top of page
  • Dr. Martin Steverding

Baujagd auf Füchse: Verflechtung des NABU mit der Jägerschaft


Hören - In der Dokumentation „Zwischen Wildnis und Welternährung“, verbreitet im reichweitenstarken Online-Jagdmagazin „Der Überläufer“, wird Baujagd auf Füchse durch und im Namen des NABU gezeigt. Bekleidet mit NABU-Hoody im vereinstypischen Blau mit der weißen Schrift schickt Jan Blaue, aktiv im NABU Sachsen-Anhalt, seinen Parson-Russel-Terrier in einen Fuchsbau an der mecklenburgischen Ostseeküste. Anschließend schießt er auf den flüchtenden Fuchs, ohne ihn tödlich zu verletzen.

Fuchs unter einem Baumstamm
Baujagd findet im Namen von und durch den NABU statt. Bild: Luise Dittombée

Die Hinwendung des NABU zur Jagd wird unübersehbar immer stärker und gipfelt nun in der Mitarbeit des Verbandes selbst am sogenannten „aktiven Prädatorenmanagement“. Für den größten deutschen Naturschutzverband ist die Tötung von Beutegreifern inzwischen ein übliches Instrument des Naturschutzes. Eine ethische Grundsatzdebatte dazu existiert im NABU nicht, Kritik an dieser Praxis ist unerwünscht.


Der NABU Nordrhein-Westfalen hat Ende des vergangenen Jahres die Fuchsfreunde NABU, eine jagd- und fuchsjagdkritische Initiative innerhalb des Verbandes, kurzerhand verboten. Wir fordern daher den NABU NRW in einem offenen Brief zu einer Stellungnahme zur Fuchsjagd auf. Eine entsprechende Aufforderung an den NABU-Bundesvorstand wird folgen.


Der offene Brief wurde gemeinsam von Wildtierschutz Deutschland, Aktionsbündnis Fuchs, Pro Fuchs Deutschland und dem Netzwerk Fuchs, einer verbandsübergreifenden Initiative für die Abschaffung der Fuchsjagd, verfasst.

+++


Link zum Video, die Sequenz zur Baujagd läuft ab Minute 9

+++


Offener Brief an NABU NRW vom 4. September 2023 (als PDF hier herunterladen):


Sehr geehrte Frau Naderer, sehr geehrter Herr Chwallek, sehr geehrte Mitglieder des Vorstandes des NABU NRW,


in dem aktuellen Video „Zwischen Wildnis und Welternährung“, verbreitet im reichweitenstarken Online-Jagdmagazin „Der Überläufer“, wird gezeigt, wie im Namen des NABU in Sachsen-Anhalt Baujagd auf Füchse betrieben wird. In der Aufnahme wird Jan Blaue, NABU-Mitglied und aktiver Jäger, bei der Baujagd auf Füchse gezeigt. Bekleidet mit NABU-Hoody schickt er seinen Parson-Russel-Terrier in den Fuchsbau und gibt zwei Fehlschüsse auf den fliehenden Fuchs ab. Seine Aussagen in dem Beitrag sind unter anderem: „…der Fuchs ist durchaus Letalfaktor für alles“ und „Baujagd ist ein ganz probates Mittel, um zu einer ganz wichtigen Zeit, den Beutegreiferdruck rauszunehmen“. Zuvor sagt im gleichen Video der Berufsjäger Hans-Kristian Sierk aus, dass viele, die im NABU tätig sind, „ganz erfolgreich Bodenjagd und Baujagd betreiben“ und dass es genug Projekte gibt, wo der NABU „Fallenjagd und Bodenjagd ganz erfolgreich betreibt,“ und „An der Basis weiß das einfache NABU-Mitglied, dass diese Bejagung unglaublich notwendig ist…“


Die gezeigte Praxis verstößt klar gegen das Positionspapier des Bundesverbandes zur Jagd, in dem ein Verbot der Bau- und Fallenjagd gefordert wird. Sie ist ebenso unvereinbar mit der Position des Landesverbandes NRW, in der die Streichung des Rotfuchses von der Liste der jagdbaren Arten gefordert wird. Darin befürwortet der NABU eine Bejagung nur für die Arten, die biologisch nachhaltig genutzt werden können und räumt ein, dass dies für Füchse nur ausnahmsweise zutrifft.


Im Jahr 2022 gründeten wir die „Fuchsfreunde NABU“ mit dem Ziel, die in der genannten NRW-Position geforderte Streichung des Fuchses aus der Liste der jagdbaren Arten zu unterstützen und Tendenzen im Natur- und Artenschutz in Richtung einer stärkeren Bejagung von Prädatoren entgegenzuwirken. Leider wurden die „Fuchsfreunde NABU“ etwa ein halbes Jahr nach ihrer Gründung von Ihnen, Frau Naderer, verboten. Als Begründung wurde angegeben, dass es sich nicht um eine durch den Bundesvorstand genehmigte Gruppierung handelte – dies trifft jedoch für eine große Zahl an Gruppierungen innerhalb des NABU zu, die weiterhin aktiv sind. Eine plausible Begründung des Verbots liegt also nicht vor und ein von Ihnen (Landesvorstand) angebotenes Gespräch fand nie statt.


Die geschilderten Sachverhalte wecken den Anschein einer zunehmenden Verflechtung des NABU mit den Jägerschaften bzw. Jagdverbänden, die unseres Erachtens sehr bedenklich ist und die Glaubwürdigkeit des NABU als Naturschutzverband aufs Spiel setzt. Aus diesen Gründen habe ich (Martin Steverding) den Verband nach 36 aktiven Jahren verlassen. Ich (Gabi Joormann) leite als noch aktives Mitglied eine NAJU-Gruppe.


Der Fuchs und die anderen Beutegreifer spielen in der Berichterstattung des NABU (mit Ausnahme der seltenen Arten wie Otter, Wildkatze oder Luchs) kaum eine Rolle, obwohl das Interesse der Gesellschaft an diesen Tieren deutlich wächst (siehe mehrere Bestseller über den Fuchs). Stattdessen wird der Fuchs beim NABU nahezu ausschließlich als possierlicher Werbeträger eingesetzt, was in scharfem Widerspruch zu den oben geschilderten Sachverhalten steht.


Wir bitten Sie vor dem Hintergrund der geschilderten Sachverhalte, die folgenden Fragen in einer Stellungnahme zu beantworten:

  • Hat die unter dem Link (https://nrw.nabu.de/natur-und-landschaft/landnutzung/jagd/jagdbare-arten/beutegreifer/05325.html) formulierte Position zum Rotfuchs in NRW weiterhin Bestand?

  • Distanziert sich der NABU NRW von der in dem oben genannten Video mehrfach formulierten Position, dass die Baujagd und die Fallenjagd auf Füchse und andere Prädatoren im Rahmen von Artenschutz vertretbar sind?

  • Ist es richtig, dass der NABU Fallen- und Baujagd selbst betreibt, wie im Video von Herrn Sierk ausgesagt wurde. Wenn ja, ist dies auch in NRW der Fall?

  • Wie positioniert sich der NABU NRW zur Ausbildung von Jagdhunden an lebenden Füchsen in Schliefenanlagen?

  • Warum fordert der NABU (zurecht!) auf Landes- und Bundesebene den Schutz gefiederter Prädatoren, während die Tötung von Raubsäugern in nicht wenigen Fällen vom NABU legitimiert wird?

  • Bestehen im NABU NRW Richtlinien, wann bzw. in welchen Situationen eine Tötung von Prädatoren im Rahmen des Prädationsmanagements vertretbar ist?

  • Im Positionspapier des Bundesverbandes (s.o.) steht, dass der Tierschutz, sowie die ethischen Anforderungen der Gesellschaft beachtet werden. Fakt ist, dass weniger als 10 % der deutschen Bevölkerung die Fuchsjagd befürworten (Quelle s. u.). Sind die ethischen Anforderungen der Gesellschaft diesbezüglich Ihres Erachtens im NABU NRW ausreichend berücksichtigt?

  • Gibt es im NABU (NRW und/oder Bundesverband) überhaupt eine ethische Grundsatzdebatte? Als philosophische und moralische Grundlage ist unseres Erachtens für alle Natur- und Tierschutzverbände der Fähigkeitenansatz von Martha Nussbaum zu empfehlen. Dieser Ansatz basiert auf der Idee, dass Tiere (und Menschen) in der Lage sein müssen, ihre artspezifischen Fähigkeiten auszuleben.

Wir bitten um eine Stellungnahme und eine Beantwortung unserer Fragen. Wir können es nicht länger hinnehmen, dass heimische Wildtiere wie Fuchs, Dachs und Marder beim NABU kaum eine Rolle spielen und dass beim Leid dieser Tiere, insbesondere der Füchse, weiterhin weggeschaut wird.


Quelle der Umfrage zur Fuchsjagd:

(Kimmig, S. E., Flemming, D., Kimmerle, J., Cress, U., & Brandt, M. (2020). Elucidating the socio‐demographics of wildlife tolerance using the example of the red fox (Vulpes vulpes) in Germany. Conservation Science and Practice, 2(7), e212.)


bottom of page