"Wald vor Wild" - von diesem lange überholten Leitsatz lässt sich auch der Umweltminister Till Backhaus (SPD) in Schwerin leiten: Per Order di Mufti lässt er die Schonzeit für Rehböcke um viereinhalb Monate verkürzen, die Jagdzeit für Rotwild (Hirsche) und Damwild soll bereits Mitte April anstatt wie bisher Anfang Juni beginnen. Zudem will Backhaus die Möglichkeiten von Treib- und Drückjagden zeitlich ausweiten. Ziel sei die Reduzierung von Verbiss- und Schälschäden durch weitere Dezimierung der Huftiere des Waldes ("Schalenwild"). Eine waidgerechte Jagd wird in Mecklenburg-Vorpommern wie in weiten Teilen der Republik schon heute kaum noch praktiziert.
Die Schonzeit des Rehbock soll bereits Mitte April enden. Die Jagdzeit wird in Mecklenburg-Vorpommern um viereinhalb Monate verlängert. Bild: Timo Litters
Die Jagd auf Schalenwild ist in den letzten Jahrzehnten bereits erheblich intensiviert worden. Behörden verpflichten Revierinhaber immer mehr Rehe und Hirsche zu schießen. Im Ergebnis hat das dem Wald dennoch nichts genutzt. Kontinuierliche Störungen des Wildes durch die Jagd führen zu höherem Energiebedarf und einer Deckung des Nahrungsbedarfes, wo es eben irgendwie möglich ist. Zielführender im Hinblick auf weniger Schäden durch Wildtiere im Wald wären großräumig angelegte jagdfreie Rückzugsgebiete für die Tiere und eine signifikante Reduzierung der Jagdzeiten. Diese Strategie führt bereits heute in einigen Privatwäldern und in Teilen der Schweiz dazu, dass das Wild ungestresst seine Nahrung in störungsfreien Arealen zu sich nehmen kann, und dadurch der Verbiss von jungen Bäumen kein Thema mehr ist.
Marianne Rautenberg, SPD-Kommunalpolitikerin, Sprecherin BUND-OG Lage, .Vors. “Unsere Hände f.v. Pfoten e.V., www.ramses-und-co.org, äußert sich dazu in einem offen Brief:
Sehr geehrter Genosse Backhaus,
obwohl Kritik von professioneller Seite Dein Vorhaben, die Jagdzeiten in Mecklenburg-Vorpommern auszuweiten, sehr deutlich geäußert wird, scheint es hier wider besseres Wissen von seiten eines SPD-Ministers keine Einsicht zu geben.
Dagegen wehre ich mich als Tierschützerin, als BUND-Funktionärin, aber auch als seit drei Jahrzehnten tätige SPD-Kommunalpolitikerin mit aller Entschiedenheit.
In den vergangenen Jahren wurde in Mecklenburg-Vorpommern bekannterweise schon erheblich mehr Wild geschossen als üblich und notwendig. In den letzten 20 Jahren (1998 - 2018) wurden in MV zwei Drittel mehr Rotwild, drei Viertel mehr Damwild und doppelt so viel Schwarzwild erlegt!
Abgesehen davon, dass es hier um Lebewesen geht, die eine Daseinsberechtigung haben, lässt Deine Haltung mangelnde Empathie und eine ethische Grundeinstellung vermissen, die bei einem Umweltminister eigentlich vorausgesetzt werden müsste.
Hier sehen wir einsame Entscheidungen nach Gutsherrenart, und die passen nicht zu unserer SPD, im Gegenteil, so eine Haltung schadet unserer Partei. Die Einsicht hat sich zwar ganz allgemein auf Parteiebene noch nicht durchgesetzt, aber der Tierschutz hat bei zukünftigen Wahlentscheidungen einen hohen Stellenwert.
Ich persönlich habe sowohl als Ortsvereinsvorsitzende als auch als Stadtverbandsvorsitzende viele Wahlkämpfe erfolgreich geführt.
Wenn all diese Bemühungen nun durch derartig großkotzige selbstherrliche Fehlentscheidungen zunichte gemacht werden, dürfen wir uns nicht wundern, wenn wir unter die 10%- Marke rutschen.
Deshalb fordere ich im Namen all meiner Mitstreiter, von einer Ausweitung der Jagdzeiten in MV Abstand zu nehmen und statt dessen konsequent Tierschutzstandards einzuhalten.
Ich schließe mit den Worten von Pythagoras:
“Alles, was der Mensch den Tieren antut, kommt auf die Menschen wieder zurück”.
Marianne Rautenberg
Sprecherin BUND-OG Lage
1.Vors. “Unsere Hände f.v. Pfoten e.V.
www.ramses-und-co.org
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