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Dr. Martin Steverding

Der Biber von Borken - kein(e) Partner(in) in Sicht

Hören | Am Niederrhein ist der Biber inzwischen fest etabliert. Er besiedelt die meisten Altarme und Kiesbaggerseen längs des Rheins, sowie einige seiner Nebenflüsse. An der Lippe, die in Wesel in den Rhein mündet, kommt er verbreitet vor und er hat es auch in die Ruhr geschafft. Ganz anders sieht es bisher unmittelbar nordöstlich angrenzend im Kreis Borken aus:


Seit 2009 lebt hier genau ein einziger Biber an dem Flüsschen Bocholter Aa. Wir berichteten im vergangenen Jahr bereits über ihn:



Sollte es immer noch dasselbe Tier wie im Jahr 2009 sein, dann wäre es bereits mindestens 17 Jahre alt, da Biber im Alter von zwei Jahren selbständig werden. Es ist aber auch möglich, dass der erste Biber verstorben und an seine Stelle ein anderer getreten ist. Allerdings waren jeden Winter frische Nagespuren zu sehen, so dass das Revier zumindest nicht lange leer gewesen sein kann.


Seit Herbst vergangenen Jahres bin ich dem Biber intensiv auf der Spur. Ich beobachte ihn regelmäßig mit der Wärmebildkamera oder im Sommer auch direkt bei Tages- bzw. Abendlicht. Ich kenne den „Dicken“ schon ein wenig persönlich und freue mich immer wieder, ihn oder sie zu sehen. Die Geschlechter kann man bei Bibern äußerlich nicht unterscheiden, Ausnahme sind säugende Weibchen mit auffälligen Zitzen.


Ursachenforschung: Warum ist „der Dicke“ weiterhin allein? Warum hat erst ein Biber oder vielleicht insgesamt zwei den Weg in die Bocholter Aa nach Borken geschafft? In dem oben genannten Berichten sind die Schwierigkeiten geschildert, mit denen der Biber bei seiner Zuwanderung 2009 zu kämpfen hatte, aber auch, dass der Fluss inzwischen etwas besser passierbar ist. Es gibt aber noch ein weiteres, möglicherweise entscheidendes Hindernis:


Wie offensichtlich vielerorts in NRW, werden Nutrias und Bisams in der Bocholter Aa mit Schlagfallen bekämpft. Eingesetzt werden dort mit Äpfeln beköderte „Leprich-Köderfallen“. Sie funktionieren auf Abzug, sie schlagen also zu, wenn das Tier am Köder zieht. Die Gefahr für zufällig hineintretende Tiere oder auch für Menschen ist dadurch geringer als bei durch Druck auslösenden Fallen. Wie klein, oder vielleicht auch nicht ganz so klein die Gefahr ist, kann ich nicht beurteilen. Für den Biber ist die Gefahr definitiv groß, denn Äpfel sind für ihn attraktive Köder.

 

Die Untere Naturschutzbehörde des Kreises Borken gab auf Anfrage an, keine Schlagfallen im Biberrevier einzusetzen. Auf den Hinweis, dass aber zuwandernde Biber gefährdet sind, kam keine befriedigende Antwort. Angeblich sei noch kein Biber in eine der Fallen geraten – es ist aber die Frage, ob der beauftragte Nutria- und Bisamfänger dies gemeldet hätte. Der Biber ist eine gemäß der europäischen Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie streng geschützte Art, die gemäß § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG keinem signifikant erhöhten Verletzungs- und Tötungsrisiko ausgesetzt werden darf. Ein solches ist hier aber gegeben.

 

Außerdem stellt sich die Frage nach der rechtlichen und der ethischen Vertretbarkeit der Bekämpfung von Nutria und Bisam. Beide Arten gelten in NRW als „Schädlinge“. Sie werden ohne Rücksicht auf Elterntierschutz ganzjährig getötet. Beides sind sogenannte „invasive“ Arten, die aber nicht in einer Art Invasion bei uns eingefallen sind, sondern durch Menschen aktiv nach Europa transportiert wurden – auch wenn das Entweichen aus Pelztierzuchten nicht beabsichtigt war. Sowohl für den Uferschutz als auch für die Vegetation sind die Folgen der Anwesenheit dieser beiden Nager sichtbar. Es ist aber dennoch nicht zu rechtfertigen und zu vertreten, ihnen jegliches Lebensrechtabzusprechen. Sie sind ebenso empfindungsfähig wie die Tiere, die wir vielleicht sympathischer finden.

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