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  • Claudia Ward

Nester auf Strommasten: Störche sollen ausquartiert werden

Der Kreis Groß-Gerau in Südhessen mit seinen weiten Rheinauen gilt in ganz Europa

als eine „Storchenhochburg“. Im letzten Jahr brüteten dort erfolgreich 284 Paare.

Störche lieben die Gesellschaft ihrer Artgenossen und leben in Kolonien. In früheren Zeiten sah man Meister Adebar - wenn überhaupt - nur vereinzelt. Das lag daran, dass die Zugvögel nach den Wirtschaftsboom-Jahren hier keine geeigneten Brutplätze mehr vorfanden.


Dass die Art so erfolgreich im Kreis brütet liegt am Nahrungsangebot, an den wieder

vernässten Wiesen und der strukturierten Auenlandschaft. Auch das veränderte

Zugverhalten der Vögel spielt eine Rolle.


Durch klimatische Veränderungen bleiben die Frühlingsboten den Winter über

häufig in Deutschland, Frankreich oder Spanien. Mülldeponien liefern während

dieser Zeit genügend Nahrung.


Dadurch sinkt die Sterblichkeit und die vorhandenen Nistplätze werden knapp.

Aber Meister Adebar findet dennoch immer wieder neue Möglichkeiten, seine Nester

auch an ungewöhnlichen und teilweise brandgefährlichen Stellen zu errichten. Nester auf Schornsteinen, welche noch im Betrieb sind, oder aber auch auf Überlandleitungen sind keine Seltenheit. Diese Nester müssen dann schnell entfernt werden, denn Sicherheit für Mensch und Tier geht vor.


In diesen Tagen passiert das auch auch auf Strommasten auf den Rheinauen in

Ginsheim bei Mainz. Seit einigen Jahren errichten die Zugvögel dort bereits ihre Nester und sind beliebt bei Jung und Alt.


Der Stromversorger Mainzer Netze überlegt schon seit einigen Jahren, wie man des „Problems“ Storch Herr werden kann. Und so entstand in Zusammenarbeit mit dem NABU Hessen die Idee, es mit kleinen sich selbst drehenden Windrädern auf den Traversen der Strommaste zu versuchen.


Im Februar diesen Jahres haben die Mainzer Netze diese „Propeller“ an den Stellen

anbringen lassen, wo die Störche ihre Nester bauen. Doch die Störche waren nicht dumm, schauten sich dieses „komische Etwas“ aus der Luft genauer an und kamen zu dem Entschluss ihre Nester genau auf die Ventilatoren zu errichten und damit die Propeller zu stoppen. Insgesamt wurden auf drei Strommasten fünf Nester von den Störchen erbaut. Viele Bürger in Ginsheim und Umgebung freuten sich bereits auf ein

weiteres spannendes und erfolgreiches Storchenjahr in Ginsheim.


Ginsheimer Storchenpaar auf Strommast
Das " Ginsheimer" Storchenpaar am Damm Bild: Ward

Doch nun sollen die Nester entfernt werden!


Zu häufig muss der Stromversorger anrücken, um z.B. Äste zu beseitigen, die auf die Leitungen gefallen sind. Da spielen sicherlich auch die Kosten eine Rolle. Wir gehen davon aus, dass die Untere Naturschutzbehörde eine Genehmigung für die Entfernung der Nester erteilen wird.


Bernd Petri, Biologe und Vogelexperte des NABU Hessen begleitet als

Sachverständiger die ganze Aktion und wird jedes Nest vor dem Abbau

mittels einer Drohne überprüfen, ob sich bereits Eier in den Nestern befinden. Sollte

dies der Fall sein, darf das Nest nicht entfernt werden. Alle anderen dürfen entfernt

werden.


Sollten die Störche nicht weiterziehen um ihre neuen Nester anderswo aufzubauen

und diese erneut in den Strommasten errichten, dürfen sie ebenso bleiben. Denn die

Zeit der Eiablage ist nahe, diese erfolgt meist ab Ende März.


Störche sind standorttreue Vögel und kommen immer wieder an die Stellen ihrer

Geburt zurück. Somit würden auch die in diesem Jahr geschlüpften Jungstörche in

einigen Jahren ihre Nester wieder in den Strommasten errichten. Keine Frage, das Errichten der Nester auf den Strommasten nahe der Stromleitungen bedeutet auch eine Todesfalle für die Tiere. Ganze Nester sind schon in Brand geraten. Dennoch hätte man nach Alternativen suchen können und zum Beispiel Nisthilfen für die Störche nahe der Strommasten errichten können.


Störche auf der Langenau bei Ginsheim
Störche auf der Langenau bei Ginsheim Bild: Ward

Aber die Störche sind dem Kreisjägerverein Groß-Gerau ein Dorn im Auge. Die kommen mal wieder mit Schauermärchen über Störche, welche Hasenbabys fressen. Nach Fuchs, Rabe und Greifvogel ist nun der Storch das neue Feindbild. Einer muss ja der Verantwortliche sein für den Rückgang der Feldhasenpopulation. Dabei ist der Hauptverursacher immer noch die intensive Landwirtschaft und die Jagd auf Feldhasen selber.


Wichtig wäre es vor allem, abgestorbene Bäume wie z.B. Pappeln ohne Krone stehen

zu lassen. Diese dienen dann als natürliche Nisthilfen. Störche gibt es keinesfalls zu viele und die Population regelt sich von selber durch Krankheiten und durch das Nahrungsangebot. Findet sich keine Nahrung ziehen die Störche in andere Regionen.

Die Lebensräume sollten unbedingt geschützt werden, um eine große Artenvielfalt zu

erhalten. Ständiger Flächenfraß und eine intensive Landwirtschaft sowie die

Hobbyjagd schaden dem Artenerhalt.

Störche auf Nisthilfe
Störche auf Nisthilfe Bild: Ward

Bernd Petri gibt noch zu Bedenken, dass das Entfernen schon eine sinnvolle Lösung ist,

denn wenn in einigen Jahren zum Beispiel die Masten mit sieben oder acht Nestern

belegt sind könnte der Mast abgestellt werden und eine Stromversorgung wäre nicht

mehr gegeben. Somit ist es auch im Sinne des Tier- und Naturschutzes, die Nester zu

entfernen und es bleibt zu hoffen, dass die Störche genügend andere Nisthilfen finden

können. Und vielleicht spendieren die Mainzer Netze gemeinsam mit

dem NABU Hessen auch die ein oder andere Nisthilfe.

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