben können.
An einem unserer Fuchsentdeckungstage trafen wir auf eine Gruppe junger Pfadfinder, die sich ebenso über die füchsischen Begegnungen freuten. Wie schön ist es doch, dass es einen Ort gibt, wo Kinder die Tiere live erleben können und dafür nicht in einen Wildpark gehen müssen.
Wie sehr doch das Feindbild Mensch tierische Verhaltensweisen beeinflusst. Wir erinnern uns an die Forschungsarbeit unter der Leitung des Ökologen Justin Suraci von der University of California in Santa Cruz. Ein Forscherteam hat herausgefunden, dass wir durch unsere bloße Anwesenheit eine „Landschaft der Angst“ erzeugen.
„Menschen sind unglaublich tödlich. Wir sind für viele Arten die größten Raubtiere und daher eine Quelle der Angst“, sagt Justin Suraci, der die Beziehung von Raubtier und dessen Beute erforscht.
Anhand von GPS-Halsbändern und Fotofallen beobachteten die Forscher das Verhalten der Tiere, in dem sie jeweils Froschquaken oder menschliche Stimmen über Lautsprecher ertönen ließen.
Wenn beispielsweise Großraubtiere wie Pumas menschliche Stimmen hörten, reduzierten sie ihre Aktivitäten deutlich, bewegten sich langsamer und hielten Abstand. Beim Abspielen von Froschaufnahmen bewegten sie sich dagegen direkt durch die Landschaft. Rotluchse wurden bei Abspielen menschlicher Stimmen nachtaktiver, Stinktiere waren um 40 % weniger mobil, Opossums gingen sogar um 66 % weniger auf Futtersuche. Das verändert unser Ökosystem und die Interaktionen der Tiere.
Die Forscher berichteten, dass die verminderte Aktivität der Raubtiere das Verhalten ihrer Beute derartig beeinflusst, dass Mäuse und Ratten mutiger werden und ihren Aktionsradius um 45 % erhöhen, ebenso gingen sie um 17 % häufiger auf Nahrungssuche. „Sie scheinen dem Menschen nicht allzu abgeneigt zu sein und nutzen die Gelegenheit“, erklärt Suraci das Verhalten der Nager.
Es ist davon auszugehen, dass auch der Rotfuchs als einstig tag- und nachtaktives Tier aufgrund der Anwesenheit des Menschen in die Nachtaktivität geflüchtet ist. Den Studien zu Folge hat seine verminderte Aktivität aufgrund des Jagddrucks auch einen massiven Einfluss auf die Anwesenheit und Reproduktion seiner Beute, die eben größtenteils aus Nagern besteht.
Umso schöner ist es, miterleben zu dürfen, dass die Füchse im niederländischen Schutzgebiet ohne Scheu auf menschliche Stimmen, Gerüche oder ihre Anwesenheit reagieren. Sie zeigen natürliches artgemäßes Verhalten.
Grund genug, einmal unsere Rolle als Spitzenraubtier zu überdenken, wenn wir selbst Großraubtiere wie Pumas in Angst und Schrecken versetzen. Wir sollten uns der schwerwiegenden Folgen, die dies nicht zuletzt für den Menschen hat, bewusst sein.
Wollen wir, dass Füchse ihr natürliches und artgemäßes Verhalten zeigen, müssen wir die Jagd auf sie einstellen. Bitte unterstütze dieses Anliegen und fordere bis zum 18.08. die Wahlunterlagen zur dritten bundesweiten Volksabstimmung an und stimme für das Thema „Fuchsjagd beenden“.
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