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  • Dr. Martin Steverding

Stadtfüchse (I): Ex-RKI-Chef Wieler schürt Ängste

Hören - Nach Auffassung des ehemaligen Chefs des Robert-Koch-Instituts (RKI), Lothar Wieler, gibt es die Lebewelt der Wildtiere und die Welt der Menschen. „Um Infektionen zu vermeiden, sollten wir diese Welten so wenig wie möglich vermischen.“ Er konkretisierte diese Forderung gegenüber der Funke Mediengruppe mit dem Satz: „Die Verbreitung der Füchse in Städten ist grundsätzlich keine gute Entwicklung.“


Da ist es wieder, das ewige Gerede von den Gefahren durch den Fuchs. Die Tollwut ist weiträumig ausgerottet und in Deutschland längst Vergangenheit. Der jahrelange Hype um die Gefährlichkeit des Fuchsbandwurms scheint auch abgeklungen zu sein. Nun aber wird er wieder befeuert – durch den ehemaligen Leiter des RKI höchstpersönlich. Der Parasit kann eine lebensbedrohliche Erkrankung auslösen – korrekt, aber wie groß ist die Gefahr durch Füchse in der Stadt wirklich?

Füchse in Städten - Wieler schürt Angst
Wollen wir wirklich Wildtiere aus unserer direkten Nachbarschaft verbannen oder sind sie doch eine Bereicherung unseres Lebens? Bild: Luise Dittombée

Zum einen ist die Echinokokkose – so die wissenschaftliche Bezeichnung der Erkrankung durch den Fuchsbandwurm – eine der seltensten durch Tiere ausgelösten Krankheiten (Zoonosen) in Europa. Zum anderen ist das Risiko, sich durch den eigenen Hund zu infizieren, wesentlich höher als durch den (indirekten) Kontakt mit einem Fuchs. Das äußerst geringe Risiko einer Infektion kann man nochmal durch regelmäßige Entwurmung seiner Haustiere und entsprechende Hygiene reduzieren.


Wollen wir wirklich wegen dieses minimalen Risikos die Tiere aus unseren Städten, Siedlungen und Gärten verbannen? Wollen wir uns und unseren Kindern die Chance nehmen, sich an Wildtieren vor der Haustür oder vor dem Fenster zu erfreuen? Wollen wir uns wirklich noch mehr von der Natur entfremden und die letzten Kontakte zu ihr kappen?


Ist Herr Wieler sich eigentlich bewusst, was diese Trennung der Lebenswelten von Mensch und Tier bedeuten würde? Wir müssten unsere Siedlungen derart steril gestalten, dass die Tiere sich dort nicht mehr aufhalten möchten und/oder wir müssten die Tiere fortgesetzt töten, damit sie nicht in unserer Nähe Fuß fassen. Wollen wir das?


Wollen wir wirklich jede auch noch so kleine Gefahr eliminieren? Wollen wir vielleicht alle Bäume an Straßen und Wegen roden, damit niemand durch einen herabfallenden Ast verletzt wird? Konsequenterweise müssten wir dann aber zuerst alle Emissionen von Schadstoffen und Giften stoppen, den Klimawandel beenden, das Artensterben aufhalten etc., denn das sind die echten Gefahren.

Wir müssen die menschgemachten Probleme lösen, die unsere Existenz bedrohen. Füchse in den Städten sind kein Problem, sondern eine wunderbare Bereicherung und ein Teil der Problemlösung. Sie können uns durch ihre Anmut und Schönheit und ihr spannendes Verhalten erfreuen und uns mit der Natur in eine engere Beziehung bringen. Darüber hinaus helfen sie bei der Eindämmung von Krankheiten, indem sie Ratten und Mäuse jagen und Kadaver verzehren.

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Mehr über den Autor erfahren Sie auf: steverding-artenschutz.de

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