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Lovis Kauertz

Wölfin Gloria: NRW-Umweltminister kann Wolfsrudel auslöschen

Aktualisierung (2): 21. Dezember:

Das Verwaltungsgericht Düsseldorf hat die Abschussverfügung zur Wölfin Gloria im Rahmen einer Zwischenverfügung vorerst ausgesetzt: Gloria darf bis zu einer Entscheidung hinsichtlich der Anträge nicht abgeschossen werden.


Aktualisierung (1) 21. Dezember:

Der BUND NRW und die Gesellschaft zum Schutz der Wölfe haben Eilantrag bzw. Klage gegen die Abschussverfügung der Wölfin Gloria im Kreis Wesel auf den Weg gebracht hat. Damit soll der ab heute ermöglichte Abschuss der Wölfin mit sofortiger Wirkung gestoppt werden.


Aktualisierung 20. Dezember:

Wölfin Gloria (GW954f) im Kreis Wesel ab dem 21. Dezember 2023 zum Abschuss freigegeben. Das NRW-Umweltministerium begründet die Verfügung u.a. damit, dass man künftig einen „ernsten wirtschaftlichen Schaden“ erwarte. Im Gegensatz zur Meinung der Naturschutzorganisationen sieht das Ministerium durch die Tötung der Wölfin keine Gefährdung des Erhaltungszustands der Population in NRW. Das obwohl Gloria die einzige gebärfähige Wölfin im Territorium nördliche der Lippe ist und ein Kollateralschaden durch die Tötung weiterer Wölfe billigend in Kauf genommen wird.

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Hören - Die Wölfin Gloria (GW954f), die seit etwa sechs Jahren im Territorium Schermbeck (Wesel) lebt, soll wohl auf Anordnung von NRW-Umweltminister Oliver Krischer (B90/Die Grünen) noch in dieser Woche per Allgemeinverfügung durch den Kreis Wesel getötet werden.  


Wolf im Unterholz, Frontalansicht Wolfsrüde
Bild: Heiko Anders

Spannend dürfte werden, auf welcher Grundlage die Wölfin „entnommen“ werden soll. Wirft man einen Blick auf nachgewiesene Schadenverursacher von Rissen im Wolfsterritorium Schermbeck, so findet man erst zum 31.10.2023 den Riss von zwei Schafen, der eindeutig der Wölfin Gloria zugeordnet werden kann.

 

Der letzte einem nicht individualisierten Wolf nachgewiesene Riss im Territorium Schermbeck ist vom 14.11.2023 datiert. Bei diesem Wolf handelte es sich nachweislich nicht um Gloria. Der aktuelle letzte Riss im Kreis Wesel, zu dem bisher allerdings nicht feststeht, ob es sich überhaupt um einen Wolfsriss gehandelt hat, war am 11.12.2023 [1]. Sollte in diesem Fall ein Wolfsriss noch eindeutig festgestellt werden, so könnte das nach dem Beschluss der Umweltministerkonferenz die Grundlage für eine Wolfsentnahme sein - vorausgesetzt, die gerissenen Schafe waren durch geeignete Herdenschutzmaßnahmen gesichert: Die Ausnahmegenehmigung dürfte dann im Umkreis von 1.000 m um die letzte Rissstelle bis zum 1. Januar 2024 gelten.

 

Wir gehen davon aus, dass eine Verfügung auf jeden Fall per Eilantrag angefochten wird. Da gibt es einfach zu viele rechtliche Schwachpunkte:

  • Wie wird die Region mit erhöhtem Rissaufkommen definiert. Ab wann kann man überhaupt von erhöhtem Rissaufkommen sprechen?

  • Relevant für eine Abschussgenehmigung kann ein erhöhtes Rissaufkommen doch eigentlich auch nur dann sein, wenn bei den Rissen überwiegend „zumutbare“ Herdenschutzmaßnahmen durch Wölfe überwunden wurden. Dazu finden wir keine verlässlichen und öffentlich zugänglichen Informationen.

  • Und sind für die Halter von Weidetieren „zumutbare“ Herdenschutzmaßnahmen überhaupt geeignet, Wölfe von den Weidetieren fernzuhalten. Bei lediglich einer 90 cm hohen Umzäunung, ob mit oder ohne Strom, dürfte das in Zweifel gezogen werden.

  • Es wird nicht ausbleiben, dass immer wieder Wölfe getötet werden, denen nicht ein Riss nachgewiesen werden kann. Wie ist das rechtlich zu bewerten, vor allen Dingen, wenn das nicht die Ausnahme ist?

  • Ist es überhaupt mit der Zielsetzung, einen günstigen Erhaltungszustand für Wölfe in Deutschland zu erreichen, vertretbar, möglicherweise die einzige gebärfähige Fähe eines Wolfsterritoriums zu entnehmen? Im Territorium Schermbeck gäbe es dann vielleicht noch einen vor über sechs Monaten zuletzt mittels Kot- und Urinspuren nachgewiesenen Rüden und eine etwa 18 Monate alte, noch nicht reproduktionsfähige Wölfin. Ein weiterer Rüde (GW1587m) ist seit über zwei Jahren verschollen. Die Tötung von Gloria wäre wahrscheinlich mit der Auflösung des einzigen Rudels in NRW auch das vorläufige Ende des Territoriums Schermbeck.

 

Umweltminister Krischer, der zu Beginn seiner Amtszeit eigentlich einen ganz anderen Eindruck im Hinblick auf den Umgang mit Wölfen machte, scheint diesbezüglich eine 180 Grad-Wende vollzogen zu haben. Nach dem Hörensagen steht auf seiner Abschussliste neben Gloria ein weiterer nicht territorialer Wolfsrüde, der zuletzt im Kreis Minden-Lübbecke nachgewiesen wurde. Welchem politischen Druck ist Krischer ausgesetzt oder auf welchen Deal hat er sich eingelassen, dass er jetzt gar der (getriebene) Treiber im Dienste von Bauern- und Jägerschaft ist? 

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[1]          Landesamt für Natur, Umwelt, Verbraucherschutz NRW (LANUV) abgerufen am 19.12.2023

Lesen Sie auch: Keine Herabstufung des Schutzes für Wölfe in der EU - Überwältigende Mehrheit der ländlichen Bevölkerung für eine Koexistenz mit dem Wolf

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