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  • Gabi Joormann / Dr. Martin Steverding

Das erste Mal: Ein Fuchswelpe am helllichten Tag

Hören - Ich erinnere mich noch sehr gut an den Tag, als Martin mir den zwischen Gras und Brombeerbüschen versteckten Fuchsbau zeigte. Unweit der Fuchswohnung steht ein Hochsitz am Rand einer Wiese. Wir hatten gleich ein mulmiges Gefühl, denn der Jäger hatte es auf Füchse abgesehen, das bezeugen zwei Fuchsfallen in seinem Revier. Uns war bewusst, dass er nur solange warten würde, bis die Welpen aus ihrer Kinderstube heraus ihre Entdeckungsreise zur nahegelegenen Wiese machen. Vom Bau war das ein Katzensprung und der Hochsitz am Wiesenrand eine bequeme Abschussrampe. Unsere Befürchtung wurde zur Gewissheit: Ein frisch bestückter Luderplatz auf freigemähter Schneise sollte die Sichtung und den Abschuss erleichtern.

Fuchswelpen auf der grünen Wiese bei Detmold
Im satten Grün sahen wir urplötzlich etwas fuchsrotes aufspringen und hielten den Atem an.

Wir versuchten, die Tötung zu verhindern und nahmen Kontakt zum Besitzer der Eigenjagd auf, der daraufhin mit dem Jagdpächter sprach. Der schien einsichtig und wir atmeten erleichtert auf. Wenigstens diese Familie durfte leben. Wir freuten uns wie Bolle auf schöne Beobachtungen und stellten mit Einverständnis des Jägers eine Wildkamera in der Nähe des Fuchsbaus auf. Man muss wissen, Füchse sind in unserer Gegend selten anzutreffen. Aufgrund des Jagddrucks sind sie unglaublich scheu und kommen erst bei absoluter Dunkelheit aus ihrem Rückzugsort, dem Fuchsbau, heraus. Bisher hatten wir spielende Fuchswelpen leider ausschließlich mit einer Wärmebildkamera beobachten können.


Wann immer es ging, besuchten wir dieses Waldstück und richteten uns ein Versteck hinter einem Gebüsch aus jungen Fichten ein. Die Wildkamera zeigte zunächst Aufnahmen eines Welpen, oder waren es mehrere? – und zwei Bilder der Fuchsmutter. Anhand der Größe der Welpen ahnten wir, dass ein Ausflug zur nahegelegenen Wiese unmittelbar bevorstand. Die Vorfreude war groß. Wie viele Jungfüchse waren es wohl? Das Gras vor dem Fuchsbau war von Spielen plattgetreten, und dass dort mitten in der Nacht die Post abging, bezeugten viele Kameraaufnahmen. Nun wussten wir, es waren insgesamt vier quietschfidele Energiebündel, die übereinander hersprangen oder sich einer rasanten Verfolgungsjagd hingaben, das alles im Schutz der Dunkelheit. Würden sie sich auch einmal bei Tageslicht zeigen? Martin und ich hätten nicht daran geglaubt, dass unser innigster Wunsch sich einige Tage später erfüllen sollte.


Es war am 18. Mai 2023, einem Feiertag, als wir uns am Morgen die Räder schnappten und zum Waldstück radelten. Dort angekommen schlichen wir, wie schon einige Male zuvor, mit größter Vorsicht zu unserem Versteck. Kein Knacken oder Räuspern sollte uns verraten. Immer wieder hielten wir inne. Nach einer gefühlten Ewigkeit erreichten wir das Gebüsch und nahmen mit unseren Ferngläsern die Wiese in Augenschein. Im satten Grün sahen wir urplötzlich etwas fuchsrotes aufspringen und hielten den Atem an. Es war tatsächlich ein Fuchswelpe, am helllichten Tag. Mein Herz pochte vor Freude, mit zitterten Händen umschloss ich das Fernglas. Während vor uns deutlich erkennbar ein Fuchs den Mäusesprung übte, tauchten aus dem Nichts die Fuchsmutter und weitere Welpen auf. Wir hielten die Luft an, jetzt bloß nicht bewegen. Angespannt bis in die Haarspitzen beobachteten wir die Familienszenerie, soweit wie das mit dem hochgewachsenen Gras möglich war. Wir sahen ein ausgelassenes Miteinander. Die Welpen fegten über die Wiese, während die Füchsin die Nase in den Wind hielt und ihre Ohren zu allen Seiten hin ausrichtete. Eine achtsame Mutter, die stets ihre Kinder im Blick hatte. Wir schätzten ihr Alter auf drei Jahre – älter als der Durchschnitt, denn bei uns leben Füchse aufgrund des Jagddrucks im Mittel nur 11 Monate.

Die vier Welpen schienen ihre Mutter aufzufordern und Mama ließ sich für kurze Zeit auf das turbulente Spiel ihrer Racker ein. Ein Welpe sprang der Füchsin zum wiederholten Mal freudig auf den Rücken, um an ihrem Hinterteil wieder herab zu rutschen. Es war eine große Freude zu sehen, wie gern und ausgelassen auch Füchse miteinander spielen. Vier Energiebündel, die voller Leben stecken und nichts weiter als Spaß miteinander haben. Ihre Mutter war bereitwillig Klettergerüst und Rutschbahn für ihre Kleinen. Hin und wieder schloss sie die Augen, sie schien die gemeinsamen Momente ebenfalls zu genießen, vielleicht waren es aber auch die wärmenden Strahlen der Morgensonne. Uns beiden wurde jedenfalls warm uns Herz, war uns doch die Kostbarkeit dieses einzigartigen Erlebnisses bewusst. Mit Glücksgefühl und großer Dankbarkeit erinnern wir uns auch heute noch an diesen Moment zurück.


Wir wünschen uns daher sehr, dass viele Menschen solche glücksbringenden Fuchserlebnisse mit uns teilen und diese Tiere so kennenlernen, wie sie wirklich sind: liebenswert, faszinierend, scharfsinnig und sehr sozial.


Aber wie geht es nun mit Familie Fuchs weiter? Lässt der Jäger sie auch weiterhin leben, oder hat er ganz andere Pläne? Das erfahrt ihr im 2.Teil.

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