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  • Lovis Kauertz

Guantánamo für Füchse im Wildpark Frankenberg (Eder), Hessen

Ein beschaulicher Ort im Norden Hessens, ein Wildpark mit heimischen oder heimisch gewordenen Tieren. Doch der Eindruck trügt:

Schon 2012 machte der Kreisverband Waldeck-Frankenberg des BUND – Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland Politik und Öffentlichkeit auf diverse Missstände in Frankenbergs Wildpark aufmerksam. Im Hinblick auf einen Zwinger, in welchem freiheitsliebende Füchse Verhaltensstörungen zeigen, leider ohne Erfolg.

Vom Vertinäramt als tierschutzkonforme Tierhaltung bewertet, Bild: Rudi Schäfer

Eine Mitarbeiterin des Vereins bezeichnete diese Haltung treffend als Guantánamo für Füchse und handelte sich bzw. der Kreisgruppe des BUND eine Anzeige des Jagdterrier-Clubs ein, der die Tiere zwecks Ausbildung der Jagdterrier für die Baujagd dort hält. Der Jagdhunde-Club legte ein Protokoll des Veterinäramtes vor, wonach sowohl die Unterbringung der Füchse als auch die Arbeit mit den Tieren in der Schliefanlage (siehe unten) tierschutzkonform seien. Das sah zumindest 2002 wohl auch der Hessische Verwaltungsgerichtshof so, es sah in der Verwendung von Füchsen im Rahmen der Jagdhundeausbildung in der Schliefanlage keine Verstöße gegen das Tierschutzgesetz.

Besucher des Wildparks Frankenberg (Eder) berichteten uns in diesen Tagen, dass sich an der Unterbringungssituation der Füchse in Frankenberg wohl nichts geändert habe und die beiden dort in einem ärmlichen Zwinger gehaltenen Füchse schwere Verhaltensstörungen zeigen. An einer Änderung der Situation scheinen die verantwortlichen Lokalpolitiker, nicht interessiert zu sein. Der BUND mutmaßte seinerzeit, dass das eventuell auch daran liege, dass Stadtverordnete zum Teil der Jägerschaft angehören.

Füchse im Gehege der von Wildtierschutz Deutschland unterstützten Fuchsauffangstation

Auf dem Gelände des Wildparks Frankenberg betreibt der örtliche Jagdterrier-Club auch eine Schliefanlage. Schliefanlagen dienen der Ausbildung von Erdhunden zur Baujagd auf Füchse und Dachse. Bei dieser Art der Jagd werden kleine, aggressive Jagdhunde in den Fuchsbau geschickt, um dort verharrende Füchse heraus zu jagen. An den Ausgängen warten währenddessen die Schützen darauf, zum Schuss zu kommen. Mutige Füchse lassen es bisweilen auf einen Kampf mit dem Hund ankommen, der im schlimmsten Fall für beide Beteiligten tödlich enden kann, meist aber zumindest zu gravierenden Verletzungen führt. In Internet-Foren zur Jagd finden sich zahlreiche Bilder übel zugerichteter Jagdhunde, mit denen Jäger die "Raubwildschärfe" ihrer Hunde beweisen.

Es besteht ein breiter Konsens darüber, dass Wildtiere Rückzugsgebiete und Ruhezonen brauchen, in denen Eingriffe und Störungen vermieden werden sollten. Für die vielen Jägern verhassten Füchse scheint dies nicht zu gelten: Bei der Baujagd werden sie an genau jenem Ort bekämpft, an dem sie Schutz suchen, an den sich zurückziehen, wo sie ihre Jungen zur Welt bringen und während der ersten Wochen großziehen. Ihr letzter Rückzugsort wird so zur Falle, an dem sie in Panik versetzt und getötet werden. In der Schliefanlage werden Jagdhunde an lebenden Füchsen zur Baujagd abgerichtet. Die betreffenden Füchse werden oft zu Beginn der „Ausbildungssaison" gefangen, zwischen den Ausbildungsabschnitten in Käfigen wie dem im Frankenberger Wildpark gehalten, und am Ende der Saison von Hund oder Jäger getötet. Die Schliefanlage selber besteht aus einem System von Betonröhren, durch das der abzurichtende Hund den Fuchs jagt. Um die Tötung des Übungsfuchses in frühen Phasen der Ausbildung durch den Jagdhund zu vermeiden, sind einzelne Abschnitte der Anlage durch Schieber abtrennbar.

Dennoch kommt es Augenzeugenberichten zufolge immer wieder zu schweren, nicht selten tödlichen Verletzungen auf Seiten des Fuchses. Aus jagdlicher Sicht ist dies bisweilen durchaus nicht unerwünscht, da nur so "der Fuchs (...) in seiner unmittelbaren Wehrhaftigkeit (...) kennengelernt wird", wie Jagdautor Dirk Neumann schreibt. Unabhängig davon bedeutet das wiederholte Gejagtwerden für den Fuchs extremen Stress und Todesangst; er ist ohne Fluchtmöglichkeiten seinen Feinden Mensch und Jagdhund ausgeliefert, was bis hin zum Tod durch Herzinfarkt führen kann.

Im Auftrag des Schweizer Tierschutzes STS kam 2009 eine Studie, durchgeführt von Dr. Sandra Gloor und Dr. Fabio Bontadina von SWILD, zu dem Ergebnis, dass der Einsatz von lebenden Füchsen bei Bauprüfungen und Übungen am Kunstbau aus verhaltensbiologischer Sicht als Tierquälerei bezeichnet werden muss.

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